Aufführung am 03.07.2015, Premiere am 21.02.2015
Verdis wirres Meisterwerk begeistert das Fürther Publikum wobei die Regieder herrlichen Musik wenig anhaben kann – und das ist gut so
Wieder einmal war ich im wunderschönen Stadttheater Fürth und wieder einmal habe ich es nicht bereut. Der Intendant von Fürth, Werner Müller, hat – wie schon so oft – wieder einmal ein gutes Händchen bei der Auswahl seiner musikalischen Gastspiele bewiesen. Die leidenschaftliche Oper „Der Troubadour“ mit der leicht verworrenen Handlung passt wieder so wunderschön in das trotz Klimaanlage durch die draußen wabernde Hitze doch etwas aufgeheizte Theater hinein. Hier und heute hat man gerne wieder ein paar Schweißtropfen verloren, denn man wird durch die Musik und deren Interpretation entschädigt.
Die Handlung, die schon im Original sehr schwer zu verstehen ist. Zigeunerin wirft versehentlich ihr eigenes Kind in den Scheiterhaufen, zieht den Bruder des Tyrannen Luna als Sohn auf, der sich – wie Luna – in die gleiche Frau, nämlich Leonora verliebt. Leonora stirbt einen Liebestod und Luna ermordet seinen eigenen Bruder, was ihm aber erst nach der Bluttat durch die Zigeunerin Azucena vermittelt wird. Diese hat nun ihre Rache für die damalige mörderische Verwechslungstat. Wenn die Musik nicht so herrlich wäre, würde man an dem Inhalt der Oper etwas zweifeln können. Die Neuinszenierung von Rudi Gaul & Heiko Voss können diese wirre Handlung kaum verbessern, sie zeigen sie halt in einer anderen Kulisse. Die beiden debütieren als Opernregisseure, der eine ist von Haus aus Filmemacher und der andere Dramaturg. Die Neubearbeitung enthält also viele Filmszenen, es wird viel auf die Leinwand projiziert, die Drehbühne wird zum Mittelpunkt, grelle Kostüme, überzeichnete Figuren sollen alles etwas moderner machen. Nun gut, es war alles ganz schön anzuschauen, auch durch die Kostüme von Olga Motta, dem Inhalt des Stückes kam man auf diese Art und Weise aber auch nicht viel näher, aber was solls. Die musikalische Seite überzeugte, mit kleinen Einschränkungen, dafür auf der ganzen Linie und das Publikum war sehr angetan, was sich im langanhaltenden Applaus zeigte.
Das Orchester wird von Gerhard Markson mit großer Erfahrung und ebenso großer Leidenschaft geleitet. Am Anfang finden Dirigent und Orchester nicht ganz zusammen, dies ändert sich aber schnell und die Klangwogen der leidenschaftlichen Oper laufen völlig synchron weiter ab. Markson ist – bei aller Leidenschaft – auch auf seine Solisten bedacht und überdeckt sie nicht ständig mit den Klangwogen, die so typisch für diese Oper sind. Man merkt, dass Orchester und deren Leiter Spaß an der Musik haben und dies zeigen sie auch eindrucksvoll. Der Chor, welcher von Bernhard Moncado sicher eingestimmt ist, wirkt in jeder Sekunde überzeugend. Dies zeugt auch von einer akribischen Detailarbeit, die man auch zu hören bekommt.
Der große Enrico Caruso soll einmal gesagt haben, dass man für diese Oper die vier besten Sänger der Welt braucht, und da ist viel Wahres dran. Nun gut, die vier besten sind es nicht, die hier in Fürth auf der Bühne stehen, aber sie kommen schon recht gut daran. Im Focus des Interesses stehen die beiden Frauenfiguren, Leonora und Azucena. Diese beiden sind es auch, die das Publikum am meisten und das völlig zu Recht, hinreißen können. Als Leonora glänzt Christina Vasileva und sie zeigt ein stimmiges und überzeugendes Bild der leidenschaftlichen Frau. Mit leuchtendem farbigem und den letzten Winkel des Saales füllenden Sopran, und mit Spitzentönen, die wie hingemeißelt stehen, leuchtend und feurig, holt sie sich den wohlverdienten Applaus. Ihr in keinster Sekunde nachstehend, die Azucena der Anja Jung. Sie lebt diese Rolle und füllt sie leidenschaftlich aus. Ihre Auftritte sind mit die Höhepunkte der heutigen Aufführung. Ihre Stimme ist wandlungsfähig und von einer überwältigenden Geschmeidigkeit. Die beiden Frauen erobern sich an diesem Abend die gesangliche Krone. Als Graf Luna gibt Juan Orozco eine sehr gute Leistung. Sein voller runder Bariton ist in jeder Sekunde präsent, wenn auch die leidenschaftliche Gestaltung noch etwas ausgeprägter hätte sein können. Nicht desto weniger ist sein raumfüllender Bariton beeindruckend. Zwiespältig leider der Eindruck des Manricos von James Lee. Nach leichten anfänglichen Eintrübungen singt er sich frei, sein strahlender hoher Tenor kann voll überzeugen. Leider nicht über den ganzen Abend hinweg. Gerade bei der berühmt-berüchtigten Stretta muss er dem hohen Anspruch der Partie seinen Obolus zollen. Die Stimme kippt am Schluss, die Stretta wird im Prinzip am Ende praktisch nur markiert. Schade, denn gerade darauf hatte man sich doch auch besonders gefreut.
Insgesamt eine flotte, gesanglich, darstellerisch und von der Inszenierung her für sich einnehmende Inszenierung, die vom Publikum mit langandauerndem Applaus verabschiedet wurde.
Manfred Drescher 15.07.2015
Bilder von Rainer Muranyi