Klosterneuburg: „Don Pasquale“

Bestes Sommertheater – und das ist nicht abwertend gemeint – bietet Michael Garschall im 15. Jahr seiner Klosterneuburger Intendantentätigkeit. Don Pasquale, das Alterswerk von Gaetano Donizetti, hat er dem Regisseur Andy Hallwaxx anvertraut – eine glückliche Wahl. Denn der am Wiener Volkstheater engagierte Schauspieler beweist bei jeder Form von Musiktheater sein feines Händchen. Im Klosterneuburger Stiftshof transportiert er die doch eher seichte Geschichte rund um den reichen und geizigen Junggesellen Don Pasquale, seinen widerspenstigen Neffen Ernesto und dessen Liebe Norina in ein römisches Hotel der 1950-iger Jahre. Eine rote Vespa, Sophia Loren-Plakate und ein buntes Völkchen von Touristen und Einheimischen in Petticoat-Röckchen und mit Sonnenhut lassen richtige Urlaubsstimmung aufkommen und man fühlt sich an die italienischen Filmkomödien dieser Zeit erinnert. Witzige Pointen liefert Halwaxx am laufenden Band, wobei die Mitglieder des Chores ganz schön in die Pflicht genommen werden. Hans Kudlich sorgte für das sehr stimmige Bühnenbild, dem sich die Kostüme Franz Blumauers perfekt anpassten.

Musikalisch umgesetzt wurde Donizettis Meisterwerk von dem 44jährigen Österreicher Christoph Campestrini, der in den USA wesentlich größeren Bekanntheitsgrad hat als in seiner Heimat. Er ist auch der neue musikalische Leiter der "operklosterneuburg" und gerade erfolgreich von einer US-Orchestertour mit Starpianist Lang Lang zurückgekehrt. Für Donizetti findet er in jeder Sekunde die richtige Leichtigkeit und auch die Sinfonietta Baden setzte sein Konzept wunderbar um, wobei auch die schwierigen solistischen Aufgaben – etwa das Trompetensolo vor Ernestos Arie im dritten Akt – bravourös bewältigt wurden.

Der Schweizer Bassbariton Marc-Olivier Oetterli war im Kaiserhof schon als Magnifico/Cenerentola (2001), Dulcamara/Liebestrank (2002) und Mustafà/Italienerin in Algier (2005) zu hören und zu sehen. Entwickelt er sich so weiter ist er sicher bald an den ganz großen Bühnen zu sehen. Bei den Presto-Stellen zeigte er eine so enorme Zungenfertigkeit und Textdeutlichkeit, dass die Achtel- und Sechzehntelnoten nur so dahinpurzelten. Aber auch sein warmes Timbre konnte gefallen, sein einziges Manko an diesem Abend: Für den alten Trottel Don Pasquale wirkte er einfach zu jung! Da hatte es seine Landsmännin Chiara Skerath in ihrem Rollendebüt als Norina wesentlich leichter, die Rolle war für sie maßgeschneidert. Kein Säuselstimmchen, sondern ein wunderbarer klarer Sopran, der alle Koloraturen mühelos meisterte und nur bei den hohen Strahletönen noch Luft nach oben hat. Die Wandlung vom sanften Kätzchen zur Furie im Haushalt gelang ihr hervorragend.

Der in Klosterneuburg schon als Tonio/Regimentstochter brillierende Caner Akin (in der Premiere sang Arthur Espiritu) hat den Ernesto perfekt drauf, ein Donizetti-Tenor wie er im Buche steht, bravissimo! Günter Haumer, ab September 2012 im Ensemble der Volksoper Wien, gab sein Debüt als Malatesta. Er konnte leider mit den drei Hauptprotagonisten nicht ganz mithalten, wobei der Unterschied besonders im schnellen Duett mit Don Pasquale auffiel. Der sehr engagierte Chor der "operklosterneuburg" war von Thomas Böttcher perfekt einstudiert worden.

Nach diesem durchaus erfreulichen Opernabend stellt sich natürlich die Frage, warum dieses Werk auf den Spielplänen der beiden großen Wiener Opernhäuser nicht präsent ist. In der Volksoper gab es die letzte Premiere im Jahr 2000, in der Staatsoper 1977 mit Edita Gruberova, wobei diese Produktion nur bis 1984 lief. Gelegenheit in Klosterneuburg gibt es jedenfalls noch bis zum 31. Juli.

Ernst Kopica
Fotos: copyright Lukas Beck