Besuchte Aufführung: 11.08.2012
Carl Zeller bei der Wiener Operettenbühne
Eine ganz tolle „Fledermaus“ stellte die Wiener Operettenbühne unter Professor Heinz Hellberg im letzten Jahre auf die wunderschöne Felsen- bühne in Wunsiedel. Und dieses Jahr freute ich mich auf den „Vogelhänd- ler“. Vor allem, weil diese Operette ganz hervorragend auf diese gerade frisch und ganz hervorragend renovierte Naturbühne passt – und wenn dann noch alles weitere stimmt, ist der Erfolg vorprogrammiert. Und es war kein Erfolg, es war ein rauschender Erfolg. Froh und beschwingt tänzelte man (na ja nicht alle, aber fast alle) von der Felsenbühne hinunter zu den Parkplätzen und war sich sicher, wieder eine einmalige Darbietung der an Spitzenaufführungen reichen Wiener Operettenbühne miterlebt zu haben.
Es macht immer wieder Spaß eine Aufführung der Wiener Operettenbühne erleben zu dürfen. Spaß deshalb, weil der „Altmeister“ Heinz Hellberg die Operette nicht „verschandelt“. Er behandelt sie vorsichtig und er inszeniert sie so, wie man Operette inszenieren sollte. Er nimmt sie ernst, er behandelt sie nicht wie die uneheliche Tochter der Oper. Er weiß, dass man Könner in der Operette einsetzen muss und er weiß, dass die musikalischen Anforde-rungen der Operette sehr hoch sind. Und so inszeniert er nach acht Jahren erneut den „Vogelhändler“ in Wunsiedel. Damals war Susanne Fugger seine Briefchristel (welche in dieser Saison mit Verena te Best in der Rolle alter-niert), heute ist Verena te Best die reizende Postangestellte, doch dazu gleich mehr. Man möge mir verzeihen, dass ich jetzt noch etwas nachhole. Susanne Fugger heißt seit September Susanne Hellberg. Sie und Heinz Hellberg haben sich im Herbst das Ja-Wort gegeben, und ich darf mir
erlauben den Beiden die allerherzlichsten Glückwünsche zu übermitteln und Ihnen alles erdenklich Gute für die gemeinsame Zukunft zu wünschen.
Aber zurück zum “Vogelhändler“. Auch 2012 hat Heinz Hellberg mit seiner Operettenbühne Wien erneut das Glück des Tüchtigen. Die Aufführung, die natürlich bei schönem Wetter nochmal so viel Spaß macht, geht ohne einen Tropfen Regen zu Ende, jedenfalls in der von mir am 11.08. besuchten Nachmittagsvorstellung.
Das Orchester ist hervorragend disponiert und den Sängern ein zupak-kender, schmissiger Begleiter sich in den Soli aber zurückhaltend und die Sänger nicht übertönend oder gar zudeckend. Mit energischer, zupackender Hand, gleichzeitig aber auch zu zarten Tönen fähig, führt Daniel Molhov die Musiker durch das packende Geschehen. Ja, und der „Vogelhändler“ ist natürlich eine Fundgrube von wunderschönen, einschmeichelnden Arien und Duetten. Und diese werden durch ein Riege von erstklassigen Sängern, die sich auch darstellerisch nicht zu verstecken brauchen dargeboten. Chor und Ballett der Operettenbühne Wien sind wie immer hervorragend eingestimmt, sie verstehen es das Publikum zu begeistern.
An erster Stelle zu nennen die liebreizende Verena te Best, bei der man versteht, warum sich der Vogelhändler in sie verguckt. Sie ist jedoch nicht nur ein „Hingucker“ sondern hat auch einen zarten, jedoch durchschlags-kräftigen, klaren, frischen und leuchtenden Sopran. Eine ganz tolle Leistung. Ihr Adam ist am heutigen Nachmittag Anton Graner und er versteht es mit kräftigem, durchschlagskräftigen Tenor zu bestehen. Beim „Ahnerl-Lied“ ist er jedoch auch zu zarter Zurückhaltung fähig und erhält zu Recht viel Beifall. Dieser gilt auch für die mit warmem, kräftigem und leuchtenden Sopran versehene Elena Schreiber als Kurfürstin. Der Bassbariton Andreas Jankowitsch gibt einen verschlagenen und immer am Ball seienden Baron Webs und überzeugt mit seiner voluminösen kräftigen und schönen Stimme. Thomas Marcus als sein Neffe Stanislaus bringt einen hellen, hohen und sehr durchschlagskräftigen Tenor mit und gibt nicht nur mit dem Onkel ein gutes Paar ab. Linde Rupp hat als alternde Baronin Adelaide die Lacher auf ihrer Seite, auch wenn ihr am Schluss nicht so unbedingt zum Lachen ist. Auch stimmlich kann sie voll und ganz überzeugen, ebenso wie die beiden ihrem Gaul Zucker gebenden Prüfungskommissionsvor- ständen Professor Würmchen und Professor Süffle. Sie werden von Urs Mühlethaler und Peter Erelyi (der auch einen sehr guten Dorfschulzen Schneck darstellt) kongenial verkörpert.
Das Publikum geht von der ersten bis zur letzten Minute mit, lässt sich von den zauberhaften Melodien verzaubern und erfreut sich an einer vollständig stimmigen und humorvollen Operettenaufführung. Heinz Hellberg wird mit dieser Art Operette zu zelebrieren sicherlich auch in den nächsten Jahren ein gerngesehener Gast auf der Luisenburg sein. Im nächsten Jahr steht übrigens wieder einmal ein Strauss auf der Bühne und zwar „Der Zigeuner-baron“. Die Vorfreude ist bei mir jedenfalls schon wieder sehr groß.
Manfred Drescher
Bilder: Wiener Operettenbühne