Berlin: „Plateau Effect“

Vorstellung am 7.9.2019

Kein Tanz nirgends

Einen verstörenden Auftakt der neuen Saison bot das Staatsballett, nunmehr unter der Doppelleitung von Sasha Waltz und Johannes Öhman, am 6. 9. 2019 in der Komischen Oper mit der Premiere des Tanzstückes Plateau Effect. Man kann nur hoffen, dass dieser Abend nicht Programm ist für die in dieser Spielzeit noch zu erwartenden Neuproduktionen.

Choreograf, besser: Arrangeur der gezeigten Aktionen ist Jefta van Dinther. Er lässt neun Tänzer, vorwiegend Mitglieder des Corps de ballet und Demi-Solisten in lässigen Wühltisch-Klamotten, zunächst regungslos vor einer grauen Stoffwand verharren (Bühne: Simka), einen Song anstimmen, langsam den Stoff greifen und diesen in Schwingungen versetzen, so dass sich Falten und wallende Flächen bilden. Von seiner Aufhängevorrichtung gelöst, wird die riesige Stoffbahn zu einem Berg zusammengerollt, dann wieder auseinander gerissen und an Schnüren aufgehängt mit dem Effekt spitzer Zeltdächer. Unverständliche, sich bis zu Schreien verstärkende Stimmen ergeben eine bedrohliche Zuspitzung, die mehr und mehr in eine chaotische, gar apokalyptische Atmosphäre kippt. Unkontrolliert und hektisch rennen die Tänzer über die Bühne, zerren die Stoffbahn bis in den Orchestergraben. Zuckende rote Lichter (Minna Tikkainen) setzen Alarmsignale, mehr und mehr ist die Szene gänzlich in Dunkelheit getaucht. Zur flackernden Beleuchtung korrespondiert das Sound Design von David Kiers in stupider Monotonie und enervierender Lautstärke.

Am Ende wechseln die Befindlichkeiten der Interpreten (um die Bezeichnung Tänzer zu vermeiden) zwischen Erschöpfung, Lähmung und neu aufkommender Aggression. Mit 60 Minuten ist der Abend eigentlich zu kurz, gefühlt aber viel zu lang.

Bernd Hoppe 8.9.2019

Bilder folgen