Berlin: „Ariadne auf Naxos“

Trotz Divenabsage ein Erfolg

Doch noch eine Ehrung durch die Deutsche Oper wurde Richard Strauss zu seinem 150 Geburtstag zuteil mit der einmaligen konzertanten Aufführung seiner Oper "Ariadne auf Naxos". Weil immer noch, aber zum Glück im Zeitplan, Renovierungen im Haus der DOB stattfinden, war wieder die Philharmonie Ort des Geschehens, dem man besonders wegen des vorgesehenen Auftritts von Anja Harteros in der Titelpartie entgegen gefiebert hatte. Sie sagte einige Tage vor der Vorstellung wegen Krankheit ab, und als Einspringerin gab Meagan Miller

ihr Berlin-Debüt. Die Sängerin ist in vielen Strausspartien zu Hause, sang die Ariadne bereits in Wien und geht mit ihr mit der Oper Leipzig auf Gastspielreise nach China. An der MET war sie bereits die Kaiserin. Noch in dieser Saison wird sie ihre erste Marschallin in Breslau singen.

Kaum eine Oper braucht so dringend die Szene wie "Ariadne auf Naxos", ohne sie gibt es besonders im Vorspiel unzählige sinnlos erscheinende Auftritte und Abgänge, und in der Oper selbst wirkt es gleichermaßen peinlich, wenn Zerbinetta ihre "Großmächtige Prinzessin" an einen leeren Stuhl richtet, als wenn die Ariadne regungslos und mit unbeweglicher Miene auf ihrem Platz sitzt. Etwas aufzulockern versucht hatte man die Angelegenheit damit, dass die Notenpulte rund um das Orchester herum aufgestellt waren, die Solisten durch vier verschiedene Türen in den Saal kamen. Die beiden Damen versuchten immerhin mit veränderter Frisur und gewechselter Robe etwas Leben in die Optik zu bringen.

Unbestrittener Star des Abends war trotz durchweg sehr guter Leistungen in den Hauptpartien Daniela Sindram
als Komponist mit leuchtenden Mezzofarben schönster Ebenmäßigkeit, mit glühendem Engagement für ihre Partie und so glaubhaftem, wie leicht ironischem Pathos in "Ich habe nichts mit dieser Welt gemein." Ihr stand Markus Brück mit farbenprächtigem Bariton väterlich zur Seite. Auf seinen baldigen Falstaff kann man sich schon jetzt freuen. Wirklich ein Tenor vom tiefsten bis zum höchsten Ton ist Stefan Vinke und damit genau das, was die Partie des Bacchus braucht, für den der Sänger den angemessenen Trompetenklang aufbringen kann. Die seine war eine hochsolide Leistug, auch wenn manche Intention ("Zauberin") nicht ganz so erfolgreich umgesetzt wurde, wie man es sich gewünscht hätte. Dass sie die Rolle auch gern gespielt hätte, merkte man der Zerbinetta von

Susanne Elmark (von den "Soldaten" der KOB in bester Erinnerung) an, die optisch die Erfüllung war und mit nicht nur virtuosen, sondern auch sinnerfüllten Koloraturen und toller Kadenz eine vorzügliche Besetzung war. Mit leichtem Tonnansatz, immer weich bleibender Stimmführung, farbigen Piani und nur in der Extremhöhe mit reichlich viel Vibrato gab Meagan Miller eine gute Ariadne, die aus dem leise fragenden "Gibt es beim Hinüber…." schön ins Crescendo überging.

Auch die mittleren und kleinen Rollen waren gut besetzt. Aus dem Terzett der drei Inselmitbewohnerinnen fiel Ronnita Miller etwas durch zu starken Stimmeinsatz heraus, während Siobhan Stagg eine anmutig singende Najade war und Elena Tsallagova ein bezauberndes Echo gab. Thomas Blondelle war die Luxusbesetzung für den Tanzmeister, Carlton Fords Bariton erchien als etwas zu guttural für Harlekin, Paul Kaufmann (Offizier und Brighella) und Jörg Schörner (Perückenmacher und Scaramuccio) wirkten gleich in zwei Rollen mit, und Tobias Kehrer fiel als Truffaldin durch seine markante Stimme auf. Geradezu verinnerlicht hat der neunzigjährige Franz Mazura, ein "echter" Wiener und mit Plänen auch für 2015, den arroganten Haushofmeister – ohne ihn ist die "Ariadne" in deutschsprachigen Landen nur eine halbe Sache.

Das Orchester der DOB unter Ulf Schirmer wusste ebenso die feinen, kammermusikalischen Strukturen der Partitur offen zu legen wie den glänzend-üppigen Straussklang aufrauschen zu lassen.

15.10.2014 Ingrid Wanja
Christian Steiner / Deutsche Oper Berlin