Berlin: „From Berlin with Love“ Vol. IV

Das Staatsballett Berlin ist zurück

Endlich darf das Staatsballett wieder auftreten und feierte seine Rückkehr auf die Bühne der Deutschen Oper Berlin am 5. 6. 2021 mit der 4. Folge der Gala-Serie From Berlin With Love. Erneut bot der Abend eine Mischung aus klassischem Repertoire und zeitgenössische Arbeiten. Das Programm begann mit einem Pas de deux aus dem Ballett Blumenfest von Genzano, der die spezifische Handschrift des dänischen Choreografen August Bournonville sehr anschaulich zeigt. Viele kleine Schritte und leichtfüßige battements sind hier gefordert, Yuria Isaka und Murilo de Oliveira zeigten sich diesen Anforderungen souverän gewachsen und gefielen darüber hinaus auch mit ihrem sympathischen Charme. Die zweite Nummer, eine neoklassizistische Traumszene für drei Paare aus Heinz Spoerlis Ein Sommernachtstraum, war bereits in Folge III zu sehen. Wieder sorgten Sarah-Jane Brodbeck/Konstantin Lorenz, Evelina Godunova/Yevgeniy Khissamutdinov, Alizée Sicre/Alexei Orlenco in ihren hautengen glitzernden Trikots für magische Momente zur sphärischen Musik von Philipp Glass.

Mit Spannung erwartet wird bei jeder Gala ein großes Bravourstück und diesmal war es mit dem Grand Pas classique auf Musik von Auber eines mit besonders spektakulären Effekten. Denn die Choreografie von Victor Gsovsky ist gespickt mit einem tänzerischen Vokabular von höchster Schwierigkeit. Daniil Simkin erwies sich hier als exzellenter Virtuose, meisterte die geforderten Sprünge und Drehungen makellos. Seine Partnerin Aya Okumura erreichte dieses Ausnahmeniveau nicht ganz, bewies aber ihr großes Talent. Auch Arshak Ghalumyans eigenwillige Choreographie Mare Crisium auf Musik von Karl Jenkins mit Iana Balova, Sarah Hees-Hochster, Krasina Pavlova, Eloise Sacilotto und Pauline Voisard wurde beim letzten Gala-Abend schon gezeigt. Immer noch hat man Schwierigkeiten, sich mit den zuckenden und kreisenden Körpern, die sich später zu einem rasanten Wirbel steigern, anzufreunden, Stimmiger erschien die zweite Arbeit des Tänzers auf Klaviermusik von Debussy (live gespielt von Alina Pronina) – das Duett Promenade. Alizée Sicre und Alexei Orlenco gefielen mit ihrem gefühlsbetonten Vortrag. Die Pianistin begleitete auch Mauro Bigonzettis Duetto inoffensiv auf Klavierstücke von Rossini, das ein Frauenpaar (Elisa Carrillo Cabrera und Yolanda Correa) in inniger Zuwendung, doch steter Konfrontation mit dem Abgrund zeigt. Artistisch und spektakulär endete der erste Teil mit dem „Gopak“ aus dem Ballett Taras Bulba in der Choreografie von Fedor Lopuchow. Es ist ein Glanzstück von Dinu Tamazlacaru, der hier für seine Sprünge von enormer Höhe und Energie von seinen zahlreichen Anhängern stürmisch gefeiert wurde.

Den zweiten Teil der Programmfolge füllte das Tanzstück Half Life von Sharon Eyal und Gai Behar aus, welches im September 2018 in der Komischen Oper Premiere beim Staatsballett hatte. Die sich stupide wiederholenden Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer, die Verrenkungen und Verschiebungen ihrer Körper befremdeten auch an diesem Abend – samt der enervierenden Lärmcollage von Ori Lichtik.

Bernd Hoppe 6.5.2021