Da hatte man mit Serena Saenz eine junge, aufstrebende, bereits herausragende Künstlerin als Olympia aufgeboten, die die Puppe originell und auf persönliche Art und Weise köstlich darstellte, und vor allem hinreißend gesanglich darbot! Eine fabelhafte Leistung mit acuti und „Sovracuti“ in schwindelnde Höhen, die perfekt angesetzt und mit strahlend frischem Timbre ausgeführt wurden. Zu Recht bekam sie nach der Arie den größten Applaus des Abends! So viel, so gut!
Daß man dann dieselbe Sängerin als Giulietta einsetzte, war jedoch eine Schweinerei ersten Ranges! Ja, es gibt/gab Ausnahmesängerinnen, die alle drei Frauenrollen dargeboten haben (wobei dann immer Einschränkungen hinzunehmen sind, weil die verschiedenen musikalischen Erfordernisse nicht allesamt von einer Sopranistin auf Spitzenniveau erbracht werden können). Am wenigsten aber passen da von der Tessitura Olympia und Giulietta zusammen, die einen dramatischen Sopran oder einen Mezzo erfordert! Es gibt eine Version, wo Giulietta auch als Koloratursopran konzipiert ist, sogar mit Arie und Duett – aber von dieser Fassung war in Wien ja keine Rede! So mußte sich die zwar wunderschön aussehende Spanierin durch die Partie mühen, welche ihr – naturgemäß – hörbar zu tief liegt. Bei den Schluß Vorhängen wurde sie dann auf üble Art um ihren – als Olympia verdienten – Erfolg gebracht!
Da in der Inszenierung die drei Damen zur Schuß Apotheose auf der Bühne erscheinen, und die arme Saenz natürlich nicht „doppelt“ erscheinen konnte, und nicht die Töne von Giulietta und Olympia gleichzeitig singen konnte, wurde Maria Zherebiateva, Mitglied des Opernstudios, im Programmheft als „Stimme der Olympia im Epilog“ notiert, als „Olympia“ angezogen und sang im kurzen Ensemble mit. Als „Olympia“ verkleidet, kam sie im Reigen der Comprimarii ziemlich zu Beginn der Solovorhänge – erhielt relativ starken Applaus – während die arme Serena Saenz mit ihrem Giulietta Kostüm nur mittelmäßig beklatscht worden ist!
Die Mehrheit des Publikums hatte offenbar gar nicht begriffen, daß da die grandiose – im ersten Akt noch bejubelte – Olympia auch auf der Bühne stand!
Wer für dieses „Doppel-Engagement“ in der Direktion verantwortlich war hat entweder von den vokalen Bedürfnissen der beiden Partien keine Ahnung – oder man hatte vorsätzlich einer noch jungen Sängerin – aus „Sparsamkeitsgründen“? zwei Rollen, aber Bezahlung vielleicht mit „Mengenrabatt“? – diese Bürde auf den – noch zarten – Sängerrücken gedrückt – wobei die Rolle ihrer Agentur dabei auch zu hinterfragen wäre!
Ich werde sie mir als Königin der Nacht ansehen… Sie ist wirklich Spitze!
Michael Tanzler, 25. Dezember 2024
Dank an unseren Kooperationspartner MERKER-online (Wien)
Hoffmanns Erzählungen
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Aufführung am 16. Dezember 2024
Premiere: 20. Dezember 1993
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Wiener Philharmoniker