Frankfurt: Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia

Sir Antonio Pappano (Leitung), Janine Jansen (Violine)

Ludwig van Beethoven
Ouvertüre zum Festspiel „König Stephan“ Es-Dur op. 117

Felix Mendelssohn Bartholdy
Violinkonzert e-Moll op. 64

Robert Schumann
Sinfonie Nr. 1 B-Dur op. 38 „Frühlingssinfonie“

Musikalisches Feuerwerk

Zum wiederholten Male gastierten die Geigerin Janine Jansen und Sir Antonio Pappano in der Alten Oper Frankfurt. Eine besonders glückliche Kombination und ein musikalisches Feuerwerk, wie sich erweisen sollte.

Pappano brachte diesmal sein römisches Elite-Orchester Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia mit, dessen Chef er seit nun mehr 15 Jahren ist.

Zum Auftakt feierte Pappano den diesjährigen Jubilaren Ludwig van Beethoven. 1825 schrieb er die Bühnenmusik zum Festspiel „König Stephan“ zu Eröffnung des damaligen Nationaltheaters in Budapest.

Mit Fanfaren in den Trompeten und viel Brio in den Streichern, wirkt die hier musizierte Ouvertüre deutlich nach „Sturm und Drang". Sogleich konnte das Orchester unter der anfeuernden Leitung seines Dirigenten sehr beeindrucken. Ein satter und doch transparenter Klang in den Streichern, dazu immer wieder markante Holbläsereinwürfe. Sir Antonio Pappano realisierte eine ausgewogende Balance und kontrollierte Dynamik. Ein mitreißender Auftakt für ein besonderes Konzert.

Wie oft mag Janine Jansen das viel geliebte Violinkonzert von Felix Mendelssohn bereits gespielt haben? Jedenfalls war bei ihrem neuerlichen Auftritt keinerlei Routine spürbar.Vielmehr bestach einmal mehr der herrliche Edelklang der von ihr gespielten Stradivari. Genau und sensibel durchmaß Jansen die Melodiebögen. Unablässig musizierte sie in das Orchester hinein und Pappano legte ihr einen formidablen roten musikalischen Teppich vor. Auf dieser Grundlage entstand eine musikalische Symbiose zwischen Solistin und Orchester, wie sie in dieser Form selten anzutreffen ist. Perfekt, das sensible Abphrasieren und das sehr bewusste Timing im Aufbau neuer Melodiebögen. Ein inniger Ruhepol entstand vor allem im ruhig dahin fließenden Mittelsatz. In weiten sensibel ausgeformten Takteinheiten wurde die Ineinanderverschmelzung der Musiker beglückend ausgeformt.

Leichtfüssig, spritzig und dabei ungemein virtuos dann der berühmte tänzerische dritte Satz. Hier perlten die Töne in klarster Phrasierung vollendet. Pappano und Jansen wirkten sehr gut aufeinander eingespielt. Hell wach und immer wieder mit neuen Impulsen aufwartend, überzeugte das Orchester auch hier mit klanglischer Kompetenz und schlanker Tongebung. Ein großer Aufschrei der Begeisterung im Auditorium. Furioser Applaus des Publikums wurde mit einer sensibel vorgetragenen Zugabe von Janine Jansen belohnt.

Im zweiten Teil präsentierte Sir Antonio Pappano mit der ersten Sinfonie von Robert Schumann einen musikalischen Frühlingsgruss. Gerade einmal vier Tage im Januar 1841 benötigte der Komponist, um dieses Meistermerk niederzuschreiben.

Bereits die einleitende Trompetenfanfare wollte Schumann als Weckruf des Frühlings verstanden wissen. Wenige Augenblicke der Ruhe, ehe sodann in einem bewegten Allegro molto vivace die Streicher im regen Dialog mit den Bläsern davon stürmten. Silbrige Farbtupfer steuerte die Triangel bei. Die Musik pulsierte und atmete, immer nach vorne eilend. Welch ein Überschwang des Gefühls!

Eine kurze Atempause lieferte dann das gebremste Larghetto, in welchem die Streicher einen ruhenden Pol grundierten. Bläser und Streicher stimmten darin einen großen Melodiebogen an, der nie zu enden schien.

Rhythmische Brillanz bestimmte das folgende Scherzo, molto vivace. Ruppige, ja schroffe Akzente zeigten, dass hier mitnichten alles heil ist. Und doch stürmte der musikalische Verlauf durch alle Höhen und Tiefen. Ambivalenz kongenial in Töne formuliert.

Der finale Satz Allegro animato e grazioso offenbarte ein überaus farbenfrohes, optimistisches Finale, obgleich dann und wann die tiefen Streicher dieses in Frage stellten. Spannend immer wieder auch einzelne Abschnitte in den Holzbläsern, die an Mendelssohn denken ließen. Und am Ende eine dynamische Dur-getränkte Steigerung, die in ihrem Elan besonders mitreißend geriet.

Das Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia überzeugte mit außergewöhnlich hoher Spielkultur und mitreißender Impulsivität. Alle Instrumentalgruppen zeigten herausragende Leistungen im Solo als auch im klanglichen Kollektiv. Fein das strahlende Zusammenspiel der sauber intonierenden Gruppe der Hörner, kompakt, ohne zu lärmen, das edle Blech. Virtuos und voll tönend die Streicher, kantabel und innig dazu die Holzbläser.

Sir Antonio Pappano war jederzeit die Freude und Unbedingtheit anzumerken, die Musik zu erzählen und maximal emotional zu gestalten. Seine Tempi wirkten niemals fociert, sondern immer aus dem emotionalen Moment heraus empfunden. Dabei wahrte er eine vorzügliche Balance. Auch nach Jahren der gemeinsamen Zusammenarbeit zeigte sich überdeutlich, wie gut das Orchester und Pappano sich verstehen.

Das Publikum in der Alten Oper feierte Pappano und sein Orchester ausgiebig. Und Pappano dankte persönlich mit zwei mitreißenden Zugaben. Zunächst erklang die innig vorgetragene Komposition «Italiana» aus den «Danze Antiche ed Arie» von Ottorino Respighi. Und zum Abschluss servierte das Orchester eine ungemein spritzig dargebotene Ouvertüre zu Mozarts «Le nozze di Figaro». Hier demonstrierte Pappano abschließend eindrücklich, warum er einer der besten Operndirigenten von Weltgeltung ist.

Ein großartartiger, unvergesslicher Konzertabend!

Dirk Schauß, 26. Januar 2020