Ermanno Wolf-Ferrari ist vor allem für seine komischen Opern bekannt, wie z.B. „Susannas Geheimnis“ oder „Die vier Grobiane“. Mit diesem etablierten Ruf überraschte der Komponist die damaligen Kritiker, als er nun mit seiner ernsten Oper „Das Himmelskleid“ 1927 die Zuhörer in eine „symbolische Zwielichtwelt“ führte. Die Form ein Legende, die sich zu religiöser Größe erhebt, sie war besonders und sorgte für manche Irritation.
Die Erzählung ist eine Parabel einer jungen Prinzessin die mit dem „Gewand des Himmels“ geboren wurde. Sie vergisst diese wahre Gabe in ihrem gierigen Streben nach Reichtum und erkennt erst nach vielen Irrungen den Wert der Liebe.
„Das Himmelskleid“ ist vielleicht das ausgereifteste Werk von Wolf-Ferrari. Von allen seinen Opern liebte er sie am meisten. Zu seiner tiefen Enttäuschung war es gerade dieses Werk, das bei seiner Uraufführung in München 1927 nicht wirklich Erfolg hatte. Dabei war die Besetzung prominent. Am Pult stand Hans Knappertsbusch und mit Fritz Krauß sowie Luise Willer waren die Hauptpartien herausragend besetzt.
Somit geriet diese so farbenreiche Oper schnell in die Vergessenheit.
1995 erlebte „Das Himmelskleid“im Hagener Theater eine vielbeachtete Neubelebung.
Unter der musikalischen Leitung des damaligen Hagener Generalmusikdirektors Gerhard Markson wurde die Oper äußerst positiv aufgenommen. Diese Produktion liegt auch dieser Studioeinspielung aus dem Jahr 1996 zugrunde, die bereits zuvor beim Label Marco Polo veröffentlicht wurde.
Es ist schön, dass diese gelungene Aufnahme nun vom Label NAXOS neu veröffentlicht wurde. Die Leistungsfähigkeit des Theaters Hagen gerät beeindruckend und ist ein weiteres wichtiges Zeugnis für die hohe Qualität deutscher Opernhäuser, wie sie zuvor NAXOS mit der Einspielung von Schrekers „Fernem Klang“ (ebenfalls mit dem Theater Hagen produziert) demonstriert hat.
Im Mittelpunkt dieser Aufnahme steht dabei die fabelhafte Angelina Ruzzafante als Prinzessin. Mit silbriger Sopranstimme und hoher Anteilnahme gestaltet sie bewegend die Selbstsuche der Prinzessin. Glühend, verführerisch, aber auch sensibel zurückhaltend begeistert Ruzzafante mit textverständlichem Gesang.
An ihrer Seite formt Tenor Sibrand Basa den Prinzen zu einem klar umrissenen Charakter. Das langjährige, inzwischen verstorbene Ensemble Mitglied, Reinhard Leisenheimer ist ein achtungsgebietender Kanzler. Auch die übrigen Rollen gefallen durch pointierten, gut verständlichen Gesang. Stellvertretend sei hier der klangvolle Bariton von Stefan Adam in der Rolle des Prinz Korbinian erwähnt.
Sie alle werden von Dirigent Gerhard Markson auf Händen getragen. Mit hörbarem Engagement und stilsicherer Einfühlung in diese Opernpreziose macht er diese Entdeckung zum gelungenen Hörerlebnis. Chor, Extrachor und Philharmonisches Orchester des Theaters Hagen agieren mit Begeisterung und Spielfreude. Das Orchester musiziert mit hoher Klangkultur und bleibt dieser so nuancenreichen Musik nichts schuldig. Vor allem die viel geforderten Bläser gefallen mit ihrer strahlenden Klangpracht.
Eine wichtige Operneinspielung dieser Rarität, der gute szenische Aufführungen zu wünschen sind.
Dirk Schauß, 28. Dezember 2022
Ermanno Wolf-Ferrari: „Das Himmelskleid“
Naxos: 8.660518-20
3 CDs
Zweite Besprechung.