Hagen: „Jonny spielt auf“, Ernst Krenek

Premiere: 16. Januar 2016

Wenn sich die Opernhäuser an ein Werk Ernst Kreneks wagen, dann ist es meist sein „Jonny spielt auf“. So auch im von Einsparungen bedrohten Hagen, wo Intendant Norbert Hilchenbach dem Publikum neben Klassikern wie „Das Land des Lächelns“ und „Der Rosenkavalier“ in jeder Saison auch eine Rarität vorstellt.

Regisseur Roman Hovenbitzer hat in Hagen viele spannende Inszenierungen auf die Bühne gebracht, besonders eindringlich sind mir Barbers „Vanessa“ und Floyds „Susannah“ in Erinnerung. Mit „Jonny spielt auf“ liefert er eine solide Handwerksarbeit, die aber kein großer Wurf ist.

Im ersten Akt steht die Dreiecksgeschichte der Opernsängerin Anita im Mittelpunkt, die zwischen dem Komponisten Max und dem Geigenvirtuosen Daniello hin- und hergerissen ist, im Zentrum. Der titelgebende Jazzgeiger Jonny ist da eigentlich nur eine Randfigur. Im zweiten Akt stehen die Selbstzweifel des Komponisten Max im Mittelpunkt des Geschehens.

Eigene Akzente setzt Hovenbitzer kaum: Zwar spielt Max am Beginn der Oper mit einem Bühnenbildmodell seiner eigenen neuen Oper, in die der Komponist dann selbst eintaucht, und am Ende schwingt sich die zu Jonny zugehörige Discokugel wie eine Abrissbirne über die Bühne und zerstört das Bühnenbildmodell. Hovenbitzer macht so deutlich, wie bedroht die Theater durch die Unterhaltungsindustrie sind, aber insgesamt ist das doch recht wenig.

Ausstatter Jan Bammes gelingt mit seiner Gebirgslandschaft aus gestapeltem und zerknülltem Paper ein eindrucksvolles Bühnenbild, während die Hotelhallen und anderen Räume eine gewisse Beliebigkeit besitzen. Alfonso Palencia hat die drei flotten Tänzerinnen choreografiert, die Jonny umschwirren.

Hagens Generalmusikdirektor Florian Ludwig macht klar, dass „Jonny“ nicht bloß eine Jazz-, sondern auch eine Künstler-Oper ist: Die Soloszenen klingen düster und grüblerisch, als sei man in Hindemiths „Mathis der Maler“. In den Jazzszenen kann sich der Schwung der Musik aufgrund der kleinen Besetzung des Philharmonischen Orchesters Hagen nicht optimal entfalten. Ein großer inszenatorischer Fehler ist es, dass Jonnys Jazzband nie auf der Bühne musiziert, sondern nur von der Hinterbühne in den Zuschauerraum schallt.

Mit der Bayreuth-erfahrenen Edith Haller ist dem Theater Hagen eine prominente Besetzung für die Anita geglückt. Eigentlich wäre zu erwarten gewesen, dass Haller die Marschallin im demnächst anstehenden neuen Hagener „Rosenkavalier“ singt, aber auch als Anita überzeugt sie mit kräftigem Sopran, den sie sehr genau einsetzt. Während Haller ihre Partie mühelos durch die Kehle fließt, wirkt Hans-Georg Priese als Max immer wieder verkrampft, wenn er höhere Töne ansteuert. Mit seinem hellen und kraftvollen Tenor gestaltet er seine Rolle aber sehr textverständlich und liefert eine eindringliche Charakterzeichnung.

Einprägsam gestalten die Baritone Kenneth Mattice und Andrew Finden die beiden Geiger Jonny und Daniello, wobei letzterer die interessantere Stimme besitzt. Maria Klier singt das Stubenmädchen Yvonne mit flottem Soprangezwitscher.

Insgesamt gelingt dem Theater Hagen mit „Jonny spielt auf“ ein solider, aber kein überwältigender Abend. Für Freunde von selten gespielten Opern ist diese Produktion aber auf jeden Fall empfehlenswert.

Rudolf Hermes 17.1.16

Bilder (c) Theater Hagen

IN DER KÜRZE LIEGT DIE WÜRZE – Ein vorbildliches Programmheft!

Dorothee Hannappel zeichnet für die Redaktion eines sehr gelungenen Programmheftes verantwortlich und ihr gebührt dafür mein Lob. Ich finde daß hier, vergleiche ich das mit dem großen Wust der Programmhefte, die sich so im Laufe der Jahre bei mir angesammelt haben und die ich selten wirklich lese, vorbildliche Arbeit geleistet wurde. Es gibt den Inhalt kurz und prägnant wieder, lässt Krenek in wichtigen Sätzen zu Wort kommen und enthält auch einen wichtigen Beitrag zur Konzeptionsgeschichte. Nichts Überflüssiges! Dabei ist alles so übersichtlich und gut lesbar angeboten, daß es binnen 20 Minuten noch vor der jeweiligen Vorstellung auch für Unvorbereitete schnell und informativ rezipierbar ist; dazu ein paar schöne Erinnerungsbilder… Mehr braucht es nicht. Danke ;-)))
P.B.