Wien: „Onegin“

Vorstellung am 17.01.2020

Magische Momente

Ebenso wie in der ersten Vorstellung der „Onegin“-Serie in dieser Spielzeit sind Nina Polakova und Robert Gabdullin in den Hauptpartien zu erleben. Dennoch bleibt es spannend, den beiden zuzusehen, kosten sie doch alle Facetten aus und rühren vermehrt zu Tränen, z.B. wenn Onegin Tatjanas Brief vor ihren Augen zerreisst, und sie völlig konsterniert stehen bleibt (Polakova leidet gekonnt mit Stil) oder wenn Onegin realisiert, dass er sich in Tatjana verliebt hat, sie aber bereits verheiratet ist. Magische Momente gibt es hier zahlreiche, sei es im romantischen Spiegel-Pas de deux oder die erste Hebefigur noch in der 1. Szene, und vor allem der emotionale Schluss-Pas de deux, wo die verbotene Liebe zwischen Onegin und Tatjana glaubhaft vermittelt wird, sowohl Polakova als auch Gabdullin wissen, Gefühle darzustellen! Und dazu hat Polakova noch eine makellose Technik und Gabdullin elegante weiche Sprünge, traumhaft! Da kommen die Ballettliebhaber ganz auf ihre Kosten.

Doch nicht nur das Protagonistenpaar erfreut sich grosser Beliebtheit, auch Olga und Lenski sind – diesmal mit Nikisha Fogo und Davide Dato – durchaus gleichwertig zu sehen. Nikisha Fogo ist als Olga eine unbekümmerte Frohnatur mit brillanter Sprungkraft (springt sowohl im 1., als auch im 2. Akt deutlich höher als das Corps de Ballet, das sind aber auch die Erwartungen, die man in solchen Momenten an eine Erste Solotänzerin stellt, wenn man ehrlich ist) und sympathischer Verliebtheit im Pas de deux und zeigt einen starken Wendepunkt im 2. Akt, als Lenski Onegin zum Duell auffordert. Davide Dato ist nicht nur darstellerisch der schwärmerisch, leicht wehmütige Dichter, der fast wie ferngesteuert sich zur Duellaufforderung hinreissen lässt. Seine Sprünge landen stets weich und geschmeidig, und vor allem auch die Armhaltung senkt sich nach virtuosen Sprüngen in einer bewundernswerten Ruhe. Dato und Fogo harmonieren bestens miteinander und man könnte sich die beiden sehr gut auch als Romeo und Julia vorstellen. Als Gremin überzeugt Alexis Forabosco sowohl mit Noblesse, als auch als hebesicherer Partner. Erika Kovacova ist eine herzliche Madame Larina und Beata Wiedner überzeugt als Amme. Im Corps de Ballet fallen besonders Eszter Ledan und Anita Manolova positiv in kleinen Szenen im 2. Akt auf. Zum Schlussapplaus gab es noch je 2 Blumensträusse für Polakova und Fogo.

Grossen Applaus gab es auch für Ermanno Florio und das Orchester der Wiener Staatsoper.

Folgevorstellungen: 23. und 26.1.2020 mit Papava, Lazik, Young, Feyferlik

Katharina Gebauer, 20.1.2020

Bilder (c) Staatsballett