Baden: „Der Vogelhändler“ und „Zigeunerliebe“

… vermitteln reine und pure Operettenseligkeit sowohl von der Inszenierung als auch von den Stimmen her

Besuchte Vorstellung von „Der Vogelhändler“ am 19. Juli 2019 (Premiere 22. Juni 2019) und „Zigeunerliebe“ am 20. Juli 2019 (Premiere am 13. Juli 2019)

Im letzten Jahr war ich das erste Mal mit einer kleineren Gruppe in Baden. Nachdem es in Baden einfach toll war, von der Bühne, den Inszenierungen und den Sängern, habe ich mich spontan entschlossen auch in diesem Jahr, und diesmal gleich mit 50 Freunden erneut nach Baden zu fahren. Und eines kann ich vorwegnehmen. Alle meine Mitreisenden und ich haben es nicht eine Sekunde bereut den langen Weg erneut auf uns zu nehmen. Wir waren unwahrscheinlich beeindruckt, von dem was uns hier geboten wurde und was der rührige Intendant Prof. Dr. Michael Lakner hier auf die Beine gestellt hat. Man muss einfach einmal wissen, dass Baden eine Kleinstadt mit etwa 31.000 Einwohnern ist und hier ein solches Programm zu stemmen, mit solchen exzellenten Künstlern, das ist fast schon ein Wunder. Man kann Michael Lakner nicht genug danken, was er mit seiner unwahrscheinlichen Arbeitskraft und seiner Ausdauer mit seinen vielen Helfern hier leistet. Ich habe mit ihm bei diesem Besuch ein Interview geführt (an anderer Stelle wiedergegeben) und aus jedem seiner Worte konnte man auch den Stolz verspüren, den er mit seiner Mannschaft besitzt – und zwar völlig zurecht – den Stolz auf das Erreichte und die Visionen auf das noch Kommende. Wenn Operette so dargeboten wird, wie hier vor den Toren Wiens, ist es mir um sie weiß Gott nicht bange. Zur Bühne Baden gehören die Sommerarena Baden, das Stadttheater Baden und das Max-Reinhardt-Foyer wo Operette, Oper, Musical, Konzert, Ballett und Schauspiel angeboten werden. Es gibt auch eine eigene Kinder- und Jugendschiene, bei welchem der Nachwuchs auf das Theater vorbereitet und eingeführt wird.

Ilia Staple – Clemens Kerschbauer – Matjaž Stopinšek – Regina Riel

So begeistert man nicht nur ältere sondern auch junge Leute, die auch die beiden Operetten gut mit bevölkerten. Ein Anteil jugendlichen Publikums, der in anderen Häusern in dieser Form leider nicht überall festgestellt werden kann. Und nur so kann Operette und Theater weiterleben, wenn sie auch von der Jugend angenommen werden. Das Herzblut, mit welchem Michael Lakner und seine Mannschaft sich hier einsetzen, wird vom Publikum honoriert, es gab bei beiden Vorstellungen kaum einen freien Platz. Und noch etwas, beide Vorstellungen fanden mit offenem Dach statt, einer weiteren Besonderheit Badens und hier natürlich in erster Linie der Badener Sommeroperette. Dieses sich öffnende und sich auch (bei Bedarf) schließende Glasdach ist ein Unikat in der Spezies der „Freilufttheater“, vom Publikum geliebt und bei Regen auf ein „normales Theater“ zurückgesetzt. Ich freue mich heute schon auf nächstes Jahr, denn selbstverständlich habe ich bereits wieder gebucht und bin mir sicher, nicht enttäuscht zu werden. Und wer den, seit nunmehr zwei Spielzeiten sich in Baden befindenden Michael Lakner einmal „in Action“ erlebt hat, seinen Einsatz mitbekommt, sein Engagement weit über normales Maß hinausgehend, weiß, welches Gespür für das Publikum, aber auch für die Akteure auf der Bühne sich in seiner Person vereinen, weiß warum Baden eine Ausnahmestellung einnimmt.

Nun aber zu den Herzstücken der Sommerarena Baden, den beiden Operetten, die wir mit Begeisterung in uns aufgesogen haben.

Ilia Staple – Matjaž Stopinšek

„Der Vogelhändler“ ist ein der bekanntesten und vielgespieltesten Operetten, eine, die ich immer wieder hören könnte, und die – gut gemacht – alles beinhaltet, was eine gute Operette ausmacht. Und es ist schon erstaunlich, was man alles aus so einem alten „Theatergaul“ herausholen kann. Die Melodien und die Operette selbst hat man schon so oft gehört, aber in Baden gelingt es, dass sie unverbraucht, lebendig, frisch und einfach nur wunderschön erklingt. Der erste, nicht unbedeutende Pluspunkt ist das Dirigat durch Franz Josef Breznik, der das Orchester der Bühne Baden spritzig, locker und präzise durch die wunderschöne Musik Zellers leitet, der es anfeuert, zu orchestralen gewaltigen Wogen führt, es aber gleichzeitig auch sängerdienlich zurücknimmt, um die Stimmen der Protagonisten auf der Bühne nicht zu überdecken. Er holt das Beste aus dem sehr guten Orchester heraus und wird zu Recht mit viel Beifall bedacht. Der zweite, nicht zu unterschätzende Aktivposten ist die Inszenierung der gebürtigen Wienerin Christa Ertl. Ohne Schnörkel, ohne wahnwitzige Einfälle, ohne große Überraschungen stellt sie einen klassischen Vogelhändler, ja einen „altmodischen“ im besten Sinne des Wortes auf die Bühne. Da passt alles, das Publikum und auch ich sind begeistert. Keine Selbstverwirklichung einer Pseudoregisseurin, die ihre Minderwertigkeitskomplexe auf die Bühne übertragen will, nein, eine grundsolide und deshalb stimmige und tolle Inszenierung, die einfach nur Spaß macht. Dazu passen die Kostüme der in Mödling in Niederösterreich geborenen Alexia Redl. Bunt, ausschweifend, herrlich anzuschauen, etwas für das Auge hat sie hier auf die Bühne gezaubert. Ein buntes stimmiges Spektakel, so muss Operette dargeboten werden. Das Publikum unterstreicht dies alles mit tosendem und begeistertem Applaus. Das Bühnenbild von Christof Lerchenmüller passt sich dem wohltuend an, geordnet, nachvollziehbar und beeindruckend, vor allem wenn man bedenkt, dass die Ausmaße der Bühne natürlich schon eingeschränkt sind. Alles aus einem Guss und der stimmschöne und teilweise wuchtige Chor und das Ballett der Bühne Baden tun ein Übriges dazu um den hervorragenden Eindruck zu unterstreichen, die hervorragende Choreographie von Bohdana Szivacz rundet den hervorragenden Gesamteindruck ab. Ja, dann müssen nur noch die Stimmen dazu passen. Und diese taten es, und wie.

Matjaž Stopinšek – Sébastien Soulès

Ja und dann kommt das dazu, dass man in Baden und hier sei nochmals auf das geschickte Händchen des Intendanten verwiesen, welches er ja bereits früher in Bad Ischl stets gehabt hat, hervorragende Sänger, die auch hervorragend spielen können, verpflichten konnte. Sie, die Sänger sind ja bei einer Operette das Salz in der Suppe. Die Briefchristel wird von der jungen Linzerin Ilia Staple gesungen und wie sie das tut, ist einfach nur beeindruckend. In diesem kleinen zarten Persönchen steckt ein wunderschöner, zarter, gefühlvoller, warmer, glockenreiner Sopran, der jedoch auch problemlos zu feurigen Ausbrüchen fähig ist. Ein überschäumendes komödiantisches Spieltalent verhilft ihr, die Rolle zu einem der Höhepunkte der Aufführung zu gestalten. Lebendig, beweglich, quirlig und stimmlich ohne Fehl und Tadel verkörpert sie die kecke um ihre Liebe kämpfende Briefchristel. Ihr Tiroler Vogelhändler wird von dem in Wien geborenen Clemens Kerschbaumer dargeboten. Mit kräftigem robustem und gefälligem Tenor verleiht er dem Adam Profil und vom darstellerischen bringt er den Naturburschen mehr als rollendeckend auf die Bühne. Auch in den Duetten überzeugt er voll, obgleich ihm die tenorale Strahlkraft in den höchsten Tönen ein kleines bisschen abgeht. Stürmischer und voll verdienter Applaus auch für ihn. Beeindruckend als Baron Weps der in Orléans in Frankreich geborene Bass-Bariton Sébastien Soulès, der einen verschlagenen bestechlichen Jagdmeister auf die Bretter stellt. Er überzeugt stimmlich mit kraftvollem klarem und gefälligem Bariton ebenso wie mit seinem blendenden Spiel. Als sein draufgängerischer Neffe Stanislaus tritt der in Celje in Slowenien geborene Matjaž Stopinšek auf. Seine Spitzentöne haben die gewünschte Strahlkraft und das notwendige Feuer. Mit höhensicherem, schmelzendem und durchschlagskräftigem hellem metallischem Tenor weiß er mehr als zu überzeugen. Dazu kommt eine ausgesprochene Spielfreude, welche vom Publikum mit stürmischem Beifall gefeiert wird. Hier hat man in Baden einen Rohdiamanten, der von Spielzeit zu Spielzeit mehr funkelt. Als Kurfürstin Marie setzt einmal mehr die in Waidhofen an der Ybbs geborene Ausnahmesopranistin Regina Riel ein gesangliches und darstellerisches Zeichen. Mit wunderschön klarem und reinem runden und wohlklingendem Sopran verdreht sie nicht nur dem Adam den Kopf, sondern auch dem begeistert mitgehenden Publikum. Mit ihrer vornehm zurückhaltenden ruhigen und eleganten Art in der Darstellung der Kurfürstin setzt sie einen beeindruckenden Ruhepol ins Geschehen. Für sie, wie praktisch für alle Darsteller, tosender Applaus.

Ilia Staple – Matjaž Stopinšek

Verena Scheitz, in Wien geboren, trumpft als Baronin Adelaide in jeder Weise auf. Sie ist eine Vollblutkomödiantin und zieht alle Fäden ihre Darstellungskraft. Damit überzeugt sie genauso, wie mit dem hervorragend vorgetragenen Couplet. Ob sie mit tosendem Beifall des Publikums einen Liter auf Ex durch ihre Kehle rinnen lässt, oder ob sie als liebestolle Hofdame unbedingt Graf Stanislaus mit viel Geld zur Hochzeit mit sich gewinnen will, sie überzeugt in jeder Lage. Großer herzlicher Beifall für sie. Das bekannte „Professoren-Duo“ wird von dem in Graz geborenen Regisseur, Schauspieler und Sänger Artur Ortens und dem Wiener Buffo- und Charaktertenor Beppo Binder dargeboten. Beide geben ihrem Affen reichlich Zucker, begeistern das Publikum und sind sehr gute Vertreter dieser Rolle. Amüsant und auch darstellerisch vom Feinsten stellen sie die beiden Professoren auf die Bühne, die alles tun um der Obrigkeit zu gefallen, denn davon versprechen sie sich den Aufstieg. Den Aufstieg, den sie beim Publikum schon erreicht haben. Als Kellnerin Jette setzt die in Wien geborene Natalia Bezak entsprechende Akzente, ihr gefälliges Spiel und ihre Spielfreude kommen beim Publikum und auch beim Rezensenten sehr gut an. Und nicht vergessen werden soll zum Schluss der Dorfschulze Schneck, der von einem Urgestein der Bühne Baden verkörpert wird. Seit über 50 Jahren steht der in Baden geborene Franz Födinger in Baden auf der Bühne. Und er gestaltet die Rolle des Dorfschulzen in allen Facetten. Man merkt ihm die jahrelange Erfahrung an und er macht aus der doch recht kleinen Rolle einen großen Auftritt. Bravo Franz Födinger und noch viele Auftritte in Baden. Insgesamt eine Aufführung die keinerlei Schwachstellen aufweist, die das Publikum mitreißt, es zu stehenden Ovationen zwingt und die verdeutlicht, dass Operette, wenn sie so gut gemacht, gesungen und gespielt wird wie hier in Baden immer eine Daseinsberechtigung haben wird.

„Zigeunerliebe“ ist ein weiteres Prunkstück der Operettenaufführungen in Baden. Auch hier ist das Publikum restlos begeistert, denn die leider sehr selten gespielte Operette von Franzl Lehár geht unter die Haut. Franz Lehár hatte einen großen Lebenstraum, einmal eine richtige „große Oper“ zu schreiben. Nach missglückten Versuchen war er 1910 mit „Zigeunerliebe“ schon recht nahe an seinem Lebenstraum angekommen, denn diese Operette steht den Opern Puccinis fast näher als den langläufigen Operetten. Die bittersüßen Melodien, ergreifend und virtuos von Lehár in Szene gesetzt, beeindrucken. Vielleicht hat sie es auf den Bühnen auch etwas schwerer, weil man zwei (eigentlich fast drei mit dem Bürgermeistersohn) Spitzentenöre, zwei sehr gute Soprane und dazu noch ein tolles Buffo-Paar und daneben weitere ausgezeichnete Mitwirkende braucht. Diese zu besetzen gelingt nicht jedem Theater, vielleicht steht die „Zigeunerliebe“ deshalb so selten auf dem Spielplan. In Baden gelingt das Kunststück, eine tolle Besetzung für alle Positionen auf die Bühnenbretter zu schicken. Für ein solches Theater in einer solch kleinen Stadt hervorragend, fast könnte man schon sagen, sensationell. Ja, und dann braucht man noch eine Inszenierung, die zwischen Realität und Traumerzählung hin und her springen muss. Dieser Aufgabe hat sich mit Bravour die Wienerin Isabella Fritdum gestellt. Mit Sicherheit keine leichte Aufgabe, aber sie inszeniert locker, bunt, eigentlich so, wie es früher üblich war. Und diese fast möchte man sagen „altmodische Inszenierung“ Der Kurzinhalt in wenigen Worten, Zorika, die Tochter des Gutsbesitzers Peter Dragotin wird in einem Traumspiel Hin und Her gerissen zwischen Realität und Fiktion und dem sich letztendlich nicht entscheiden können zwischen Jozsi, dem Spielmann und Jonel Bolescu, dem Gutsbesitzer. Am Ende siegt die Vernunft, der Spielmann zieht weiter und Zorika ist das sichere Glück an der Seite Jonels sicherer. Zur völlig stimmigen Inszenierung kommt auch eine tolle Ausstattung, die von der in Bregenz geborenen Susanne Thomasberger geboten wird, bunt, manchmal etwas knallig, aber immer vorzüglich anzusehen und dem Publikum eine breite und abwechslungsreiche Palette der damaligen Zeit bietend. Auch das Auge hat viel Spaß an dieser Inszenierung. Ebenfalls überdurchschnittlich die exakte und nachvollziehbare Choreografie des in Villach geborenen Guido Markowitz.

Daneben wird mehr als prächtig musiziert und vor allem auch hervorragend gesungen. Diese „Zigeunerliebe“ geht unter die Haut und reißt mit, und dies liegt in erster Linie auch an dem blendend aufgelegten Orchester der Bühne Baden unter dem schwungvollen Dirigat des in Oberösterreich geborenen Michael Zehetner. Leidenschaftlich, feurig, dem Geschehen immer angepasst und rücksichtvoll mit den Sängern umgehend, bringt er eine vorzügliche Leistung auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Alles ist etwas schwermütiger, etwas grauer, finsterer, als es in den „normalen Operetten“ üblich ist, aber gerade diese teilweise orchestrale Dunkelheit wird ausgezeichnet wiedergegeben. Durch viele lustige fröhliche Einlagen, manchmal auch einfach nur herrliche Blödeleien, nimmt man dem Stoff das allzu schwere und führt hin zum Endpunkt, wo nach dem Traum alles wieder im Lot sein darf. Doch nun zu den Sängern und obwohl alle über dem Durchschnitt agieren, sei an erster Stelle einmal Vincent Schirrmacher als Jószi, der Spielmann, der Zigeuner genannt. Er, wurde in China geboren, seine Mutter war britisch-chinesischer und sein Vater mongolisch-japanischer Herkunft und er selbst wuchs in England auf, bevor er nach Deutschland kam. Seit über 10 Jahren lebt er nun in Wien. Ich kann mich noch gut an ihn erinnern, als er 2006 in Coburg den Johann Strauss Preis beim international renommierten Alexander Girardi Wettbewerb, damals noch unter seinem Namen Kevin Shen, wenn ich mich richtig erinnere, erhielt. Diesem Preis folgen viele weitere und er überzeugt, neben einem tollen lebendigen Spiel mit einem Spitzentenor der Sonderklasse. Mit warmem, strahlendem, jede Höhe sicher erklimmendem und ausdrucksstarkem Tenor, reißt er das Publikum förmlich mit. Dazu kommt eine gewisse diabolische Ausstrahlung, die der Figur des ruhelosen Wanderers sehr gut zu Gesichte steht. Eine überragende Darbietung, die mehrfach Beifallsstürme des begeisterten Publikums hervorruft.

Christoph Wagner-Trenkwitz – Miriam Portmann – Iurie Ciobanu

Als Zorika erlebt man die Wiener Sopranistin Cornelia Horak und auch sie wird mit Recht mit Beifall überschüttet. Mit wunderschönem lyrischem wandlungsfähigem Sopran, der alle Ausdrucksfacetten draufhat, verzaubert sie nicht nur die beiden konkurrierenden Männer, sondern auch das äußerst angetane Publikum. Dazu kommt ein vielseitiges und zauberhaftes Spiel, mit Recht eine weitere herausragende Leistung an diesem Abend. Als Gutsbesitzerin Ilona von Köröshaza brilliert eine Ikone der österreichischen Operette, die in Wien geborene Sopranistin Miriam Portmann. Nach wie vor eine Operettendiva vom Scheitel bis zur Sohle, gestaltet sie ihre Rolle mit leuchtendem, warmem, weichem und eindrucksvollem Sopran und darstellerisch überzeugt sie voll und ganz. Den Gegenpart zum leichtlebigen Zigeuner Jószi stellt der rumänische Tenor Iurie Ciobanu als Jonel Bolescu dar. Er besitzt einen weichen, zarten, etwas zurückhaltenden und „braven“ Tenor. Das stimmliche Auftrumpfen ist nicht sein Ding, aber für die Partie des „braven, anständigen“ Freiers ist er genau der Richtige.

Cornelia Horak – Iurie Ciobanu

Das sogenannte Buffopaar wird von zwei ausgezeichneten Vertretern ihres Faches dargeboten. Als Jolán, Dragotins Nichte agiert die in Salzburg geborene Elisabeth Schwarz. Mit leichtem lockerem und sehr gefälligem Sopran und einer großen Portion Spielwitz versehen, ist sie eine mehr als gute Besetzung der Rolle, in der sie auch tänzerische Leistung zeigen kann. Ihr Gegenpart Kajetán Dimetreanu, der Sohn des Bürgermeisters ist der aus Bonn stammende Tenor Dominik Am Zehnhoff-Sons. Mit gefälligem, leichten und beweglichen Tenor und viel Spiel- und Tanzlaune versehen, beherrscht er mit seiner Partnerin die Bühne und beide können auch viel Szenenapplaus empfangen. Ohne Fehl und Tadel der aus Wien stammende Bass-Bariton Niklas-Sven Kerck als Moschu, dem Kammerdiener Dragotins. Er überzeugt ebenso wie die Wiener Kerstin Grotian, die auch durch ihre Ausstrahlung besticht. Von ihrem schönen gepflegten Sopran hätte man gerne mehr gehört.

Ensemble mit Vincent Schirrmacher

Und dann noch ein weiteres Highlight dieser tollen Aufführung. In der Rolle des Großgrundbesitzers Peter Dragotin erleben wir den Wiener Christoph Wagner-Trenkwitz. Alles aufzuzählen, was er schon gemacht hat, würde den Rahmen sprengen. Er ist Schauspieler, Autor, Regisseur, Kabarettist, Pressechef, Chefdramaturg und vieles mehr. Im Sommer 2020 wird er die Intendanz der Schlossfestspiele Langenlois übernehmen. Er setzt vor allem schauspielerische, komödiantische Akzente und hat im kleinen Finger mehr Theaterblut wie die meisten und gibt seinem Gaul auch genügend Zucker, wobei er nicht überzieht. Unnachahmlich sein „Kampf“ mit dem Schnurrbart, der sich langsam zu lösen beginnt und den er auf brillante Art und Weise und dazu köstlich unterhaltsam gewinnt. Das Publikum überschüttet auch ihn mit Beifallsstürmen. So, wie nach dem Schließen des Vorhangs ein Jubel durch die Reihen geht. Insgesamt bleibt eine musikalisch in jedem Bereich überzeugende Operette, die eine Renaissance auf den Operettenbühnen verdient hätte. Michael Lakner, der Badener Intendant hat ein Gespür und ein Händchen für publikumswirksame Inszenierungen. Möge er dies noch lange behalten. Meine Karten für nächstes Jahr sind jedenfalls schon bestellt, der Besuch von Baden jedenfalls hat sich auch in diesem Jahr wieder mehr als gelohnt.

Manfred Drescher 26.07.19

Bilder (c) „Vogelhändler“ Gregor Nesvadba, Bilder „Zigeunerliebe“ Christian Husar