Tecklenburg: „Artus – Excalibur“

Nachdem sich die Freilichtspiele in den vergangenen Jahren einen hervorragenden Ruf im Bereich großartiger Musicalproduktionen erarbeitet haben und die Stadt Tecklenburg sich seit kurzem auch als einzige offizielle „Festspielstadt“ in Nordrhein-Westfalen präsentieren darf, stand in diesem Jahre als erste große Produktion die Deutschlandpremiere von „ARTUS – Excalibur“ mit der Musik von Frank Wildhorn auf dem Spielplan. Der Mythos um König Artus, die Burg Camelot, das Schwert Excalibur, die Ritter der Tafelrunde oder die Suche nach dem heiligen Gral diente nicht nur als Grundlage in unzähligen Verfilmungen, auch das Musiktheater nahm immer wieder Bezug auf diese Geschichten. Mal etwas ausführlicher wie in Henry Purcells Oper „King Arthur“ oder den beiden Musicals „Camelot“ von Frederick Loewe und Alan Jay Lerner sowie „Spamalot“ der Monthy-Phyton-Gruppe, mal aber auch nur mit Bezug auf einzelne Personen wie zum Beispiel in Richard Wagners „Tristan und Isolde“. Auf Grund der recht bekannten Geschichte, sollen hier auch keine großen Worte zum Inhalt verloren werden, natürlich zieht Artus das Schwert aus dem Stein, natürlich spielt Merlin der Zauberer eine große Rolle und natürlich fehlt auch der Konflikt mit Artus von Hass erfüllter Halbschwester Morgana nicht. All dies verpackt Regisseur Ulrich Wiggers in eine schlüssige und rundum gelungene historisch angelegte Inszenierung um Liebe, Macht, Eifersucht, Hass, Verrat und schlussendlich um die Krone Englands.

Die musikalische Leitung liegt bei dieser Produktion erneut bei Tjaard Kirsch, einem alten Bekannten in Tecklenburg, der das über zwanzigköpfige Orchester bei der besuchten Vorstellung präzise durch den Abend leitete. Da leider im Bereich der Orchestergröße abseits der großen Opernhäuser in letzter Zeit oftmals deutliche Einschnitte vorgenommen wurden, soll an dieser Stelle das Tecklenburger Orchester noch einmal besonders positiv herausgehoben werden. Positiv herausheben sollte man auch die gelungenen Kampfszenen für die sich Klaus Figge verantwortlich zeichnet. Die Choreografie liegt in den Händen von Kati Heidebrecht, ein Unterfangen was auf der wunderbaren aber durchaus auch großen Naturbühne in der Burgruine von Tecklenburg nicht immer einfach ist. In diesem Fall wurde es aber mit Bravour gemeistert. Ein Highlight hierbei sicherlich die große Hochzeitsfeier von Artus und seiner Gemahlin Guinevere, bei der sich die Bühne in einen tanzenden Festsaal verwandelt. Ansonsten überwiegt im Bühnenbild von Susanna Buller die Burgruinie Camelot, die gut mit den vorhanden Bauten auf der Bühne harmoniert. Die teilweise sehr prachtvollen historischen Kostüme stammen von Karin Alberti, bereits seit 1996 leitende Kostümbildnerin für alle Produktionen in Tecklenburg.

Bei der Besetzung greift man Tecklenburg auch in diesem Jahr wieder auf das „Who is Who“ der deutschen Musicalszene zurück, dies aber wie bereits in den Vorjahren immer mit passenden Rollenbesetzungen. So übernimmt Armin Kahl nach seinem Auftritt als Zorro im Vorjahr auch in diesem Jahr die titelgebende Rolle des Artus. Dessen zwischenzeitlich aufkochenden Hassgefühle vermag er sowohl musikalisch wie auch schauspielerisch gekonnt umzusetzen. Auch das Hereinwachsen vom kleinen Mann in die Rolle des Königs und die hierdurch auftretenden Zweifel werden stimmlich gut interpretiert. Die Rolle seiner Geliebten und späteren Ehefrau Guinevere übernimmt Milica Jovanovic, die mit ihrer klaren Stimme den Zuschauer verzaubert. Stichwort „verzaubern“, als Zauberer Merlin versprüht auch Kevin Tarte auf der Freilichtbühne eine enorme Bühnenpräsenz. Für die erkrankte Roberta Valentini übernahm in der besuchten Vorstellung Sabrina Weckerlin die Rolle der Morgana, eine Rolle die sie bereits bei der Welturaufführung des Musicals in St. Gallen im Jahr 2014 eindrucksvoll prägte. Dominik Hees als Ritter Lancelot überzeugt sowohl in den etwas rockigen Liedern wie „Die ruhmreiche Schlacht“ wie auch in den gefühlvollen Passagen wie zum Beispiel bei „Nur Sie allein“. Als hinterhältiger Bösewicht kann Christian Schöne als Loth von Orkney wiedermal zeigen, dass es in diesem Bereich kaum eine passendere Besetzung gibt. Auch der große Chor der Festspiele kommt bei diesem Musical wiederholt zum Einsatz und sorgt für echte Gänsehautmomente. Gleich zu Beginn ist das „Feld der Ehre“ eines der eindrucksvollsten Intros eines Musicals überhaupt und vielleicht kann man sogar sagen, dass Frank Wildhorn mit „ARTUS – Excalibur“ eines seiner besten Werke überhaupt komponiert hat. Ein in sich rundes und stimmiges Stück, bei dem die gewohnt rockigen Nummern genauso wenig fehlen wie die großen Wildhorn-Balladen. Diese sind aber nicht wie bei einer Nummernrevue einfach aneinander gereiht sondern ergeben mit allen anderen Stücken ein harmonisches Gesamtbild. In einem Interview zur Welturaufführung vor gut zwei Jahren, erwähnte Frank Wildhorn einmal, dass er die Musik zu den Kampfszenen komponiert hat, indem er sich große Hollywoodfilme mit historischen Schlachten ansah, den Ton hierbei abdrehte und sich parallel am Klavier eine eigene Begleitung schrieb. Das Ergebnis kann sich sehen und vor allem hören lassen.

Zu sehen ist „ARTUS – Excalibur“ noch bis zum 28. August 2016, als zweite Musicalproduktion feiert in dieser Spielzeit „Saturday Night Fever“ seine Premiere am 22. Juli 2016, ein Stück das erstmals in Deutschland als große Openair-Inszenierung zu sehen ist. Wichtig aber, ein Sitzkissen bei einem geplanten Besuch nicht vergessen.

Markus Lamers, 17.07.2016

Fotos: Freilichtspiele Tecklenburg