Minden: „Götterdämmerung“

Solch starke Wagner-Sänger in einem großartigen Ensemble erlebt man nicht mal an den großen Häusern. Mit einer kurzweilig inszenierten und großartig musizierten und gesungen „Götterdämmerung“ geht jetzt der Mindener „Ring des Nibelungen“ zu Ende. Im nächsten Jahr folgen zwei Zyklen.

Regisseur Gerd Heinz inszeniert das große Finale wie bereits die vorherigen Abende: Zuverlässig erzählt er die Handlung und rückt dabei die Charaktere in den Mittelpunkt. Wenn an anderen Häusern bei Wagner schon mal Langeweile aufkommt, ist in Minden davon nichts zu spüren. Die fast zwei Stunden, die der erste Akt dauert, vergehen wie im Flug. Kritisieren kann man lediglich, dass Gerd Heinz kaum eine eigene Sicht auf die Geschichte liefert und Wagners Texte und Regieanweisungen nicht hinterfragt.

Das Bühnenbild von Frank Philipp Schlößmann wird auch hier von dem großen Ring im Bühnenportal beherrscht. Über weite Strecken hat man aber das Gefühl, dass diese Inszenierung gar kein Bühnenbild benötigt. Eigentlich besteht die Bühne bloß aus einem Podest mit Treppen für Auf- und Abtritte. Viel Entscheidender sind die Lichtstimmungen (Michael Kohlhagen) und Videos (Matthias Lippert), welche immer die passende Grundstimmung zu jeder Szene zaubern.

Für viel Kurzweil sorgt vor allem die fulminant aufspielende Nordwestdeutsche Philharmonie Herford unter Frank Beermann. Der Dirigent findet für jede Situation den richtigen Ton: Die Nornen- und Alberichszene sind in einen fahl-grauen Klang getaucht. Das Abschiedsduett zwischen Siegfried und Brünnhilde, der Trauermarsch und Brünnhildes Schlussgesang sind große heroische Szenen, während das Treffen Siegfried mit den Rheintöchtern fast schon operettenhaft pointiert daherkommt. Die Musiker der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford, die eigentlich ein reines Konzertorchester ist, zeigen sich hier als großartige Opernspezialisten.

Zum Niederknien ist das Sängerensemble: Wo erlebt man solch umwerfende Stimmen und Darsteller als Brünnhilde, Siegfried und Hagen, die einen immer wieder, mit ihrer stimmlichen Wucht in den Sitz pressen? Dara Hobbs ist eine metallisch strahlende Brünnhilde, die sängerisch und optisch eine Idealbesetzung ist. Thomas Mohr singt den Siegfried mit viel Kraft und Schmelz. Dabei zeigt er auch, wie kantabel man Wagner singen kann. Ein Bass mit kerniger Urgewalt ist Andreas Hörl.

Magdalena Anna Hoffmann als Gutrune und Renatus Meszar als Gunter sind ein selbstbewusstes Gibichungenpaar. Oft erlebt man diese als schwache Nebenfiguren, die bloß von Hagen manipuliert werden. In Minden bekommen sie durch die Sänger mehr Ernsthaftigkeit verliehen. Eine wohltönende Waltraute ist Kathrin Göring, Frank Blees ist ein zuverlässiger Alberich.

Im nächsten Jahr ist der gesamte „Ring“ dann in zwei Zyklen zu erleben. Für Opernfans aus Osnabrück, Bielefeld und Hannover ist das Wagner-Glück in einer Stunde erreichbar.

Rudolf Hermes 11.9.2018

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