In der großen Reihe der Veröffentlichungen mit dem Dirigenten Bernard Haitink und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ist nun eine CD bei BR-Klassik mit der achten Sinfonie von Dmitrij Schostakowitsch erschienen. Die achte Sinfonie, komponiert im Jahr 1943 während der Zeit des Zweiten Weltkriegs, ist ein herausragendes Beispiel für Schostakowitschs meisterliche Verwendung von musikalischer Struktur und Ausdruck, um komplexe emotionale und politische Themen zu vermitteln. In dieser Sinfonie verbindet Schostakowitsch seine charakteristische, melodische und harmonische Sprache mit einer tiefgreifenden dramatischen Erzählung, die von den Ereignissen des Krieges und insbesondere der Schlacht von Stalingrad inspiriert ist. Die Sinfonie ist in fünf Sätzen angelegt, wobei jeder Satz eine einzigartige musikalische Charakteristik und emotionale Palette aufweist. Das erste Adagio eröffnet die Sinfonie mit düsteren und beklemmenden Klängen, die eine Atmosphäre der Bedrohung und des Leidens suggerieren.
Schostakowitsch nutzt hier ein langsames Tempo und eine reichhaltige Orchestrierung, um eine intensive emotionale Wirkung zu erzielen. Der zweite Satz, ein Allegretto, bietet einen Kontrast zum ersten Satz durch seine lebhaftere und ironische Stimmung. Schostakowitsch nutzt hier rhythmische und melodische Motive, die Unruhe und Sarkasmus vermitteln. Der dritte Satz, ein energisches Allegro non troppo, ist von einer kraftvollen Dynamik geprägt, die die dramatische Intensität der Sinfonie weiter steigert. Schostakowitsch verwendet hier dissonante Harmonien und kontrastierende Klangfarben, um eine unheilvolle und bedrohliche Atmosphäre zu erzeugen, die den Schrecken des Krieges widerspiegelt. Das Adagio, ein weiterer langsamer Satz, bietet eine introspektive und melancholische Stimmung, die möglicherweise das Leid und die Trauer der Kriegsopfer reflektiert. Schostakowitsch verwendet hier sanfte Melodien und harmonische Verschiebungen, um eine Atmosphäre der Resignation und des Nachdenkens zu schaffen.
Der letzte Satz, ein weiteres Allegretto, schließt die Sinfonie mit einer Mischung aus Bitterkeit und leiser Hoffnung ab. Schostakowitsch verwendet hier wiederholt rhythmische Motive und melodische Wendungen, die eine gewisse Versöhnung oder Akzeptanz der erlebten Tragödien ausdrücken. Die Aufführung von Bernard Haitink und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks von Schostakowitschs achte Sinfonie ist zweifellos ein Ereignis, das die Gemüter spalten dürfte und zu unterschiedlichen Meinungen führen kann. Haitink, der bekannte Bruckner- und Mahler-Dirigent, bringt zweifellos seine eigene Interpretation und Sensibilität in dieses tragische Werk ein. Einerseits wird die technische Brillanz der Aufführung hervorgehoben, insbesondere die herausragenden Soli der Englischhorn- und Trompetenspieler sowie die außerordentliche Klangtiefe der Streicher, besonders der Bässe. Diese Elemente bleiben im Gedächtnis und zeigen das hohe künstlerische Niveau des Orchesters unter Haitinks Leitung. Allerdings fehlt seiner Interpretation der Sinfonie die schneidende Schärfe, die oft mit Schostakowitschs Musik verbunden sind. Anstatt einer verzweifelten Atmosphäre, die viele mit diesem Werk assoziieren, wird eine fast schon opulente Klanglandschaft präsentiert, die zuweilen an Mahler erinnert als an Schostakowitsch. Die fehlende Durchsetzungskraft und Körperlichkeit in den Mittelsätzen sowie die Uneindeutigkeit im Finale wirken zuweilen unentschieden. Eine erkennbar westlich geprägte Sichtweise, die nicht die volle Bandbreite der Emotionen und historischen Umstände einfängt, unter denen Schostakowitsch diese Sinfonie komponierte. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks zeigt in dieser Aufführung unter Haitinks Leitung eine bemerkenswerte technische und musikalische Brillanz. Die Qualität des Ensembles zeigt sich in der präzisen und einfühlsamen Interpretation unter Haitinks Leitung, der in dieser Aufnahme gegenüber seiner früheren Aufnahme etwas langsamer unterwegs ist. Trotz möglicher Interpretationsunterschiede gelingt es dem Orchester, eine beeindruckende Klanglandschaft zu schaffen. Die Musikerinnen und Musiker zeigen ein hohes Maß an technischer Beherrschung und musikalischem Einfühlungsvermögen, was zu einer insgesamt kurzweiligen Aufführung beiträgt. Trotz möglicher Kritikpunkte an der Interpretation bleibt das Spiel des Orchesters ein zentraler Höhepunkt dieser Aufführung und verdient Anerkennung für seine Exzellenz und sein Engagement.
Dirk Schauß, 10. März 2024
Dmitrij Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 8 c-moll, Op. 65
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Bernard Haitink, Leitung
BR-Klassik, 900214