Fürth: „Die Hochzeit des Figaro“

Aufführung im Stadttheater Fürth am 02. Juli 2017

Das Landestheater Coburg trumpft in Fürth so richtig auf

Ich habe schon öfter erwähnt, dass ich leidenschaftlich gerne einen Abstecher in das wunderschöne Stadttheater Fürth mache. Nicht nur das Ambiente ist bezaubernd, auch das feine Händchen, oder soll ich gute Nase sagen, des umtriebigen und mit seinem Hause leidenschaftlich verbundenen Intendanten Werner Müller. Er hat eines der letzten Stücke des scheidenden Intendanten von Coburg hierher geholt und gleichzeitig das Opernregiedebut der erfolgreichen, aus Innsbruck stammenden Schauspielregisseurin Susanne Lietzow dem aufgeschlossenen Fürther Opernpublikum präsentiert. Sie feiert damit einen bemerkenswerten und umjubelnden Einstand auf der Opernbühne. Natürlich ist ihr der Balanceakt zwischen der Musik und den Szenen der Oper eindrucksvoll geglückt. Durch geschickte Lichtprojektionen und Videoausschnitte, die die Seele und Wünsche der Protagonisten wiederspiegeln, bringt sie einen Bereich auf die Bühne, der nicht alltäglich ist und der ob seiner Schlichtheit begeistert. Die Regie von Susanne Lietzow ist sehr intensiv, das Hinabgleiten in die Seelen ihrer Figuren ist beeindruckend. Für die teilweise künstlerischen Videospiele zeichnet Petra Zöpnek verantwortlich und sie tut dies hervorragend. Genauso hervorragend wie das kongeniale Team, welches für die Ausstattung verantwortlich ist. Für die Kostüme ist es Julia Pommer und für Bühne und ebenfalls noch Kostüme Marie-Luise Lichtenthal. Sie alle haben einen hervorragenden Job gemacht, der vom Publikum mit starkem Beifall honoriert wird. Eines kann man auf jeden Fall feststellen, für eine erste Regiearbeit im Bereich der Oper hat Susanne Lietzow eine Reife entwickelt und einen stimmigen Ablauf auf die Bretter, die die Welt bedeuten, gestellt, der für mich ohnegleichen ist. Ein ganz toller Einstieg in die Wunderwelt der Oper.

Julia Da Rio-Felix Rathgeber

Die Handlung, der doch ein bisschen verworrenen Geschichte ist eigentlich relativ einfach erzählt. Im Vordergrund der Oper steht der notorisch fremdgehende Graf Almaviva, der, obwohl er sie selbst abgeschafft hat, auf das Recht der ersten Nacht nicht verzichten will. Diese Nacht möchte er gerne mit Susanne der Kammerzofe seiner Frau, die seinen Diener Figaro heiraten will, verbringen. Seine betrogene Frau, die jedoch selbstbewusst weiß, was er an ihr hat, schmiedet zusammen mit dem Hochzeitspärchen ein Ränkespiel, welches den Grafen am Ende recht alt aussehen lässt. Daneben gibt es noch einen sich für die Frauen verzehrenden jungen Herzensbrecher namens Cherubino, den Pagen des Grafen, der zusätzliche Verwirrung stiftet. Aber die Schlitzohrigkeit Figaros und das sich Wehren der beiden schlauen Frauen lässt am Ende alles gut werden. Und auch der Graf muss einsehen, dass seine Frau für ihn doch die Beste ist.

Die musikalische Leitung an diesem Abend hat der junge Johannes Braun als Gast. Er ist einer der Dirigenten, die sich um die frei werdende Stelle in Coburg bewerben. Und er macht seine Sache recht gut. Er hat das Philharmonische Orchester des Landestheaters Coburg, einem ausgezeichneten Klangkörper, gut im Griff und lässt seinen Mozart strömen und alles mit Wohllaut versehen. Dabei ist er auch sängerdienlich genug, um diese nicht mit Klangwogen zuzudecken, nein, er nimmt Rücksicht und lässt alle zu ihrem Recht kommen. Mozart klingt ausgewogen und fein differenziert in allen seinen Facetten. Eindrucksvoll auch der von Lorenzo Da Rio einstudierte Opernchor des Landestheaters.

Julia Da Rio-Salomon Zulic del Canto-Dirk Mestmacher

Die Solisten des Abends sind bis auf die Bank erstklassig, eine kleine Einschränkung muss ich machen. Der Graf Almaviva wird gesungen vom chilenischen Bariton Salomón Zulic del Canto und mit ihm habe ich paar kleine Probleme. Darstellerisch ohne Fehl und Tadel und immer präsent, vermag er für mich den unwiderstehlichen Herzensbrecher stimmlich nur sehr gebremst auf die Bühne zu bringen. Anders ausgedrückt, sein Graf ist mir etwas zu wenig auftrumpfend, nicht mitreißend genug, stimmlich mitunter fast nicht zu hören. Vielleicht liegt am heutigen Abend eine leichte Indisposition vor, dann hätte man das ansagen können oder aber, er ist wirklich ein etwas zu zurückhaltender und nicht unbedingt mit den auftrumpfensten Tönen versehener Graf.

Die aus Belgrad stammende lyrische Sopranistin Ana Cvetkovic-Stjnic ist seine ihn liebende Gattin. Mit leuchtenden flirrenden Tönen versieht sie ihre Rolle mit großer darstellerischer Präsenz, ausdrucksstark und mit einer beeindruckenden Pianokultur. Ihr Timbre ist tragfähig und sie erklimmt mühelos alle Klippen der Partie. Eine beeindruckende Leistung.

Verena Usemann-Julia Da Rio-Ana Cvetkovic-Stojnic

Julia Da Rio, die in Köln geboren wurde, ist eine äußerst quirlige Susanne, die nicht nur zauberhaft anzusehen ist, sondern auch so spielt. Ihr silbrig beweglicher Sopran kostet jeden Ton aus, sie ist ihrem Figaro eine kongeniale Begleiterin und man kann verstehen, warum der Graf bei ihr gerne auf das Recht er ersten Nacht pochen möchte.

Dieser Figaro wird von dem Bass, oder doch mehr Bassbariton Felix Rathgeber gestaltet. Er ist Dreh- und Angelpunkt auf der Bühne mit einem sicheren, geschmeidigen und ausdrucksstarkem Bassbariton. Seine Stimme ist voll, weich und rund und sehr beweglich und somit jeder Situation in dem mozartischen Ränkespiel jederzeit gewachsen.

Die aus Hamburg stammende Mezzosopranistin Verena Usemann ist der liebestolle Cherubino. Ihr steht die Hosenrolle sehr gut und man merkt richtig, wie viel Spaß sie daran hat und sie bis zum letzten auskostet. Äußerst spielfreudig und mit einer klaren und höhensicheren weichen Stimme ausgestattet, vermag sie nicht nur die angebeteten Damen sondern auch das Publikum zu beeindrucken.

Salomon Zulic del Canto-Freimut Hamman-Ana Cvetkovic-Stojnic-Julia Da Rio-Felix Rathgeber

In den weiteren kleineren Rollen gibt es praktisch keinen Ausfall, und das ist schon einmal eine ganze Menge. Ob es die Marcellina von Gabriele Künzler, der Bartolo von Michael Lion oder die Barbarina von Francesca Paratore ist, sie machen alle sowohl stimmlich als auch darstellerisch eine gute Figur. Das gilt auch für Dirk Mestmacher, der in der Doppelrolle als Don Basilio und als Don Curzio auftritt und punkten kann als auch für Freimut Hammann als Antonio. Viel Applaus von einem Publikum was sich wieder einmal restlos entspannen kann und mit glücklichem Lächeln nach Hause geht. Und genau das ist es, was für mich Oper und Operette ausmacht. Sie sind dafür da, das Publikum zu unterhalten, sie für einige Stunden aus dem Alltagstrott zu holen und sie glücklich zu machen. Und das ist heute wieder einmal aufs Vortrefflichste gelungen.

Manfred Drescher 07.06.2017

Bilder Andrea Kremper, Chemnitz