Unsere Wiener Kritikerin schreibt noch sehr nett „Pech gehabt. Keine gelungene Umsetzung einer Barockoper für ein zeitgenössisches Publikum“. Wenn ich das lese komme ich aber zum Schluss: Mitnichten!
Natürlich gibt es Opernbesucher, die sowas für eine tolle Inszenierung halten, unter anderem Klientel, die sich auf Toiletten wohlfühlt und dort das kulturelle Zentrum des Lebens sieht. Mal wieder ein „gelungener“ Beitrag zum modernen Regietheater „Bravo“ – „Bockmist“ könnte man auch sagen, wenn das etwas abgegriffen ordinäre „verquirlte Sch…“ vermeiden möchte. Im Sinn hätte ich es trotzdem 😉
„Ein Waschraum, der frontal drei Toiletten zeigt, voll bestückt – die Spülung funktioniert auch – das olfaktorische Element wird dankenswerterweise ausgespart“ Vielleicht sollten wir auch noch einen Stern verleihen für diese Oscar-reife realistische Bühnenbild-Ausstattung „diese Dekoration wird wahrlich benützt. Da sieht man also den Herren zu, wie sie mit heruntergelassener Hose auf dem Klo sitzen (und singen), man erlebt, wie sie pinkeln und onanieren. Heute dankenswerterweise mit dem Rücken zum Publikum.“ schreibt Dr. Renate Wagner weiter.
Das ist doch nett und unterhaltsam. Wird aber wiederum andere enttäuschen, denke ich. Das Gute: Immerhin kommen anscheinend weder Nazis noch Priester vor.
„Es gibt auch Handarbeit zu begutachten, wenn etwa Amor mit flinken Bewegungen einem lüsternen jungen Mann einen herunterholt. Und weil sich so viel unter Männern abspielt und die Mädels ja auch nicht zu kurz kommen sollen, wird am Ende des 1. Aktes zur Pause noch eine Art lesbisches Bordell, ganz in Rosa, geboten, wo es offenbar die Putzfrauen mit den Schülerinnen treiben dürfen. Bevor es da richtig zur Sache geht, fällt allerdings – sicher zum Bedauern der Herren im Publikum – der Vorhang.“
Unter dem Aspekt der Aufklärung Unbedarfter könnte man das so sehen, allerdings hat es mit dem Werk, welches auf dem Spielplan steht, also mit der ursprünglichen schönen Oper, so viel zu tun, wie die sprichwörtliche Kuh mit dem Segelfliegen, und es wirkt irgendwie alles déja vue, vor allem für mich als Kritiker. Was ursprünglich in der Kammeroper als „antiker Scherz um die Erotik von Da Ponte“ angedacht war, geriert hier zur spätpubertären Fäkalerotik. Was der Regisseur goutiert, soll auch das Publikum genießen. Und natürlich wollen wir die Jugend ansprechen und ins Opernhaus bringen. Nichts ist wichtiger.
Heh, was geht ab Baby? Heute: Schule!
Offenbar ist der spanische Regisseur Rafael R. Villalobos der Ansicht, dass sich dort ohnehin alles Sexuelle im Leben abspielt. Da geriert natürlich dann der Gesang zu blanker Sinnlosigkeit. Diana ist nun die Domina-Schulmeisterin, welche die feuchten Träume der Pennäler (?) erfüllt und ihnen mal ordentlich den (doch hoffentlich nackten!?) Popo versohlt. Versteht sich, dass natürlich bei so einer Sichtweise auch die Nymphen mal wieder zu Putzfrauen degradiert werden. Was für ein Frauenbild… Das ärgert ernsthaft. Mich zumindest. Hallo Genderfrauen aufgepasst!
Der Baum der Diana besteht aus Lametta und Luftballonen. Ja, tataaah tataaah, wir sind wohl im Karneval, wie es scheint. Witzig, witzig. Das Premierenpublikum schien von dem Soft-Porno-Kappes mit Toiletten-Hautgout schlichtweg begeistert. Das verstört, wenn man das hört bzw. liest. Oder ist speziell das Premierenpublikum eine andere Klientel? Habe ich immer wieder erlebt in den letzten 40 Jahren zunehmend.
Fazit: Ein Elend. Diese Produktion sollte Ihnen, vor allem wenn sie in Wien und Umgebung leben, wirklich schnuppe sein, gehen Sie lieber nett essen. Es gibt doch in Wien so bezaubernde Lokalitäten, die man dann mit schönen Erinnerungen an den Abend verlässt.
Peter Bilsing (HRG?)