Essen: Philharmonia Orchestra London & Esa-Pekka Salonen

MAHLER 9.

Göttlich – Auf den Gipfeln der orchestraler Perfektion

Schade, daß dieser Weltklasse-Abend (der wievielte eigentlich in Essen?) terminlich im Schatten des Tags der Deutschen Einheit stand, denn an solchen Tagen pflegt auch der kultivierte deutsche Klassikfan seinen freitäglichen Brückentag zu nehmen und zu verreisen. So steht man dann frustriert im Stau – der WDR meldete allein im Kohlenpott 200 Km – und hätte doch so lebens- und seelenerhellend noch ein Traumkonzert mitnehmen können.

Ergo blieben die oberen Ränge leer und auch unten im Parkett gab es diverse Lücken. Schade – waren doch auch die Preise dank Förderung durch die Sparkasse (zwischen 20 und 70 Euro) sehr fair. In den Metropolen der edlen Klassikgenießer, und derer, die sich dazu zählen, wird man für so ein Event mindestens das Dreifache, wenn nicht mehr, los. Die Ruhrmetropole Essen ist halt doch unsere geheime Weltstadt – Sie und ich wissen dies. Aber bitte nicht weitersagen… 😉

Esa-Pekka Salonen bietet mit seinem Philharmonia Orchestra – einen der besten Mahler Orchester dieses Erdenrundes – erneut* Maßstäbesetzendes. Und wenn das Werk ausklingt befindet sich das Publikum nicht nur nachvollziehbar zwischen Schmerz und Verklärung, sondern ist förmlich erschüttert. Man ist den Tränen nahe und dankbar, daß Salonen nach den letzten gehauchten Noten eine denkwürdige (vielleicht dachte auch mancher an den wunderbaren Tag der Deutschen Wiedervereinigung als 2019 die Mauer fiel) fast 20 sekündiges Pause einlegte, bevor der Jubel langsam eskalierte. Da waren Kritiker und Publikum in enthusiastischen Beifall vereint und dankbar für einen Abend, den man noch lange in sich tragen wird.

Was soll man noch sagen? Da ist nicht nur der Opernkritiker sprachlos, sondern man freut sich unendlich in einer Rezension mal nichts auch nur annähernd Kritisierungswürdige gefunden zu haben.

Die Musik ging von der ersten bis zur letzten Sekunde unter die Haut und auch die subkutane Ebene des eben nicht nur Schönklanges – das Werk gilt ja als revolutionärer Sprung ins 20. Jahrhundert – war erlebbar.

Nicht alle großen Komponisten haben diesen Mahler verstanden und können ihn dirigieren. Esa-Pekka Salonen gehört für mich auf diesem Sektor zu den wahren Nachfolgern Bruno Walters und Leonard Bernsteins.

Musik zum Sterben schön und authentisch…

Peter Bilsing 3.10.2019

Bilder folgen

*Das Philharmonia Orchestra war zuletzt im April 2018, unter selbiger Leitung mit Mahlers 1. Sinfonie, Gast in der Essener Philharmonie.

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