CD: „Die schweigsame Frau“, Richard Strauss

Bei dem Label BR Klassik ist eine CD mit Ausschnitten von Richard Strauss‘ selten gespielter Oper Die schweigsame Frau erschienen. Bei dieser auf ein Stück von Ben Jonson beruhender Oper, die aus politischen Gründen im Repertoire der Opernhäuser lediglich ein Schattendasein führt, handelt es sich um eine echte Rarität. Sie wurde am 24. Juni an der Dresdner Oper unter der Stabführung des Dirigenten Karl Böhm aus der Taufe gehoben, verschwand indes nach kurzer Zeit wieder vom Spielplan. Diese Tatsache lässt sich schnell erklären. Die Uraufführung fiel in die Zeit des Nationalsozialismus. Und die Nazis hassten die Juden. Nun war Strauss‘ Librettist Stefan Zweig Jude, weswegen die Leitung der Dresdner Oper ihn auf dem Uraufführungs-Plakat nicht nennen wollte. Strauss, der damals Präsident der Reichsmusikkammer war, intervenierte dagegen und vermochte es durchzusetzen, dass sein künstlerischer Partner Zweig doch auf dem Plakat namentlich genannt wurde. Das hatte indes Folgen. Hitler und Goebbels, die die Premiere ursprünglich besuchen wollten, blieben dieser dann doch fern. In der Folgezeit wurde die Schweigsame Frau von den bornierten braunen Machthabern so lange boykottiert, bis sie zu guter Letzt nach nur drei Aufführungen abgesetzt wurde. Nicht lange danach legte Strauss sein Amt als Präsident der Reichsmusikkammer nieder. Stefan Zweig starb bekanntlich durch eigene Hand. Damit waren die Voraussetzungen für einen Spielplanrenner, der bei allen anderen Opern von Strauss in hohem Maße vorlagen, nun nicht mehr gegeben. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg konnte sich die Schweigsame Frau nicht mehr an den verschiedenen Bühnen des In- und Auslands durchsetzen. Die Menge an Produktionen des Stücks blieb überschaubar.

Die bekannteste Aufführung der Schweigsamen Frau damals war sicher die Produktion der Salzburger Festspiele 1959, bei der wiederum Karl Böhm am Pult stand. Von dieser Aufführung entstand damals eine Schallplattenaufnahme, die heute als CD erhältlich ist. Diese hatte indes ein Manko: Es machten sich zu viele Nebengeräusche bemerkbar, die sich störend auswirkten. Deshalb beschloss im Jahr darauf der Dirigent Heinz Wallberg, Ausschnitte aus der Schweigsamen Frau in fast derselben Besetzung in den Hauptpartien wie in Salzburg noch einmal aufzunehmen. Das Ergebnis ist auf dieser CD zu hören. In der Tat stören hier keinerlei Nebengeräusche, so dass man die Aufnahme, die von Wallberg mit hohem Esprit und recht intensiv dirigiert wird, voll und ganz genießen kann. Das gut gelaunte Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks setzt die Intentionen des Dirigenten famos um.

Nun zu den sängerischen Leistungen: Hans Hotter singt mit profundem tiefem Bass einen beeindruckenden Sir Morosus. In dem Henry Morosus hat der mit einer wunderbaren italienischen Technik aufwartende Fritz Wunderlich seine beste Strauss-Rolle gefunden. Hermann Prey ist ein gewitzter, voll und rund intonierender Barbier. Nicht gerade gefällig ist die dünnstimmige, stark in der Maske singende Ingeborg Hallstein in der Rolle der Aminta. Gänzlich ohne die nötige Körperstütze ihrer Stimmen vokalisieren auch Eva Maria Rogner (Isotta) und Josef Knapp (Morbio). Profundes Bass-Material bringt Karl Christian Kohn in die Rolle des Vanuzzi ein. Von Lilian Benningsenstadelloser Haushälterin hätte man gerne mehr gehört. In diesem Querschnitt unauffällig bleiben Marianna Radev (Carlotta) und Karl Hoppe (Farfallo).

Ludwig Steinbach, 6. April 2024


CD: Die schweigsame Frau
Richard Strauss
Musikalische Leitung: Heinz Wallberg

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
BR Klassik
Best.Nr: 900219

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