Steingraeber, Kammermusiksaal, 16.8.2022
Sie kommen aus Belgrad und spielen wie die Verrückten – aber auf höchstem Niveau. Sie steigen ein mit einem pfiffig dahinsausenden Mozart, seiner D-Dur-Sonate KV 448, und sie treiben Schuberts tieftraurig anhebende f-Moll-Sonate in den Strophen in dramatische Höhen, von denen der Mann am Biedermeierflügel nur träumen konnte. Mit einem Werk ihres zeitgenössischen Landsmanns Momčilo Perović, born in 1993, Euphoria, zeigen sie uns, wie die Moderne und die ungeheure Lust an Rhythmus, Energie und mitreißenden Schwung in mehreren Händen vereinigt werden können. Das Klavierduo VooDoo (!) zielt auf die Extase, aber sie wird durch eine schier atemberaubende Fingerfertigkeit zugleich transzendiert und in die Zuhörer hineingetrieben: Ravels La Valse ist ein Danse macabre, dem die Brillanz das letzte, überaus virtuose I-Tüpfelchen aufsetzt. Noch die beiden Zugaben sind Höllenritte, deren Exaktheit zuletzt verblüfft. Witold Lutosławskis Paganini-Variationen klingen so, als hätten die beiden jungen Herren am Klavier noch Lust, etwas noch Gewagteres, manuell Schwierigeres, Exaltierteres in die Tasten zu hauen. Vuk Božilo vić und Dusan Grozdanović, man sollte sich ausnahmsweise die Namen der beiden Pianisten merken, die daherkommen, als könnten sie kein Wässerchen trüben – und flugs die serbische Seele in die Musik legen, auf dass sie uns dort packt, wo unser Voodoo zuhaus ist. Und die lyrischen Passagen sind einfach nur schön.
Foto: ©Valentin Wohlfarth / Festival Junger Künstler
Frank Piontek, 18.8.2022