Tecklenburg: „Der Graf von Monte Christo“, Frank Wildhorn

Klassisches Abenteuer mit furiosen Fechtszenen

Die Anfänge der Freilichtspiele Tecklenburg gehen auf das Jahr 1911 zurück, regelmäßige Aufführungen gibt es seit 1924. In den ersten Jahrzehnten wurden vor allem Schauspiele und Operetten aufgeführt. Mitte der 90er Jahre erfolgte ein programmatischer Wechsel zum Schwerpunkt Musical. Das hat sich bewährt. Längst haben sich die Freilichtspiele Tecklenburg (übrigens die größte Freilichtbühne in Deutschland) zu einer allerersten Adresse in Sachen Musical gemausert. Das bewiesen sie in den letzten Jahren mit hochrangigen Produktionen und guten Besetzungen. Die Musical-Elite Deutschlands gibt sich hier inzwischen regelmäßig die Ehre. Spektakuläre Aufführungen von z.B. „Les Miserables“, „Crazy For You“, „West Side Story“ oder „Jesus Christ Superstar“ bestätigten den guten Ruf. Und das Ambiente – das reizvolle Tecklenburg mit seinen Gassen und Fachwerkhäusern sowie die stimmungsvolle Burgruine als Spielort – ist einfach zauberhaft.

An der Qualität der Musical-Aufführungen gibt es nichts zu bemängeln. Das gilt auch für die diesjährige Produktion Der Graf von Monte Christo (nach Alexandre Dumas) aus der Feder von Frank Wildhorn..

Aber Wildhorn ist kein Frederick Loewe, Leonard Bernstein oder Cole Porter, nicht einmal ein Lloyd Webber. Die musikalische Decke dieses Musicals ist vergleichsweise dünn, denn der Duktus der vielen Balladen ist immer ähnlich. Gleichwohl gibt es eine paar eindringliche Duette, einen hübschen Walzer und in den dramatischen Szenen durchaus Spannung.

Das ist auch ein Verdienst von Regisseur Marc Clear, der die Geschichte des unschuldig verurteilten Edmond Dantès, seine Flucht und seine rächende Wiederkehr als Graf von Monte Christo temporeich inszeniert hat, wobei die Mischung aus Humor und Pathos gut ausgewogen war. Die Führung der Solisten und auch besonders die des Chors ist vorzüglich gelungen; die breite Bühne und die Galerie im Hintergrund wurden optimal genutzt. Und die Kampf- und Fechtszenen wurden von Doris Marlis furios choreographiert. Auch die Kostüme von Karin Alberti und die Bühnenausstattung von Susanna Buller waren stimmig und boten viel fürs Auge.

Clear führte nicht nur Regie, er sang und spielte auch die Titelpartie mit ausdrucksvoller Stimme und viel Persönlichkeit. Als seine Geliebte Mercédès konnte Anna Theorén auf gleicher Höhe mit kraftvollem, energiegeladenem Gesang mithalten. Die Duette „Niemals allein“ und „Jeder Tag ein kleiner Tod“ waren sehr überzeugend. Das Schurkentrio war mit Carsten Lepper, Frank Winkels und Reinhard Brussmann „finster“ besetzt, wobei Letzterer für seine zusätzliche Rolle als Mitgefangener Abbé Faria zu Recht Sonderbeifall erhielt. Femke Soetenga sorgte als Anführerin der Piraten für Pep, Thomas Hohler und die stimmlich nicht ganz so souveräne Karoline Goebel präsentierten sich als jugendliches Liebespaar.

Mit seiner wie immer sehr engagierten musikalischen Leitung sorgte Tjaard Kirsch für den richtigen Musical-Klang. (26.7.2013)

Wolfgang Denker, 26.07.13
Fotos: Freilichtspiele Tecklenburg