CD: „Josephs Legende“, Staatskapelle Halle

Die Einspielung der Ballettmusik „Josephs Legende“ Op. 63 von Richard Strauss durch die Staatskapelle Halle unter der Leitung von Fabrice Bollon für das Label Naxos ist zweifellos ein bemerkenswertes Ereignis. Diese Aufnahme verdient höchstes Lob für ihre herausragende Interpretation eines selten aufgeführten Werkes von Richard Strauss sowie für die beeindruckende Leistung des Orchesters und seines Dirigenten. „Josephs Legende“ wurde von Strauss im Jahr 1914 als Ballettmusik komponiert. Es handelt sich um ein bedeutendes Werk in seinem Schaffen, das in Bezug auf seine Komplexität und orchestralen Anforderungen mit anderen bedeutenden Werken wie „Eine Alpensinfonie“ oder „Ein Heldenleben“ verglichen werden kann. Das Stück besteht aus einer Folge von Szenen, die die Geschichte des biblischen Josef erzählen, wobei Strauss eine Vielzahl von musikalischen Motiven und Themen verwendet, um die Handlung und die Charaktere zum Leben zu erwecken. In „Josephs Legende“ zeigt sich Strauss‘ meisterhafte Beherrschung der Orchestrierungstechnik.

Die reichhaltige Instrumentierung des Werkes, vier Posaunen, zwei Tuben, einschließlich Orgel, drei Klavieren, vier Harfen und einer Windmaschine, ermöglicht es ihm, eine breite Palette von Klangfarben zu nutzen, um die dramatischen und lyrischen Elemente der Handlung zu untermalen. Darüber hinaus offenbart das Stück Strauss‘ Fähigkeit, komplexe musikalische Strukturen zu schaffen, die sowohl formal anspruchsvoll als auch emotional bewegend sind. Stilistisch ist das Werk eine Mixtur seiner Opern „Die Frau ohne Schatten“, „Elektra“ und ebenso Anklänge aus dem „Rosenkavalier“. Mit seinem Riesenorchester erzeugt Strauss einen endlosen Farbreichtum in großen Entladungen und feinen kammermusikalischen Abschnitten. Und doch tönt dieses Werk sehr eigenständig und erschlägt den Zuhörer geradezu mit seinem Ideenreichtum. Strauss, der große Zauberer, schrieb allein mit dem Schluss ein Finale, welches in gewaltigem Pomp und Glanz, alle anderen Orchesterwerke an Prunk übertrifft. Fabrice Bollon, der amtierende Generalmusikdirektor der Staatskapelle Halle, ist ein renommierter Dirigent mit einer beeindruckenden Karriere. Geboren in Frankreich, begann Bollon seine musikalische Ausbildung am Conservatoire National Supérieur de Musique de Paris, wo er Dirigieren studierte. Sein Talent als Dirigent wurde früh erkannt, und er gewann mehrere renommierte Wettbewerbe, darunter den renommierten Besançon International Conducting Competition. Bollons Karriere als Dirigent führte ihn zu einigen der führenden Orchester und Opernhäuser der Welt. Bollons profundes Verständnis für ein breites Repertoire, von der Barockmusik bis zur zeitgenössischen Musik, sowie seine Fähigkeit, die einzigartige klangliche und stilistische Identität jedes Werkes herauszuarbeiten, haben ihn zu einem gefragten Dirigenten gemacht. Bollon ist auch ein begeisterter Verfechter der zeitgenössischen Musik und hat zahlreiche Uraufführungen von Werken zeitgenössischer Komponisten dirigiert. Sein Engagement für die Förderung junger Talente zeigt sich auch in seiner Arbeit als Musikpädagoge, wo er regelmäßig Meisterkurse und Dirigierworkshops leitet. Seine Interpretation von „Josephs Legende“ zeugt von einem tiefen Verständnis für Strauss‘ Musikalität und Stil. Bollon vermag es, die dramatischen und lyrischen Elemente des Werkes mit großer Sensibilität und Präzision auszubalancieren, wodurch er die einzigartige Atmosphäre des Stücks einfängt und dem Hörer ein intensives Hörerlebnis bietet. Die Staatskapelle Halle, eines der ältesten Orchester Deutschlands, zeigt in dieser Aufnahme eine beachtliche technische Versiertheit und musikalische Sensibilität. Die Musikerinnen und Musiker des Orchesters brillieren mit ihren individuellen Beiträgen ebenso wie im Zusammenspiel als Ensemble. Von den kraftvollen Orchester-Fortissimi bis hin zu den zarten Soloeinsätzen einzelner Instrumentengruppen gelingt es der Staatskapelle Halle, die ganze Bandbreite der musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten von Strauss‘ Werk mit Präzision und Ausdruckskraft zu präsentieren. Die Aufnahmetechnik, die für diese Einspielung verwendet wurde, verdient ebenfalls Anerkennung für ihre herausragende Qualität. Die klare und ausgewogene Klangwiedergabe ermöglicht es dem Hörer, jedes Detail der Musik zu erleben und in die faszinierende Klangwelt von „Josephs Legende“ einzutauchen. Insgesamt ist die Neueinspielung der „Josephs Legende“ durch die Staatskapelle Halle unter der Leitung von Fabrice Bollon ein ganz wichtiger Beitrag in der Interpretation von Strauss‘ Musik. Eine Aufnahme als wichtiges Dokument für Liebhaber von Strauss‘ Werk, zudem auch ein beeindruckendes Zeugnis für die herausragende künstlerische Qualität und das außergewöhnliche Können sowohl des Orchesters als auch seines Dirigenten. Diese CD ist ein echter Knüller und macht sehr viel Freude!

Dirk Schauß 9. März 2024


Richard Strauss
Josephs Legende Op. 63

Staatskapelle Halle
Fabrice Bollon

Naxos, 8.574551