Premiere Dessau 27.10.2017, Aufführung im Stadttheater Fürth am 27.01.2018
Turbulent an der Grenze zum Klamauk
Ich habe mich richtig gefreut, nach langer Zeit wieder in das wunderschöne Theater Fürth gehen zu können. Durch eine längere Krankheit, musste ich einige Aufführungen sausen lassen. Doch es hat sich, wie eigentlich immer, wieder gelohnt. Der rührige Intendant Werner Müller hat auch bei der Auswahl seiner musikalischen Angebote ein ausgezeichnetes Händchen und diesmal ist ihm wieder ein Volltreffer gelungen. Das Anhaltische Theater Dessau gastiert mit der komisch-phantastischen Oper von Otto Nicolai „Die lustigen Weiber von Windsor“ und es bringt viel Spaß und Vergnügen nach Fürth.
Die Geschichte ist hinlänglich bekannt. Der verarmte, den Frauen mehr als zugetane Sir John Falstaff, ist von sich so überzeugt, dass er meint, alle Frauen würden ihm zu Füssen liegen und er schreibt gleich zwei gleichlautende Liebesbriefchen an die Freundinnen Frau Fluth und Frau Reich. Als diese dies mitbekommen, beschließen sie dem eitlen, gefräßigen und dem Alkohol nicht abgeneigten Trunkenbold eine Lektion zu erteilen, gleichzeitig aber auch dem überaus eifersüchtigen Ehemann der Frau Fluth. Zum Schein gehen sie auf Falstaffs Werben ein, becircen ihn, lassen ihn in einem Wäschekorb an dem eifersüchtigen Ehemann vorbeitragen und setzen ihm im wahrsten Sinne des Wortes Hörner auf. Am Schluss, nachdem er von allen verspottet am Boden liegt, klären sie ihn auf, in der Hoffnung, dass er sich bessern möge. Daneben läuft noch die Liebesgeschichte der Tochter der Eheleute Reich. Herr Reich hat dem reichen Herrn Spärlich ihre Hand versprochen und Frau Reich tat dies selbe mit Dr. Cajus. Die Tochter Anna aber möchte keinen von beiden, denn sie liebt den armen Fenton – und natürlich kommen sie am Ende auch zusammen. Höllenspuk und Geistertanz sind bei dem Geschehen dabei und erfreuen nicht nur das Gehör der Zuschauer, sondern auch das Auge.
Katherina Göres-Markus Francke-Chor
Unter der kraftvollen und zupackenden Leitung der Griechin Elisa Gogou entfaltet sich die Anhaltische Philharmonie Dessau so richtig. Ohne Fehl und Tadel wird aufgespielt, klangschön, notengenau und leidenschaftlich. So leidenschaftlich wie ihre Dirigentin, die die ganze Oper mitsingt, natürlich stumm und lautlos und nur die Lippen bewegend. Ich sitze genau hinter ihr und kann dies fasziniert beobachten. Sie lebt und atmet mit ihrem Orchester und dieses lässt sich gerne führen, der Blickkontakt ist immer vorhanden, und das ist nicht bei allen Orchestern so. Die frische und zeitlose Musik Nicolais wird von der Anhaltischen Philharmonie vortrefflich dargeboten. Musikalische Geschlossenheit, das Erarbeiten feinster Nuancen, feuernde Leidenschaft, wo sie machbar ist und feine Zurückhaltung, wo sie zum Wohle der Sänger angebracht ist, zeichnet das Orchester aus. Der von Sebastian Kennerknecht geleitete Opernchor des Anhaltischen Theaters Dessau macht seine Sache ebenfalls ausgezeichnet. Chor und Orchester reißen die Zuschauer förmlich mit, hinein in den Höllenstrudel der Irrungen und Verwirrungen.
Schöne, teilweise sehr farbenfrohe Kostüme von Katja Schröpfer erfreuen das Auge, mitunter haben Sir John und Herr Fluth jedoch nur ihr Lebensgewand an (natürlich mit einem Lendenschurz). Hier hat Sir John für mich etwas zu wenig Umfang, man stellt sich halt den Falstaff etwas voluminöser vor. Die Inszenierung von Benjamin Prins ist gelungen, ab und zu wird jedoch etwas zu viel Quatsch auf der Bühne gemacht. Das Fällen eines Baumes mit einer kreischenden Handsäge, Höllenlärm und ähnliches gefällt dem Publikum ausgezeichnet, ich kann dem nur wenig abgewinnen, aber das ist halt – wie vieles – Geschmackssache. Er lässt alles in einem Luxushotel spielen, nun gut, etwas gewöhnungsbedürftig, aber es entsteht hier ein Raum, in dem alles passieren kann.
Der eitle Gockel Sir John Falstaff wird von dem Hamburger Michael Tews rollendeckend verkörpert. Nicht nur stimmlich mit vollem sattem Bassklang weiß er zu überzeugen, auch darstellerisch kann er seine Marken setzen und eine überdurchschnittliche Darstellung auf die Bühne zaubern. Nicht nur seine gewaltige Röhre überzeugt, auch seine schauspielerische Darstellung und Verkörperung des abgehalfterten Lebemanns kann voll beeindrucken.
Frau Fluth wird von der aus Pforzheim stammenden dramatischen Koloratursopranistin Elena Fink verkörpert. Ihr strahlender Sopran, mit klangschönen reinen Spitzentönen beeindruckt, vor allem da bei ihr alles völlig unangestrengt klingt. Auch ihr hübsches äußeres Erscheinungsbild und ihr keckes mehr als rollendeckendes Spiel mit einer großen Portion Charme kann voll überzeugen.
Mit volltönendem rundem stimmschönem Mezzosopran setzt sich Rita Kapfhammer als Frau Reich in Szene und bringt eine sehr gute Leistung auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Die Berlinerin Katherina Göres setzt ihre Marken als Jungfer Anna Reich. Ihr ausdrucksvoller silbriger Sopran, den sie keck und ausdrucksvoll einsetzt, kann ebenso wie ihr frisches Spiel voll überzeugen. Überzeugen wie das Urgestein aus Dessau, Kammersänger Ulf Paulsen als Herr Fluth. Der aus Bremervörde stammende Bassbariton hat wieder eine weitere Rolle gefunden, die ihm auf den Leib geschrieben scheint. Mit langem Atem, durchschlagskräftigen Ausbrüchen, imponierender Stimmgewalt und feinem Spiel kann er wieder einmal voll überzeugen. Es macht richtig Spaß ihm zuzuschauen und zuzuhören. Als Herr Reich weiß der aus Sofia stammende Bariton Kostadin Argirov sich stimmschön in Szene zu setzen. Der arme verliebte Fenton wird von dem in Freiburg im Breisgau geborenen Markus Francke mit hellem, leuchtendem und durchschlagskräftigem Tenor ohne jegliche Probleme verkörpert. Nur wenn er an einem dünnen Seil quer weit oben über die Bühne schwebt, bekommt man etwas Angst um ihn, aber keine Sorge, es geht alles gut und er kann weiter mit seinem hohen klaren und durchschlagskräftigen Tenor beeindrucken.
Als Junger Spärlich gibt David Ameln und als Dr. Cajus Stephan Biener ihre Visitenkarte ab. In ihren nicht allzu großen Rollen wissen sie zu überzeugen, doch auch hier hat man etwas übertrieben und sie müssen ihrem Affen zuweilen etwas zu viel Zucker geben. Man kann Heiterkeit auch leicht übertreiben. Das schränkt jedoch den überaus positiven Eindruck des heutigen Abends in keinster Weise ein. Eine schöne Aufführung, die man sicher auch noch etwas länger im Gedächtnis behalten wird.
Manfred Drescher, 01.02.2018
Fotos (c) Der Opernfreund