Der Opernfreund-Stern geht an das Badische Staatstheater Karlsruhe für eine ausgezeichnete Neuproduktion von Strauss‘ selten gespielter Oper Die schweigsame Frau. Diese Aufführung war in jeder Beziehung ein Hochgenuss. Mariame Cléments gelungene moderne Inszenierung, für die Julia Hansen das Bühnenbild und die Kostüme schuf, das prächtige, an Mozart geschulte Dirigat von GMD Georg Fritzsch sowie das durchweg gut im Körper singende Ensemble fügten sich zu einer Symbiose von enormem Glanz zusammen. Es ist der Karlsruher Oper hoch anzurechnen, dass es dieses nicht sehr bekannte Werk, das nach seiner Dresdener Uraufführung im Jahre 1935 von den bornierten braunen Machthabern nach nur wenigen Aufführungen wieder abgesetzt wurde, jetzt wieder so erfolgreich aus der Versenkung geholt hat. Der Librettist Stefan Zweig war Jude, weswegen er nicht auf dem Plakat der Uraufführung erscheinen sollte. Strauss protestierte dagegen und bestand auf der Nennung des Namens seines Textdichters. Das brachte ihn bei den Nazis in Misskredit, weswegen er nicht lange danach sein Amt als Präsident der Reichsmusikkammer aufgab. Zweig beging bekanntermaßen Selbstmord. Die Voraussetzungen, dass sich die Schweigsame Frau auf den Spielplänen der Opernhäuser halten würde, waren mithin denkbar schlecht. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg stand sie unter keinem guten Stern. Daran konnten einige wenige Produktionen an verschiedenen Opernhäusern nichts ändern. Deshalb sind gute Aufführungen gerade dieser Oper heute ungemein wichtig. Und gerade deshalb ist dem Badischen Staatstheater Karlsruhe großer Dank dafür zu sagen, dass es dieses hoch unterhaltsame Werk ins Programm genommen hat. Damit hat es einen Volltreffer gelandet. Diese Produktion ist in hohem Maße dazu geeignet, das Stück wieder bekannt zu machen. Hier haben wir es mit einer echten Rarität zu tun, deren Besuch unbedingt zu empfehlen ist und die sich kein Opernfreund entgehen lassen sollte. Die Auszeichnung mit dem Opernfreund-Stern hat sich die Karlsruher Oper damit mehr als verdient. Bravo!
Ludwig Steinbach, Peter Bilsing
26. März 2024