Lüttich: „Il cappello di paglia di Firenze“, Nino Rota

Lieber Opernfreund-Freund,

eine veritable Rarität ist derzeit im belgischen Liège zu erleben: Nino Rotas Il cappello di paglia di Firenze (Der florentiner Strohhut) ist als Übernahmeproduktion aus Genua zu sehen. Das Bühnenwerk des weltberühmten Filmkomponisten sprüht nur so vor guter Laune und die Beteiligten setzen die „musikalische Farce“, wie Rota selbst sein Werk bezeichnet hat, gekonnt und mit viel Spielfreude um.

© J. Berger – ORW Liège

Nino Rota ist vor allem Cineasten ein Begriff, schuf weltberühmte Musik für Klassiker wie Fellinis La Strada, Tod auf dem Nil mit Sir Peter Ustinov und bekam 1974 für Der Pate II von Francis Ford Coppola, für dessen ersten Teil er ebenfalls schon die Filmmusik beigesteuert hatte, den begehrten Oscar. Dennoch verstand sich der 1911 in Mailand geborene Rota selbst als klassischer Komponist – und das war er zweifelsohne auch: neben den über 150 Filmmusiken schuf er je drei Sinfonien, Klavier- und Cellokonzerte, zahlreiche Ballettmusiken sowie zehn Opern. Zu seiner erfolgreichsten wurde der in den Jahren 1944 und 1945 komponierte, aber erst zehn Jahre später uraufgeführte Cappello di paglia di Firenze, dessen boulevardkomödienhafter Plot auf einem seinerzeit bereits 100 Jahre alten französischen Vaudevillestück basiert.

© J. Berger – ORW Liège

Fadinards Pferd hat den Strohhut einer Dame gefressen und nun muss er ein identisches Exemplar herbeischaffen, damit der eifersüchtige Gatte der Dame deren Ehebruch nicht bemerkt. Bei seiner Suche nach dem Hut in der französischen Hauptstadt wird er permanent von seinem übellaunigen Schwiegervater und der gesamten Hochzeitsgesellschaft begleitet, was für zahlreiche turbulente Verwicklungen sorgt, bevor eines der Hochzeitsgeschenke sich als Strohhut aus Florenz erweist und damit das Happyend einläutet. Die quirlige Handlung hat Damiano Michieletto auf eine nüchterne schiefe und drehbare Bühne von Paolo Fantin verlegt und schafft so einen gelungenen Kontrast. Für Variabilität sorgen sechs bewegliche Wandelemente voller Türen, die sich ganz im Stil einer Boulevardkomödie öffnen und schließen lassen und so die Begegnung der Beteiligten miteinander immer wieder verhindern. Eine gekonnte Personenführung erschafft immer wieder neue Bilder und bringt den notwendigen Drive, damit die an sich eher schlichte Komödie ihre volle Wirkung entfalten kann, während die herrlichen Kostüme von Sylvia Aymonino und das gekonnte Licht von Luciano Novelli den optischen Eindruck perfekt machen.

© J. Berger – ORW Liège

Und auch musikalisch wird es ein unterhaltsamer Nachmittag auf höchstem Niveau:

Als unglückseliger Fadinard glänzt Ruzil Gatin mit farbenreichem, höhensicherem Tenor, während Maria Grazia Schiavo seine Braut Elena mit feiner Höhe und viel Gefühl ausstattet. Pietro Spagnoli ist ein miesgelaunter Schwiegervater zum Niederknien, Marcello Rosiello bringt für den gehörnten Ehemann Beaupertuis neben tollem komödiantischem Timing einen durchschlagkräftigen Bariton mit. Josy Santos gestaltet die Baronessa di Champigny mit sattem Mezzo voller Grandezza und auch die restlichen Sängerinnen und Sänger überzeugen mit ansteckender Spielfreude und herrlichem Gesang.

© J. Berger – ORW Liège

Der wie immer von Denis Segond hervorragend vorbereitete Chor hat viel zu tun in diesem turbulenten Stück und meistert die umfangreichen Chorpart exzellent. Im Graben hält der aus Sardinien stammende Leonardo Sini die Fäden zusammen, zeigt ein espritgeladenes Dirigat der facettenreichen Partitur, die stellenweise nach Filmmusik klingt, um im nächsten Moment Rossini zu zitieren oder mit puccinihaften Melodienbögen aufzuwarten. Sini gelingt dabei die Balance zwischen musikalischem Feuer und viel Emotion stets mit einem Augenzwinkern – Bravo!

Das Publikum im ausverkauften Haus ist zu Recht begeistert und auch hierzulande wird man dieses herrlich-spritzige Werk bald erleben können, sollten Sie, lieber Opernfreund-Freund es nicht nach Lüttich schaffen: nachdem die letzte verbürgte Aufführung in Deutschland Anfang der 1990er Jahre in Osnabrück stattgefunden hat, zeigen die Wuppertaler Bühnen den Cappello di paglia di Firenze ab Ende Mai 2026.

Ihr
Jochen Rüth

17. November 2025


Il cappello di paglia di Firenze
Oper von Nino Rota

Opéra Royal de Wallonie-Liège

Premiere: 16. November 2025

Regie: Damiano Michieletto
Musikalische Leitung: Leonardo Sini
Orchestre d‘Opéra Royal de Wallonie-Liège in Zusammenarbeit mit dem Conservatoire Royal de Liège

weitere Vorstellungen: 19., 21., 23. und 25. November 2025