Frankfurt: „Tosca“, Giacomo Puccini

Die vergangene Saison begann für die Oper Frankfurt enttäuschend: Die Wiederaufnahmeserie des Hercules war schlecht ausgelastet. Nun präsentiert man mit Tosca einen absoluten Publikumsrenner zum Saisonbeginn. Und um auf Nummer sicher zu gehen, gab es die Karten für die erste Vorstellung zum Schnäppchen-Einheitspreis von 20 Euro. Prompt war der Saal ausverkauft. So mischten sich erkennbar einige Opern-Neulinge unter das Stammpublikum, die teilweise erst im Laufe des ersten Akts die Übertitelung entdeckten, die Begleitung zu ihrer Linken mit ausladenden Gesten darauf aufmerksam machten und von da an ihre gewonnenen Erkenntnisse zum Text gerne ihrem Umfeld mitteilten.

Premierenphoto / © Monika Rittershaus

Die Inszenierung bietet sich zum Einstieg in die Welt der Oper an. Regisseur Andreas Kriegenburg hat zusammen mit seinem Bühnenbildner Harald Thor den traditions-befrachteten Schmachtfetzen einer wohltuenden Entschlackungskur unterzogen. Klare architektonische Linien dominieren im Bühnenbild aus Holz und Glas. Lediglich die Kirche im ersten Aufzug ist als sakraler Raum erkennbar. Der Palazzo Farnese im zweiten Aufzug bleibt ebenso abstrakt wie die Engelsburg im dritten. Ohne Ablenkung durch historische Kulissen erzählt Kriegenburg einfach die Geschichte. Geschickt gesetzte Akzente verleihen der Inszenierung Profil, so etwa der zugleich pompöse und augenzwinkernde erste Auftritt der Tosca. Hier spielt eine Diva eine Diva. Alan Barnes hat mit den Darstellern Aktionen, Interaktionen, Gesten und Blicke gründlich einstudiert und damit die ursprüngliche Personenregie überzeugend wiederbelebt.

Der Wiederaufnahmeserie ist der vorgesehene Sänger des Cavaradossi kurzfristig abhandengekommen. Für ihn ist nun Stefano La Colla in den ersten Vorstellungen eingesprungen, der mit dieser Inszenierung vertraut ist. Zuletzt haben wir ihn im Oktober 2018 in dieser Partie erlebt. Wenn die Erinnerung nicht trügt, nutzt er nun eine deutlich größere Palette an Dynamikabstufungen. Zwar stellt er immer noch gerne seine kräftige Stimme mit auftrumpfender Höhe heraus, mit nicht immer ungetrübter Intonation aber großem Aplomb. Dieses Mal gelingen aber auch die zurückgenommenen Passagen und ein lockerer Konversationston.

Bianca Margeǎn (Floria Tosca) und Stefano La Colla (Mario Cavaradossi) / © Barbara Aumüller

In der Titelpartie gibt die rumänische Sopranistin Bianca Mărgean ihr Hausdebüt. Sie verfügt über eine angenehm timbrierte Stimme, die alle Eigenschaften einer guten Tosca besitzt: eine nicht zu ausufernde Üppigkeit, eine sichere Höhe, gute Registerverblendung und ein ebenmäßiges Vibrato. Ihr Stimmvolumen ist kleiner als das ihres Tenorpartners. So gehen bei ihrem ersten Gespräch mit Cavaradossi einige Details in den Orchesterfluten unter. Das berühmte „Vissi d’arte“ gelingt makellos und mit berührender Innigkeit.

Ausgezeichnet besetzt ist auch der Scarpia mit Łukasz Goliński. Er verfügt über einen kernigen Bariton mit unangestrengter Höhe und gestaltet den Polizeichef weniger als brutalen Machtmenschen, sondern als psychopathischen Intellektuellen, was der Rolle gut zu Gesicht steht.

Franz Mayer ist aus dem Ruhestand zurückgekehrt und gibt seinen seit der Premiere bewährten „Messner“ mit ungebrochen sonorem Baß und setzt darstellerisch subtile Pointen. Das neue Ensemblemitglied Aleksander Myrling stellt sich mit der Partie des Angelotti vor und macht mit seinem saftigen Baßbariton neugierig auf weitere Einsätze.

Pete Thanapat (Sciarrone), Łukasz Goliński (Baron Scarpia), Theo Lebow (Spoletta) und Stefano La Colla (Mario Cavaradossi)
© Barbara Aumüller

Elias Grandy am Pult des gut auflegten Orchesters kostet die Farbigkeit der Partitur genußvoll aus und hebt besonders die Holzbläser hervor. Er schwelgt im Klang und wählt dabei mitunter mäßige Tempi.

Dieser Saisonauftakt ist mit einer guten Sängerbesetzung in einer werkdienlichen Inszenierung gelungen.

Michael Demel, 3. September 2025


Tosca
Melodramma in drei Akten von Giacomo Puccini

Oper Frankfurt

Vorstellung am 31. August 2025
Premiere am 16. Januar 2011

Inszenierung: Andreas Kriegenburg
Musikalische Leitung: Elias Grandy
Frankfurter Opern- und Museumsorchester