Solingen: „Rock of Ages“, Chris D’Arienzo / Ethan Popp

Die „wilden“ 80er-Jahre waren die Geburtsstunde unzähliger Rocksongs, die auch heute noch im Radio immer wieder gerne gespielt werden. 2009 feierte das Musical Rock of Ages von Chris D’Arienzo und Ethan Popp eine umjubelte Broadway-Premiere, der im Jahr 2012 eine ebenso erfolgreiche Verfilmung mit Tom Cruise, Catherine Zeta-Jones und Alex Baldwin folgte. Seit der deutschsprachigen Erstaufführung im Juni 2018 am Theater Ulm erfreut sich das Stück insbesondere bei sommerlichen Open-Air-Produktionen einer wachsenden Beliebtheit. Aktuell schickt ShowSlot in Zusammenarbeit mit Manfred Hertlein allerdings eine Tour durch Deutschland und Österreich, die am vergangenen Donnerstag und Freitag im Theater und Konzerthaus Solingen zu sehen war. Vorab kurz zum Inhalt des Stückes, der in wenigen Worten zusammengefasst werden kann. Wir befinden uns in Los Angeles zirka Mitte der 80er-Jahre. Lonny Barnett arbeitet im legendären Rock-Club „Bourbon-Room“ als rechte Hand von Barbesitzer Dennis Dupree. Von hier aus nimmt er das Publikum als Erzähler der Geschichte mit auf eine Reise über den brodelnden Sunset Strip der Stadt. Doch der schweizerische Bauunternehmer Hertz Kleinmann will just an dieser Stelle ein modernes Shoppingcenter errichten und überzeugt den Bürgermeister hiervon mit vielleicht nicht ganz legalen Mitteln. Um die Bar zu retten, müssen Einnahmen her. Hierbei soll ein Konzert des Superstars Stacee Jaxx mit seiner Band Arsenal helfen, der Dupree noch einen Gefallen schuldet. Gleichzeitig suchen der junge Drew Boley und die vom Lande stammende Sherrie Christian in Los Angeles ihr Glück als Sänger bzw. Schauspielerin und finden dabei natürlich trotz aller Widerstände die gegenseitige große Liebe. Diese darf nämlich in keinem guten Musical fehlen, wie uns Lonny aus dem Buch „Musicals für Dummies“ zum Besten gibt. Wobei wir auch schon beim besonderen Humor der Produktion wären, denn das Stück nimmt sich immer wieder selbst leicht auf den Arm, insbesondere dann, wenn Lonny aus der Rolle fällt und mit dem Publikum interagiert, dies gelingt Timothy Roller sehr charmant in der besuchten Vorstellung.

© Nico Moser

Doch auch die Szenen mit dem Bauunternehmer Kleinmann samt seinem Sohn Franz haben einen ganz eigenen Charme, wenn Benjamin Hausschild als Vater und Martijn Noort als Sohn immer wieder mit nettem schweizerdeutschem Dialekt reden. Im Original stammten die Bauunternehmer wohl aus Deutschland und man hat mit einem deutsch-englischen Slang gespielt, für die gelungene deutsche Übersetzung von Holger Hauer musste dies allerdings angepasst werden, da die Texte in deutscher Sprache sind, die unzähligen Hits aber im englischen Original verbleiben. Ob nun „The Final Countdown“, „Dead or Alive“, „I wanna rock“, „We build this city“, „We´re not gonna take it“, „Waiting for a girl like you“, „More than words“, „Hit me with your best shot“ oder „I want to know what love is“, Rock of Ages kann mit unzähligen großen Klassikern aufwarten. Doch das Stück ist viel mehr als ein weiteres Best-Of-Jukebox-Musical, denn Ethan Popp ist es gelungen die Songs teilweise geschickt neu zu arrangieren und ineinander überfließen zu lassen, so dass es einfach Freude macht. Dargeboten werden die Songs wunderbar von der 5köpfigen Rockband unter der musikalischen Leitung von Pascal Kierdorf, was für dieses Musical eine absolut ausreichende Größe ist. Mit großen Starallüren versehen, verkörpert Sascha Lien den alternden Rocksänger Stacee Jaxx und überzeugt hierbei mit seiner großen Rockstimme. Nette Randnotiz, bereits bei der erwähnten deutschsprachigen Erstaufführung in Ulm spiele Sascha Lien mit, dort allerdings seinerzeit in der Rolle des Drew Boley. Mit besonderer Spielfreude ist auch Marina Petkov als Stadtplanerin Regina Kotz dabei, die durch ihren Protest gegen das geplante Shoppingcenter ihre alte Leidenschaft für den Rock’n’Roll neu entfacht. In den weiteren Hauptrollen überzeugen Felix Freund als Drew, Julia Taschler als Sherrie, Marc Chardon als Dennis Dupree und Amanda Whitford als Nachtclubbesitzerin Justice Charlier.

© Nico Moser

Auch wenn Rock of Ages hin und wieder etwas aus der Zeit gefallen wirkt, insbesondere bei der klischeehaften Darstellung der weiblichen Rollen, so gehört dies doch auch zur DNA der Geschichte und selbst hinsichtlich der aktuell geführten Rammstein-Diskussionen muss man hier wohl den Gesamtkontext des Musicals im Blick behalten. Insgesamt kann das Musical gut unterhalten, welches zudem von Alex Balga recht schwungvoll inszeniert wurde. Auch die Choreografien von Natalie Holtom und das Kostümdesign von Mara Lena Schönborn wissen optisch zu gefallen. Für das Bühnenbild wählte Sam Madwar ein tourtaugliches Gebilde, welches vor allem den „Bourbon Room“ abbildet und alle anderen Räumlichkeiten durch nette Kleinigkeiten angedeutet werden. Absolut gelungen und besonders erwähnenswert ist das Lichtdesign von Michael Grundner. Wenn die Metallkonstruktion oberhalb der Bühne immer wieder verschieden beleuchtet erstrahlt, sieht dies toll aus und rundet den positiven Gesamteindruck dieser Tourproduktion passend ab.

© Nico Moser

Zu sehen ist diese Produktion in den kommenden Tagen nur noch in Erfurt, Frankfurt, Linz und Wien, da die meisten Termine der Tour bereits erfolgreich absolviert wurden. Für das Theater und Konzerthaus Solingen endet mit der besuchten Vorstellung auch das „Broadway Fieber Solingen“ für die Spielzeit 2022/23, doch das Programm für die Spielzeit 2023/24 ist passend hierzu vor wenigen Tagen erschienen. Und auch hier darf sich das Publikum auf einige besondere Musical-Perlen wie z. B. Sondheims Das Lächeln eine Sommernacht freuen. Aber auch die große Oper wird hier in Form von Don Giovanni, Turandot oder Der Barbier von Sevilla erklingen. Ein Blick in den erneut sehr gelungen zusammengestellten Spielplan sei an dieser Stelle ausdrücklich empfohlen, abrufbar ist dieser auf der Homepage des Theaters (https://theater-solingen.de).

Markus Lamers, 11. Juni 2023


Rock Of Ages

Musical von Chris D’Arienzo und Ethan Popp

Tourneeproduktion von ShowSlot und Manfred Hertlein

Besuchte Vorstellung: 9. Juni 2023

im Theater und Konzerthaus Solingen

Inszenierung: Alex Balga

Musikalische Leitung: Pascal Kierdorf

TRAILER