Premiere: 11.Mai 2019,, besucht wurde die Vorstellung vom 7. Juni 2019
Dass eine Ballett-Aufführung so erfolgreich ist, dass man Sondervorstellungen einschiebt, passiert nicht alle Tage. Die Volksoper hat mit dem Staatsballett nun den Hit für Kinder und Erwachsene gelandet: „Peter Pan“, ein Stück, das man leicht aufführen kann, weil es bunte, lustige Handlungselemente hat – und vor allem: Weil man es kennt.
Ob als Disney-Bilderbuch für die Kleinsten, ob der Spielberg-Film (mit Dustin Hoffman als Captain Hook) noch in Erinnerung ist, ob man in das Original des schottischen Dichters J.M.Barrie hinein geschaut hat: Man kann die Geschichte von Peter Pan, der in das Leben von Wendy und ihren Brüdern einbricht und sie auf eine abenteuerliche Reise mitnimmt, voraussetzen.
Ein klassisches Ballett dazu gibt es nicht – macht nichts, das bastelt man halt selbst eines. Choreographin Vesna Orlic hat zusammen mit Gerald C. Stocker in der großen Kiste der Filmmusik gewühlt, bei Korngold (ja, auch der schrieb Filmmusik) und anderen großen Namen, von Max Steiner bis Franz Waxman, von Miklós Rózsa bis Guido Mancusi und vielen mehr, da findet sich zu jeder Stimmung, die man braucht, das richtige Stück. Die Volksoper huldigt diesem Anteil des Films, indem sie gleich zu Beginn einen Vorspann laufen lässt, als wäre man wirklich im Kino…
Dann muss man gar nicht mehr so wahnsinnig viel an Ausstattung bieten, Alexandra Burgstaller belässt es beim nötigsten, um von der Londoner Wohnung auf die Insel zu gelangen, die Kunststücke kommen per Video (Andreas Ivancsics), wie es heute üblich ist. Den Rest machen die Tänzer, macht die Choreographin.
Das geht vor allem zu Beginn hoch temperamentvoll von Statten, im zweiten Teil (der länger ist als der erste, was nie gut ist) hat man zwar Komisches von Captain Hook, ein wunderschönes Pas de Deux von Peter Pan und Tinkerbell und die temperamentvollen Indianer-Szenen, aber die Sache könnte doch gut eine halbe Stunde kürzer sein. Trotzdem – die Mischung aus Klassik, Modern Dance und Musical-Temperament überzeugt. Und die Tänzer tun es auch.
Vor allem der Titelheld, der Japaner Keisuke Nejime, ist ideal, jung und frech, wild in den Sprüngen und geschmeidig in der Lyrik, raumbeherrschend, sobald er auftritt. Er strahlt die Lust an der Figur geradezu aus. So muss dieser jugendliche Held aus einer anderen Welt wirken – auf Wendy (Marie-Sarah Drugowitsch, die an diesem Abend ihr Rollendebut gab) und auf ihre Brüder. In Robert Weithashat er übrigens einen drolligen Schatten, durchaus mit Eigenleben…
Husch, ab auf die Insel, und der Komiker tritt auf: Captain Hook, diesmal gar nicht bedrohlich, sondern in Gestalt von László Benedek ein echter, affektierter Exzentriker, der auch den „sterbenden Schwan“ flattert, wenn ihm danach ist. An seiner Seite fast zu outriert Patrik Hullman als Mr. Smee, sein Adlatus, aber die Kinder lachen natürlich sehr. Übrigens auch über das Krokodil, das weniger schaurig als lustig ist.
Als Tinker Bell mit der frechen Frisur gab Dominika Kovacs-Galavics an diesem Abend ihr Rollendebut und war in ihrer Aufmüpfigkeit einfach bezaubernd. Ungemein sexy kam die „indianische“ Tigerlily (Rollendebut von Olivia Poropat) des Wegs. Auf der Höhe ihrer Aufgaben auch alle anderen, zur deftigen, laut aufrauschenden Musikbegleitung unter der Leitung von Wolfram-Maria Märtig. Und das Publikum, bunt gemischt, viele Kinder, viele Erwachsene und erfreulich viele „junge Erwachsene“, ging lebhaft mit.
Renate Wagner 8.6.2019
Bilder (c) Volksoper