Premiere Krefeld: 10.04.2022,
besuchte Vorstellung: 13.04.2022
Oper in Perfektion
Bereits zur Premiere in Mönchengladbach schrieb Opernfreund-Herausgeber Peter Bilsing über die Salome-Produktion am niederrheinischen Gemeinschaftstheater: "Zu berichten ist über eine Salome-Produktion aus dem kleinen, aber feinen Kleinod von Opernhaus Mönchengladbach Rheydt, die durchaus internationales Format hat". Nun ist dieses Meisterwerk rund 2 1/2 Jahre später auch endlich in Krefeld zu sehen und ja, Peter hat hier absolut Recht, einen Besuch kann man allen Opernfreunden wärmstens empfehlen. Zu einer guten Opernaufführung gehören bekanntlich (mindestens) drei wichtige Zutaten: Gute Darsteller, ein stark aufspielendes Orchester und eine Inszenierung mit Hand und Fuß. Dies ist in Krefeld auf jeden Fall gegeben.
Für die Rolle der Salome konnte Dorothea Herbert verpflichtet werden, die im kommenden Jahr an der Dresdner Semperoper auch in Wagners Walküre zu erleben sein wird. Mit ihrem vollen Sopran, der auch in den höchsten Tönen noch klangschön erschallt, ein echter Glücksgriff. In der Rolle des Herodes weiß der Tenor Andreas Hermann zu gefallen. Als Prophet Jochanaan überzeugt Johannes Schwärsky mit seiner kraftvollen Stimme ebenso wie David Esteban mit klarem Tenor als Nabaroth. Hervorragend auch beim gesamten Ensemble das Schauspiel abseits der Haupthandlung. Hier zeigt sich eine exzellente Personenführung durch Regisseur Anthony Pilavachi. Immer wieder sollte man auf die anwesenden Figuren schauen, die etwas abseits stehen, wie der Page hier um Nabaroth trauert oder wie die beiden Nazarener schockiert auf die Enthauptung Jochanaans reagieren ist absolut sehenswert. Stellvertretend für die großartige Gesamtleistung aller 15 Darsteller des Abends seien hier nur noch Roswitha Christina Müller (Herodias), Susanne Seefing (Page), Matthias Wippich (Erster Soldat) und Robin Liebwerth erwähnt, der in der besuchten Vorstellung ausnahmsweise zwei Rollen einnehmen musste (Fünfter Jude und Zweiter Soldat).
Unter der Leitung von GMD Mihkel Kütson spielen die Niederrheinischen Sinfoniker am besuchten Abend zur Hochform auf. Gut gelingt ihm die Abstimmung zwischen den kraftvollen und den melodischen Momenten der Oper von Richard Strauss. Hin und wieder haben es die Sänger zwar nicht leicht, gegen den gewaltigen Klang anzukommen, dennoch ist genau dies der Klang, der einen guten Opernbesuch ausmacht und dem man auch gerne rund 100 Minuten am Stück (gespielt wird ohne Pause) gebannt zuhört. Wie bereits erwähnt legt Anthony Pilavachi großen Wert auf eine genaue Personenzeichnung. Darüber hinaus verlegt er die Handlung in die "goldenen" 1920er Jahre, bleibt ansonsten aber sehr werktreu und verzichtet auf unnötige Deutungen. Das er schließlich am Ende einen etwas anderen Ausgang des Opernabends findet, passt zur Inszenierung, mehr soll hier aber nicht verraten werden. Erwähnt werden muss noch das wunderschöne Bühnenbild und die tollen Kostüme von Markus Meyer, die diesen Opernabend auch optisch abrunden.
Das anwesende Publikum folgt dem Musikdrama nach Oscar Wildes gleichnamiger Dichtung gebannt, enthielt sich jedem in diesem Fall eher störenden Zwischenapplaus und bejubelte am Ende lautstark die Darsteller und das Orchester. Zu Beginn habe ich bereits ein kleines Zitat von Peter Bilsing verwendet und so möchte ich hier mit den gleichen Worten enden, die er bereits bei der Premiere in Mönchengladbach verwendet hat: "Auf, auf und auf zum wunderschönen Theater an unseren herrlichen Niederrhein. Es lohnt auch die weiteste Anreise!" Zu sehen ist diese gelungene Salome allerdings nur noch an drei Terminen, lassen sie diese Gelegenheit nicht verstreichen.
Markus Lamers, 15.04.2022
Bilder: © Matthias Stutte