Remscheid: „Der fliegende Holländer“

Das Landestheater Detmold hat in den vergangenen Jahren mehr Wagner-Kompetenz bewiesen, als mache der großen NRW-Bühnen. Nach dem „Ring des Nibelungen“ (2006-2009) brachte das kleine Haus auch noch „Parsifal“, (2012), „Tristan und Isolde“ (2013) sowie „Die Meistersinger von Nürnberg“ (2016) heraus. Zum Beginn seines letzten Amtsjahres bringt Intendant Kay Metzger, der nächste Saison nach Ulm wechselt, „Der fliegende Holländer“ auf die Bühne.

In seiner Inszenierung folgt Metzger einigen Ideen, die schon Harry Kupfer in seiner Bayreuther Inszenierung von 1978 entwickelt hat: Senta ist eine Schwärmerin, die sich den Holländer herbei träumt. Hier ist sie eine Kinogängerin, die täglich eine Aufführung des Filmes „Fluch der Meere“ besucht und für die Titelfigur schwärmt. So spielt die Inszenierung auch in einem von Petra Mollérus entworfenen Kinofoyer, wo mal der Steuermann, mal Mary im Getränkeausschank stehen. Zwar folgt man dieser Aufführung mit großer Spannung und sucht in der sorgfältig gearbeiteten Personenführung andauernd nach Hinweisen, für die Entschlüsselung des Konzeptes, gleichzeitig hat Metzger so viele Einfälle, so dass das eigentliche Konzept überdeckt und noch weiter verrätselt wird.

Die Tatsache, dass hier dauernd von „Klippen“, „Meer“ und „Schiff“ gesungen wird, davon aber nichts zu sehen ist, ist schon verwirrend genug. Metzger scheint aber zudem immer wieder die Perspektive zu wechseln, so dass sich nicht nur Senta diese Geschichte herbei fantasieren könnte, sondern auch Daland oder der Holländer.

Wenn Daland alleine am Tisch sitzt und ein Glas nach dem anderen lehrt, wirkt diese Inszenierung wie eine Alkoholphantasie des Kapitäns und zudem gibt es in den Holländer-Szenen auch noch das Filmplakat vom „Ruf der Heimat“, auf dem Senta zu sehen ist. Ist der Holländer vielleicht auch nur ein Kinobesucher, der von der Hauptdarstellerin dieses Filmes schwärmt. Metzger lässt das Publikum über weite Strecken im Unklaren.

Gesungen wird ordentlich bis hervorragend: Sopranistin Inga-Britt Andersson ist mit heller und kraftvoller Stimme eine selbstbewusste und sehr textverständliche Senta. Derrick Ballard gefällt als Holländer mit seiner knorrigen Bariton. Jedoch klingt die Stimme im Piano manchmal blass. Das könnte daran liegen, dass Ballard neben der Detmolder „Holländer“-Serie, zu der auch Gastspiele von Fulda bis Wolfsburg gehören , auch noch die Titelpartie in Händels „Saul“ am Staatstheater Mainz singt und manchmal täglich zwischen beiden Bühnen und Partien wechselt.

Christoph Stephinger gefällt als Daland mit seinen tiefen und warmen Legato-Bögen. In der Höhe bleicht die Stimme jedoch aus, und in den schnellen Dialogszenen müsste er viel pointierter artikulieren, um eine bessere Textverständlichkeit zu erzielen. Ewandro Stenzowski als Erik singt seine Partie mit dem Schmelz einer Mozart-Stimme, jedoch fehlt ihm die heldentenorale Wucht, die diese Rolle auch benötigt. Treffender ist da der Steuermann mit Stephen Chambers besetzt, der über eine farbenreiche Stimme verfügt. Eine zuverlässige Mary ist Lotte Kortenhaus.

Bei dem Gastspiel des Landestheater Detmold in Remscheid sitzen die Bergischen Symphoniker unter der Leitung ihres GMDs Peter Kuhn im Graben. Im Fortissimo kann das Orchester zwar auftrumpfen, aber im Piano klingen die Streicher brüchig und die rhythmische Koordination der Holzbläser ist nicht die beste.

Szenisch ist dieser Abend deutlich schwächer gelungen als die vorangegangenen Detmolder Wagner-Inszenierungen. Solch eine „um die Ecke“ gedachte Produktion dürfte bei Gastspielen in Häusern, in denen es keine Wagner-Tradition gibt, einige Verwirrung beim Publikum auslösen.

Rudolf Hermes 26.9.2017

Bilder (c) Theater Detmold