Es ist müßig, über die intellektuell unterfordernde Inszenierung noch viel zu sagen. Die Farbe Blau macht noch lange keine adäquate Interpretation dieser Oper. Und der hilflose Versuch, Elsa als eine Frau, die von den Männern unterdrückt wird, darzustellen, verfängt in diesem Ambiente nicht, es entstehen hauptsächlich peinliche Tableaus. Eine Geschichte zum Miterleben und Mitfühlen findet nicht statt. Die Kulissenschieberei in der ersten Szene des zweiten Aktes sei beispielhaft für dieses, mit Verlaub, Kindertheater genannt.

Aber dann beginnt das Wunder. Silbrig zart beginnt unter der phänomenalen Leitung von Christian Thielemann das Vorspiel. Die Gabe des Dirigenten, die Feinheiten der Partitur subtil herauszuarbeiten, ohne sich in Details zu verlieren, ist an diesem Abend wieder einmal zu erleben. Über allem liegt ein gedanklicher Bogen, der die Entwicklung des Dramas vom Beginn bis zur Gralserzählung und dem unausweichlich tragischen Ende in Spannung und Dynamik nicht abreißen lässt. Das Festspielorchester folgt dem Dirigenten mit größter Aufmerksamkeit und spielt mit faszinierender Klangschönheit und Homogenität.
Bei den Sängern dominiert Piotr Beczała als Lohengrin, der mit nie nachlassender Intensität einen lyrisch grundierten Lohengrin mit feinen Pianoabstufungen und durchschlagskräftiger Höhe singt. Seine Gralserzählung gelingt zum Höhepunkt der Aufführung durch die kluge Interpretation und seine vorbildliche Gesangskultur, die es ihm ermöglicht, Phrasen wie „Da naht, vom Himmel ein Taube“ in zartem Piano klangsinnlich zu gestalten. Eine wunderbare Leistung, die das Publikum am Ende zu Recht enthusiastisch feierte.

© Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath
Elsa van den Heever debütiert in diesem Jahr bei den Bayreuther Festspielen und nimmt von Anfang an durch ihre Bühnenpräsenz und ihren beredten schauspielerischen und gesanglichen Ausdruck als Elsa für sich ein. Man hätte ihr eine andere Inszenierung gewünscht, bei der sie mehr aus sich herauskommen kann. Die weitere Entwicklung bleibt spannend zu beobachten. Im nächsten Jahr ist sie als Sieglinde in der Walküre angekündigt.
Heinrich der Vogeler wurde von Mika Kares mit großer Autorität gesunden und gespielt. Michael Kupfer-Radecky sang und gestaltete einen eindringlichen Heerrufer.
Problematisch dagegen das Paar Ortrud und Telramund. Während Olafur Sigurdarson mit kräftiger Stimme und vokalem Aplomb die Bedrohlichkeit und auch Verzweiflung des scheiternden Telramunds ergreifend gestaltet, ist die Gegenspielerin eine Enttäuschung. Miina-Liisa Värelä singt die Ortrud wie vom Blatt, unbeteiligt und mit einer einzigen Stimmfarbe. Da bleiben alle Facetten dieser verschlagenen und hasserfüllten Frau auf der Strecke. Die in der Höhe an Klangfarbe verlierende Stimme wirkt oft angestrengt und forciert.

© Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath
Thomas Eitler-de Lint hat den Chor wunderbar auf seine Aufgaben eingestimmt, und so überzeugte er wieder einmal durch seine Klangschönheit und seine Ausdruckskraft.
Das Publikum tobte am Ende der Vorstellung vor Begeisterung, besonders beim Erscheinen von Christian Thielemann.
Axel Wuttke, 12. August 2025
Lohengrin
Text und Musik Richard Wagner
Bayreuther Festspiele
Aufführung am 4. August 2025
Premiere: 25. Juli 2018
Inszenierung: Yuval Sharon
Musikalische Leitung: Christian Thielemann
Orchester der Bayreuther Festspiele
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