Braunschweig: Neujahrskonzert „The Sound of the City“

Von Wagner bis Bernstein

Das traditionelle Neujahrskonzert des Staatsorchesters in der Braunschweiger Stadthalle stand diesmal unter dem Motto „Sound of the City“, ein spannender, gelungener Versuch, vom üblichen Schema solcher Konzerte abzuweichen. Orchesterdirektor Martin Weller, der kenntnisreich durch den anregenden Abend führte, hatte in der Programmgestaltung einen weiten Bogen von Wagners „Meistersinger“-Ouvertüre über Berlioz‘ „Römischen Karneval“ und Mussorgskis „großes Tor von Kiew“ bis zu Bernsteins New-York-Huldigungen und Cole Porters „I love Paris“ geschlagen. Im Zentrum des abwechslungsreichen Programms stand das in allen Gruppen blendend aufgelegte Staatsorchester unter der animierenden Leitung von Gerd Schaller. Die „Meistersinger“-Ouvertüre geriet trotz raumgreifender Bemühungen des routinierten Dirigenten noch etwas schwerfällig. Aber schon der „Römische Karneval“ und die dem „Tor von Kiew“ vorangehende rasante „Hütte der Baba Yaga“ gelangen mit hinreißendem Schwung, um dies nach der Pause bei Bernstein und seinen jazzigen Rhythmen der Ouvertüre zu „Wonderful Town“ und der Tanzszene „Time Square Ballet“ aus „On the Town“ noch erheblich zu steigern. Um auf die schwierige aktuelle Situation einzugehen (Martin Weller: „Städte sind Sehnsuchtsorte, wo es viele, auch Flüchtlinge hinzieht.“), wurde es in dem nicht ganz einfach aufzunehmenden polyrhythmischen Stück „Central Park in the Dark“ von Charles Ives nachdenklich.

In diesem Jahr nur schmückendes Beiwerk waren Liana Aleksanyan, früher in Braunschweig und Essen engagiert, und das Braunschweiger Ensemble-Mitglied Orhan Yildiz. Mit einschmeichelndem Bariton sang er Korngolds „Mein Sehnen, mein Wähnen“ aus „Die tote Stadt“ sowie mit in der Mischung nicht ganz geglückter elektronischer Verstärkung John Kanders „New York, New York“. Gemeinsam mit der Sopranistin gefiel er mit „I love Paris“ aus „Can-Can“. Diese präsentierte im ersten Teil mit zu stark besetztem Orchester koloratursicher „Una voce poco fa“ aus Rossinis „Barbier“.

Mit Berliner Zugaben („Berliner Luft“ und Walter Kollos „Solang noch Untern Linden“) und dem unvermeidlichen „Radetzky-Marsch“ ging das vom begeisterten Publikum in der ausverkauften Halle ausgiebig beklatschte Neujahrskonzert fröhlich zu Ende.

Gerhard Eckels 3.1.2016