Mit der Neuinszenierung der Erstaufführung der überarbeiteten deutschen Fassung des Porter-Musicals hat das Theater Magdeburg einen neuen Renner im Programm! Es hat sich gelohnt, eine der bedeutendsten Choreografinnen und Regisseurinnen der deutschsprachigen Musical-Szene dafür zu engagieren. Melissa King brachte mit vielen tollen Ideen noch mehr Pep in den schon allein quirligen Plot der Story. Wie hier die unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten und Charaktere durcheinander gewirbelt werden, hat große Klasse. Das Ganze spielt sich auf der Überfahrt eines Luxusdampfers von Amerika nach England ab, wobei Verkleidungen eine große Rolle spielen, da einige Passagiere nicht erkannt werden wollen. Dafür hat Knut Hetzer Schiffsteile entworfen, die sich durch jeweils leichte Drehung der Bühne in verschiedene Szenarien verwandeln ließen; für Frisuren und entsprechende Kleidung zu Beginn der 30er Jahre sorgte Judith Peter. Melissa Kings lebendige, choreographische Personenführung – besonders auch in den großen Finalszenen – rang Bewunderung ab. Und immer blieb natürlich genug Raum für phantastische Tanzeinlagen der Matrosen und/oder Mädchen bis zur rasanten Stepp-Einlage zum Ende des 1. Aktes.
Die musikalische Leitung der Premiere lag bei Pawel Poplawski in besten Händen, der die vorwiegend bandmäßig mit Bläsern besetzte Magdeburgische Philharmonie zu flotten Rhythmen antrieb und den ruhigeren Momenten angemessenen Raum gab. Von den Interpreten ist zuerst Sophie Berner als schillernde Nachtclubsängerin Reno mit satter Musicalstimme und artistischer Biegsamkeit zu nennen, die zwar mit Was für ’nen Kick gibst du mir bei ihrem guten Freund Billy nicht landen kann, aber später ihre heimliche Liebe zum Adel entdeckt. Billy wird von dem Musicalspezialisten Jörn-Felix Alt herrlich differenziert in den unterschiedlichsten Verkleidungen dargestellt – köstlich das Matrosen-Outfit mit zu kurzen Hosenbeinen. Sein sehnsuchtsvolles Lied Dich zu lieben, wäre leicht an die geliebte Hope und beider große Szene So vergnüglich, so verlockend, so verlieblich kamen besonders gut an. Die Sopranistin Elvire Beekhuizen gab als Hope ihren höchst erfolgreichen Einstand im Magdeburger Ensemble; ihr demütiges Schwanken zwischen Pflicht und Neigung kam u.a. mit Vorbei, kleiner Traum, vorbei gut zur Geltung. Ihren Verlobten, Lord Evelyn Oakleigh spielte Benjamin Sommerfeld rollengemäß zunächst steif und emotionslos, um dann nach einem „Weckruf“ durch Reno wie entfesselt loszulegen mit Das Feuer in mir: Für mich war das der Höhepunkt des Abends, eine choreographische Meisterleistung. Den Stützen des Hauses Undine Dreißig und Manfred Wulfert waren die komödiantischen Rollen der armen Witwe Harcourt (Hopes Mutter) und des stark kurzsichtigen Börsenmaklers Whitny (Billys Chef) anvertraut, die durch gute Gestaltung die Lacher immer auf ihrer Seite hatten.
Der Schauspieler Tom Zahner als Ganove Moonface wusste mit gewitztem Spiel als Pater verkleidet und im komödiantischen Duett mit Reno Freundschaft zu gefallen. Seine Begleitung Erma gab Samantha Turton, die ihren Song Seemann, sei schlau frisch servierte. Mit den Chorsolisten Lei Shi (Spit), Thomas Matz (Dippy), Frank Heinrich (Kapitän), Alejandro Munoz Castillo (Chefsteward), Olli Rasanen (Henry T.Dobson) und Bettina Wenzel (Fred) waren die weiteren kleineren Rollen bestens besetzt.
Der Chor des Magdeburger Theater war von Martin Wagner sicher und klangvoll einstudiert und passte sehr gut in die gesamte flotte und sichere Ensemble-Leistung, zu der natürlich auch das Ballett entscheidend beitrug.
Das Publikum ließ sich vom ersten Ton an von Porters Klängen und schmissigen Rhythmen mitreißen; entsprechend brach zum Schluss zu Recht lang anhaltender Applaus mit Ovationen für alle Beteiligten aus.
Marion Eckels, 11. November 2024
Anything Goes
Cole Porter
Theater Magdeburg
Premiere am 9. November 2024
Inszenierung: Melissa King
Musikalische Leitung: Pawel Poplawski
Magdeburgische Philharmonie
Weitere Vorstellungen: 11., 14., 31. Dezember und öfter in 2025