Premiere 15. Dezember 2012
Wiens Walzerkönig Johann Strauß hatte fast immer ein Gespür für den aktuellen Publikumsgeschmack, was ihm seinen grandiosen Erfolg schon zu Lebzeiten sicherte. Nur bei der Auswahl seiner Librettisten für Bühnenwerke griff er mehr als einmal daneben. So auch bei seiner allerersten Operette des Jahres 1871 mit dem Titel „Indigo und die vierzig Räuber“, zu der Maximilian Steiner die Textvorlage geliefert hatte. Die zahlreichen Überarbeitungen machten die Sache auch nicht besser, auch nicht die nach dem Tod von Johann Strauß erarbeitete Neufassung des Jahres 1906 auf der Grundlage des neuen Textbuches von Leo Stein und Carl Landau mit dem Titel „Tausend und eine Nacht“.
Die Geschichte des Sultans Suleiman, der nach einer Europareise an seinem orientalischen Hof Reformen durchsetzen möchte (allen voran die Abschaffung der Vielweiberei) und seiner Liebe zu Leila, der Nichte des Magiers Ormuz, die diese Liebe nur erwidern möchte, wenn der Sultan alle anderen verstößt, ist auch heute nicht der große Bühnenhit. Daran ändert auch das obligate Buffopaar (der Sekretär des Sultans, der aus Wien die junge Wally mitgebracht hat) nicht viel. Eine obskure Verwechslungsmaskerade stellt sich nur als Märchen heraus und der Sultan kann am Ende seine Leila heiraten.
Aber diese Musik! Eine Melodie zündet mehr als die andere, grandiose Duette und Ensembles, dazu Strauß-Walzer als Grundlage für temporeiche und wunderbare Balletteinlagen. Besonders gelungen: die Europareise mit Dudelsack und Frühlingsstimmenwalzer. Die Inszenierung Christa Ertls, die ja vom Ballett kommt, verzichtet auf alle Mätzchen und verlässt sich auf die Kraft der Musik, manchmal gefährlich in der Nähe von reinem Stehtheater. Manfred Wabas konservatives Bühnenbild und die Kostüme Gerlinde Brendingers, die doch allzu sehr in den orientalischen Klischees verhaftet blieben, bilden das solide Gerüst, die Tanz-Choreographie von Michael Kropf das Zuckerhäubchen für diesen Abend.
Das größte Lob gibt es für die musikalische Leitung durch Franz Josef Breznik, der mit dem hochmotivierten Stadttheater-Orchester die richtige Sprache für Johann Strauß fand und auch alle Ensembles perfekt einstudierte. Katja Reichert fühlte sich als Fellachen-Mädchen Leila auch bei den allerhöchsten Tönen wohl, zarte piano-Stellen berührten nicht nur ihren Geliebten, sondern auch die Besucher. Der bewährte Tenor Matjaz Stopinšek ging da schon handfester zur Sache, aber seine Bühnenpräsenz war unbestritten. Andreas Sauerzapf (Sekretär Edin) und Katrin Fuchs (Wally) wirbelten durch die Handlung, auch Josef Forstners Magier konnte trotz Libretto-bedingter Seichtheit der Texte punkten. Mehr Feuer hätte man sich hingegen von Beppo Binders Haremswächter erwartet, während Ingrid Habermann als überwuzelte Zoraide positiv überraschte.
Dass diese Premiere nicht der ganz große Triumph wurde, war wohl auf das doch grenzwertige Buch zurückzuführen, wer aber nicht nur beim Neujahrskonzert sich an den wienerischen Melodien mit orientalischen Variationen erfreuen möchte, der ist im Stadttheater Baden bestens aufgehoben.
Ernst Kopica
Bilder-Copyright: Christian Husar/Stadttheater Baden