besuchte Aufführung: 25.05.2019
Gelungene Hommage an Jacques Offenbach
Zum 200. Geburtstag von Jacques Offenbach hat sich die Hamburger Kammeroper etwas Besonderes ausgedacht und ein bei Mathias Husmann in Auftrag gegebenes Werk zur Uraufführung gebracht: Offenbachs Traum ist eine Kammeroper in zwei Teilen.
Zunächst sieht man, wie der bereits schwer kranke Offenbach von seiner Amerika-Tournee nach Paris zurückkehrt. Er möchte noch die Arbeit an seiner großen Oper „Hoffmanns Erzählungen“ vollenden. Im Traum erscheinen ihm die Muse Niklas und sein Komponistenkollege Hector Salomon, der niemand anderes als der Tod ist. Niklas und der Tod schmieden mit der Sängerin Marguerite Ugalde einen Plan, um Offenbach zu inspirieren und seine Figuren Olympia, Antonia und Giulietta mit Leben zu erfüllen. Der Tod fordert allerdings einen hohen Preis: Offenbachs Augen für Olympia, sein Blut für Antonia und seinen Schatten für Giulietta. Andreas Franz hat das alles sehr vergnüglich inszeniert, etwa die skurrile Bluttransfusion oder Olympias puppenhafte Bewegungen. Sehr gelungen sind auch die Bühnenbilder von Lisa Überbacher, die mit einfachen Mitteln verschiedene Schauplätze andeuten. Von ihr sind auch die Kostüme, die sehr prägnant, farbenfroh und mit Augenzwinkern gestaltet sind.
Die Musik von Mathias Husmann arbeitet mit moderaten Klängen und ist oft von Offenbachs Originalthemen durchzogen. Die Ballade vom Kleinzack wird hier zu „Es war einmal in Köln ein junger Jeck“. Der Tod wird mit skelettartigen Tönen des Xylophons, die Muse mit denen des Vibraphons charakterisiert. Husmanns Musik ist sehr suggestiv und wird durch den roten Faden Offenbachs bestimmt. Neben „Hoffmanns Erzählungen“ sind auch „Orpheus in der Unterwelt“, „Die schöne Helena“ und „Pariser Leben“ vertreten.
Im zweiten Teil gibt es dann das historisch verbürgte Hauskonzert mit den fertig gestellten Teilen in Offenbachs Privatgemächern. Hier hält sich Husmann eng an Offenbach. Die Zuordnung der Musikthemen hält sich zwar nicht immer an die entsprechenden Akte bei „Hoffmanns Erzählungen“, passt aber bestens zur Stimmung der jeweiligen Szene. In jedem Fall aber sind seine Melodien hervorragend arrangiert. Die sieben Musiker des Allee Theater Ensembles unter der Leitung von Ettore Prandi spielen mit Schwung und Herzblut – eine durch und durch gelungene Wiedergabe, bei der man ein großes Orchester kaum vermisst.
Die Sängerinnen und Sänger agieren nicht nur mit großer Spielfreude, sondern können auch gesanglich bestens bestehen. Bariton Marius Adam gibt (in perfekter Maske) den Komponisten und schlüpft auch gleich in die Rolle des Hoffmann, der ja sein Alter Ego ist. Ebenfalls mit sonorem Bariton kann Titus Witt als Tod sowie als Coppelius, Mirakel und Dappertuto überzeugen. Iva Krušić gibt mit schlankem Mezzo den Niklas und die Stimme der Mutter. Am meisten ist Luminita Andrei gefordert, die als Sängerin Ugalde auch die drei weiblichen Hauptpartien in „Hoffmanns Erzählungen“ übernimmt. Ihr klarer, aufstrahlender Sopran wird den unterschiedlichen Anforderungen mehr als gerecht. Das Terzett aus dem Antonia-Akt mit Andrei, Krušić und Witt gehört zu den besonders beeindruckenden Momenten der Aufführung.
Natürlich dürfen bei einer Offenbach-Hommage die Barkarole und der Can-Can nicht fehlen. Sie bilden den Schluss eines gelungenen und unterhaltsamen Abends.
Wolfgang Denker, 26.05.2019
Fotos von Dr. Joachim Flügel