Klosterneuburg: „Die lustigen Weiber von Windsor“

Manche Stücke der Opernliteratur sind einfach eine 100 Prozent-Garantie für regen Publikumszuspruch im heiß umkämpften Markt der Sommerfestivals, schwierig wird es für die Intendanten dann aber bei nicht so gängigen Werken auch für den wirtschaftlichen Erfolg zu sorgen. Diese Erfahrung musste heuer Michael Garschall als Hausherr von „operklosterneuburg“ im gleichnamigen Stift im Norden Wiens machen, denn „Die lustigen Weiber von Windsor“ aus der Feder des Philharmoniker-Gründers Otto Nicolai sind nicht gerade das, was man sich unter einem Selbstläufer vorstellt. Das 1849 uraufgeführte Werk nach der Vorlage von William Shakespeare leidet doch ein wenig unter seinem altmodischen Libretto und schleppender Dramaturgie. Da half es auch nicht, dass man auf die bewährte Regie von Andy Hallwaxx setzte, der im Vorjahr einen fulminanten Don Pasquale inszeniert hatte. Heuer wollte die Handlung einfach nicht in Schwung kommen, allzu lange plätscherte es in der warmen Sommernacht belanglos dahin. Erst mit dem Auftritt des berühmten Mondchores und dem Finale sollte Stimmung aufkommen, da war es aber bereits knapp vor Mitternacht! Nicht gerade förderlich erwies sich auch die wegen eines Feuerwerks im angrenzenden Strandbad notwendig gewordene überlange Pause bei der von mir besuchten Aufführung!

Hans Kudlich schuf ein durchaus praktikables Breitformat-Bühnenbild mit Balkonen, das Hallwaxx’ Konzept des Theaters auf dem Theater ideal unterstützte und in das auch die ästhetischen Kostüme Franz Blumauers passten. Problematischer hingegen die musikalische Leitung Christoph Campestrinis: Etwas mehr Frische und Schwung und ein paar zusätzliche Striche hätten dem Abend gut getan. Dabei ging die Sinfonietta Baden durchaus engagiert und blendend disponiert ans Werk – inklusive der solistischen Einlagen ihrer Konzertmeisterin! Auch der von Tom Böttcher einstudierte Chor tat sein bestes und wurde von der Choreographie Monica Ivona Rusu-Radmanns auch entsprechend gefordert.

Licht und Schatten auch bei der Sängerriege: Die hünenhafte Figur von Christian Hübner als Sir John Falstaff versprach mehr als von ihr zu hören war, nicht einmal beim bekannten „Als Büblein klein an der Mutterbrust“ konnte der Bass punkten. Allerdings erfuhr ich nach der Vorstellung, dass er an einer Halsentzündung erkrankt war, eine "Ansage" wäre angebracht gewesen.

Viktor Rud gab dem Herrn Fluth das notwendige Profil, sein Kollege David Steffens hatte es da rollenbedingt als Herr Reich schwerer. Von der Regie an der Grenze zur Karikatur angesiedelt wurden Junker Spärlich und sein Konkurrent Dr. Cajus, wofür sich Ilker Arcayürek und Boris Grappe entsprechend ins Zeug legten. Positiv zu vermerken bleibt der Fenton Patrick Vogels, der mit souveräner lyrischer Tenorfärbung zu gefallen wusste.

In vokaler Hinsicht gehörte der Abend aber den drei Damen: Die sympathische Talia Or hätte zwar durchaus noch mehr erotische Prise ins Spiel bringen könne, aber ihr Sopran überzeugte mit Geläufigkeit und Textdeutlichkeit – übrigens ein großes Plus beim gesamten Team, wodurch eigentlich die sonst so notwendigen Übertitel diesmal fast überflüssig waren. Die in Graz unter Vertrag stehende Mezzo-Sopranistin Dshamilja Kaiser, die mich vor vier Wochen schon in Schönbergs Gurre-Liedern begeistert hatte, bewies in Klosterneuburg, dass neben einer tollen Stimme auch Komödiantik zu ihren Stärken gehört. Feine lyrische Töne hörte man von Sarah Tuleweit als Jungfer Anna.

Der gelungene Schluss-Gag brachte drei weitere lustige Weiber von Windsor ins Spiel: Vom Balkon winkten nämlich Königin Elisabeth gemeinsam mit Schwiegertochter Carmilla und Prinzessin Kate – im Arm ihr frisch geborener Sohn George!

Ernst Kopica
Fotocopyright: Lukas Beck/operklosterneuburg