In dieser Spielzeit erweitert die Oper am Rhein ihren Spielplan um die konzertante Aufführung der Bellini-Oper I Capuleti e i Montecchi, in der sich der italienische Komponist mit der Familienfehde der Capulets und der Montagues beschäftigt. Hierbei konzentrieren sich Vincenzo Bellini und der Librettist Felice Romani in einer dramatischen Schilderung auf die letzten 24 Stunden im Leben von Romeo und Julia, die in dieser Oper im Gegensatz zum bekannten Shakespeare-Drama nicht ihre Liebe entdecken, sondern bereits ein gefestigtes Paar sind. Dennoch sorgen auch hier eine Reihe von Missverständnissen zum Tode der beiden Protagonisten und auch darüber hinaus wird die Geschichte weitestgehend wie bekannt erzählt. Nach erfolgreichen Vorstellungen in Düsseldorf fand am Sonntag, den 28. April auch die Premiere im Duisburger Theater statt. Und diese begann durchaus kurios. Nachdem die Duisburger Philharmoniker in großer Besetzung auf der um den Orchestergraben erweiterten Bühnenfläche Platz genommen hatten, passierte erst mal gar nichts, bevor Generalintendant Prof. Christoph Meyer die Bühne betrat, um die kuriose Ansage zu machen, dass man den Dirigenten leider gerade nicht finden kann. Eine auch für ihn laut eigener Aussage gänzlich neue Durchsage und eine Situation, die man in dieser Art wohl wirklich so gut wie nie erleben dürfte. Nach großer Suche vieler Mitarbeiter hinter den Kulissen konnte die Vorstellung dann mit 30 Minuten Verspätung doch beginnen, nachdem die anwesenden Zuschauer noch kurz über den Grund der Abwesenheit informiert wurden, der allerdings aus Gründen der Privatsphäre an dieser Stelle auch nicht weiter auszuführen ist.
Orchester, Dirigent und die fünf Solisten des Abends waren auf jeden Fall um 19 Uhr soweit versammelt und erfreuten das leider nicht so zahlreich anwesende Publikum in den folgenden rund 2 ¾ Stunden mit einem musikalisch starken Abend. Wie bereits bei den Aufführungen in Düsseldorf sind auch in Duisburg Adela Zaharia als Giulietta und Maria Kataeva in der Hosenrolle des Romeo zu erleben, zwei langjährige Ensemblemitglieder der Rheinoper. Hervorragend wie sich Sopran und Mezzosopran hier ergänzen und ein wahres Belcanto-Feuerwerk abfeuern. In den drei Männerrollen können Andrei Danilov als Tebaldo, Thorsten Grümbel als Julias Vater Capellio und der junge litauische Bassbariton Žilvinas Miškinis als Lorenzo ebenfalls überzeugen. Die fünf Sängerinnen und Sänger sorgen zudem durch kleine szenische Andeutungen dafür, dass man eine Inszenierung an diesem Abend nicht vermisst. Zumal die Rolle der Julia wahrscheinlich in der heutigen Zeit auch schwierig zu inszenieren wäre. Der Begriff „naives Dummerchen“ kommt einem im Verlaufe des Abends immer wieder in den Kopf, wenn Julia die Pläne Romeos zur gemeinsamen Flucht immer wieder ablehnt. Zwar berichtet sie immer wieder von ihrer großen Liebe zu Romeo, stellt aber die Pflicht und die Familie dann doch über diese Liebe, auch wenn sie dabei selbst zerbricht.
Die Duisburger Philharmoniker sind wie erwähnt und bei konzertanten Aufführungen üblich auf der Bühne platziert und werden von David Crescenzi souverän durch den Abend geleitet. Auch der Herrenchor der Deutschen Oper am Rhein unter der Leitung von Patrick Francis Chestnut hat an diesem Abend viel zu tun, in dem er die Rollen der Capuleti, Montecchi, Soldaten und Knappen verkörpert. Insgesamt ist I Capuleti e i Montecchi ein wenig gespieltes Meisterwerk des Belcanto welches vor allem durch eine ausgefeilte Harmonik besticht. Durch die konzertante Darbietung kann man sich als Zuschauer ganz der Musik hingeben und dem „schönen Gesang“ lauschen, auch wenn es schade war, dass die Übertitel nach der Pause komplett ausgefallen sind. Die Geschichte ist zwar bekannt, aber irgendwie hätte man doch gerne gewusst, was genau Adela Zaharia und Maria Kataeva in ihren wunderbaren Arien und Duetten genau zu sagen hatte. So bleibt ein musikalisch sehr starker Opernabend, der in seiner konzertanten Version durchaus eine Bereicherung des Spielplans darstellt. Zu sehen ist dieses Werk allerdings nur noch einmal am 05. Mai 2024 in Duisburg. Für die kommende Spielzeit ist aber mit Bellinis Beatrice di Tenda bereits eine Fortsetzung der konzertanten Reihe selten gespielter Opern angekündigt.
Markus Lamers, 30. April 2024
I Capuleti e i Montecchi
Oper von Vincenzo Bellini
Theater Duisburg
Übernahme-Premiere: 28. April 2024
Musikalische Leitung: David Crescenzi
Duisburger Philharmoniker
Weitere Aufführung: 5. Mai 2024 – 15.00 Uhr