am 21.12.2016
Csardasfürstin nach original Wiener Art
Beim Hit der Emmerich-Kalman-Operette „Joi, Mamam, Bruderherz ich kauf mir die Welt“ geriet das Publikum der Wiener Volksoper vollends aus dem Häuschen. Jubel, Trubel und insgesamt 4 Encore’s. Da wage es noch einer zu behaupten, die gute alte Operette sei tot! Allerdings braucht man die richtige Besetzung und den idealen Dirigenten. Mit dem über 80jährigen Rudolf Bibl hat das Haus am Währinger Gürtel einen solchen Typus „Pult-Magier“ anzubieten. Schwungvoller geht’s nicht, die Sänger laufen zur Bestform auf und auch die Prosa-Teile „sitzen“!
Den Abend tragen drei Künstler : die Wienerin Ursula Pfitzner in der Titelrolle sowie Michael Havlicek als Original Wiener Charmeur Boni sowie Kurt Schreibmayer als hinreißender Feri Bacsi. Der geborene Kärntner und Wahl-Steirer gehört bald 4 Jahrzehnte zum Ensemble der Volksoper , die Stimme hat bereits eine gewisse Patina, die Zeiten von Lady Macbeth von Minsk oder Froh sind lange vorüber. Aber als Freund von Edwin – den Szabolcs Brickner höhensicher aber zu bieder verkörpert – wird er zum Motor einer Aufführung, die an alte „goldene“ Zeiten erinnert. Er spielt und tanzt voll Inbrunst und Hingabe – wunderbar! Auch Ursula Pfitzner, die mit Andrea Rost in der Titelpartie alterniert, ist vom Scheitel bis zur Sohle auf Emmerich Kalman eingestellt.
Als attraktive Frau, die mit dramatischen Spitzentönen nicht geizt, hat die gebürtige Wienerin das gewisse Flair, das für die Sylva Varescu nötig ist.Eine echte Operetten-Diva! Dritter im Bunde ist der junge Michael Havlicek – ebenfalls Marke „echter Wiener“. Er ist der klassische Charmeur, der mit einem edlen eher lyrischen Bariton aufwarten kann. Er könnte bei „Dancings Stars“ mitwirken. Seine Prosa ist geradezu „artistisch“ und der Ohrwurm „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“ zündet.
Ausgezeichnet präsentiert sich die bildhübsche Wienerin Mara Mastalir als Komtesse Stasi. Jung, blond und reizend! Sie klingt wie sie aussieht-herrlich! Ja da gibt es noch ein „Traum-Paar“: Peter Matic und Maria Happel als stammbaumgeplagte Fürsten von Lippert-Weylersheim sind unübertrefflich in ihrer Skurrilität und Wort-Präzision.
Die Inszenierung ist gediegen und stammt von Robert Herzl (Ausstattung Pantelis Desyllas) – sie wurde schon 310 Mal in dieser Form gegeben.. Bleiben zuletzt nochmals Chor und Orchester der Wiener Volksoper zu loben, die von Rudolf Bibl zu Höchstleistungen angeregt werden. Außerdem Karl Michael Ebner als eifersüchtiger Rohnsdorff und Boris Eder als etwas schmieriger Nachtclub-Manager.
Die Csardasfürstin erlebte im Spätherbst 1915 ihre Uraufführung in Wien – so mancher hoffte damals noch auf einen kurzen (Welt-)Krieg. Aber die Stimmung entsprach wohl dem, was Leo Stein und Emmerich Kalman auf den Punkt brachten:„Joi, Maman, Bruderherz, ich kauf mir die Welt, Joi Maman Bruderherz, was liegt mir am lumpigen Geld? Weißt Du, wie lange noch der Globus sich dreht, ob es morgen nicht schon zu spät! Zuvor sollten Sie sich aber noch die „Csardasfürstin“ in der Volksoper anschauen!
Peter Dusek 28.12.15
Besonderer Dank an MERKER-online (Wien)
Fotos (c) Volksoper