Frankfurt: Frankfurt Opern- und Museumsorchester

Lorenzo Viotti (Leitung)

Richard Strauss
Ein Heldenleben op. 40

Ludwig van Beethoven
Symphonie No. 3 Es-Dur op. 55 „Eroica“

Musikalische Denkmäler

Im ersten Museumskonzert des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters standen zwei Gipfelwerke der symphonischen Musik im wirkungsvollen Kontrast. Ludwig van Beethovens berühmte „Eroica“ Symphonie traf auf das musikalische Selbstportrait „Ein Heldenleben“ von Richard Strauss. Ein gewaltiger Kraftakt für das Orchester, stilistisch und konditionell äußerst anspruchsvoll.

Bedauerlicherweise wurde die ursprüngliche Programmabfolge geändert, so dass das Konzert mit dem „Heldenleben“ begann. Hintergrund für diese Entscheidung war der programmatische Aspekt, der in diesem Monat in der Alten Oper in zahlreichen Veranstaltungen Beethovens „Eroica“ in den Mittelpunkt stellt.

Eine falsche Entscheidung, die dem Konzert deutliches Wirkungspotential nahm. Gerade dieses musikalische Epos von Richard Strauss, welches ein ganzes Leben durchschreitet, ist ein formidabler Schlusspunkt für ein gelingendes Konzertprogramm. Eine befremdliche Erfahrung also, ein Symphoniekonzert mit einem vorgezogenen Schlusspunkt zu eröffnen.

Am 03. März 1899 führte das Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter Leitung von Richard Strauss erstmals dessen Tondichtung „Ein Heldenleben“ auf. Mit gut fünfzig Minuten Spielzeit zählt diese symphonische Dichtung zu den längsten Musikstücken seiner Gattung. Ursprünglich hinterlegte Strauss für die sechs Abschnitte konkrete programmatische Satzbezeichnungen, die er aber dann wieder entfernte. Leitmotive tragen erheblich zur Orientierung dieser sehr komplexen Partitur bei.

Der einleitende Satz „Der Held“ lässt an Beethovens „Eroica“ denken, zumal Strauss auch hier, wie Beethoven, Es-Dur als Tonart verwendete. Die Lebenslust und der Vorwärtsdrang wurde von Viotti mustergültig erfasst und vom Orchester mit Verve vorgetragen. Ein optimistischer, kraftvoller Held trat da dem Zuhörer entgegen.

Disharmonisch, atonal, lautmalerisch krächzend und quäkend traten dann „Des Helden Widersacher“ in Erscheinung. Ein „Loblied“ also auf die Kritiker, namentlich auf den gefürchteten Eduard Hanslick, der auch bereits bei Richard Wagner einen bleibenden Eindruck hinterließ. Lorenzo Viotti schärfte diese Kontraste, so dass hier in diesem kurzen Satz sehr viel musikalische Illustration zu vernehmen war.

Fast schon ein kleines Violinkonzert ist der dritte Satz „Des Helden Gefährtin“, der dem Konzertmeister reichlich Gelegenheit bot, seine überragende sensible Virtuosität im Verbund mit dem Orchester eindrucksvoll zu demonstrieren. Liebe und pures Glück atmen diese seligen Minuten, die Viotti mit dem kantabel musizierenden Orchester bewegend auszukosten verstand.

In „Des Helden Walstatt“ hat ein Großaufgebot an Schlagzeug und vielfältigen Blechbläsern seinen hörbar lautstarken Auftritt. Musikalische Heerscharen bekämpfen sich lärmend und dröhnend, bis am Ende dieses Satzes der Held sich majestätisch emporschwingt. Erstaunlich dann der fünfte Satz „Des Helden Friedenswerke“, in welchem Richard Strauss eine Vielzahl seiner Werke zitiert, so z.B. „Also sprach Zarathustra“ und vor allem „Don Juan“.

Im beschließenden Satz „Des Helden Weltflucht und Vollendung“ werden die wichtigsten Motive aus der Komposition nochmals zusammengeführt. Kurz ist das Schlachtengetümmel wieder zu vernehmen, bis am Ende in sensiblen Holzbläserfärbungen dann die Solovioline mit dem vollen Orchesterklang in ein großes beschließendes Crescendo aufsteigt.

Dirigent Lorenzo Viotti und das sehr motiviert aufspielende Frankfurter Opern- und Museumsorchester verstanden sich an diesem Abend prächtig. Sehr aufmerksam und reaktionsschnell agierte das Orchester. Herausragend wurden die vielen solistischen Einlagen bestens bewältigt. Neben der fabelhaften Solo-Violine war auch das Solo-Englischhorn im finalen Satz tief berührend dargeboten. Die große Streichergruppe spielte glanzvoll und zugleich wuchtig auf. Ein besonderes Lob geht an die an diesem Abend viel geforderten Blechbläser, die hoch konzentriert und sehr gut aus balanciert agierten. Und auch die Schlagzeuger des Orchesters zeigten ihre spielerische Kompetenz durch ihre rhythmische Präzision und die perfekte dynamische Abstufung.

Lorenzo Viotti zeigte auch als symphonischer Dirigent seine besondere Klasse, die er z.B. bei seinem „Werther“ Dirigat in Frankfurt so eindrücklich bewies. Seine Interpretationen, ob Strauss oder Beethoven, gerieten in ihrer Klarheit und Stringenz überzeugend. Bereits jetzt ist zu erkennen, dass Viotti eigenen Interpretationsansätzen folgt und diese klar einem Orchester vermitteln kann. Im „Heldenleben“ agierte er als Dirigent dabei zurückhaltend und überließ dabei immer dem Orchester den Vortritt. Der hervorragende Klangkörper nutzte diese Freiheit bestens und musizierte tief empfunden aus. Hierzu trugen auch die getragenen Tempi bei, die Viotti wählte. Das Zusammenspiel des Orchesters in dieser schwierigen Partitur geriet mustergültig.

Beethoven komponierte im Jahr 1803 seine Symphonie und widmete diese zunächst Napoleon Bonaparte. Jedoch verwarf er diese Widmung und widmete so dann das Werk „zur Erinnerung an einen großen Mann“. Die Musikwissenschaft vermutet, dass es sich hierbei um Prinz Louis Ferdinand handelte, der am 10. Oktober 1806 verstarb.

Es war spannend zu erleben, wie Lorenzo Viotti, sich diesem symphonischen Giganten näherte. In seiner Interpretation stand das Revolutionäre, das Schroffe und zugleich rhythmisch Prägnante im Vordergrund. Anders als bei Strauss, so wirkte der Dirigent hier wesentlich fordernder und animierender auf sein Orchester ein.

Bereits im einleitenden ersten Satz nahm er die Tempobezeichnung „Allegro con brio“ sehr wörtlich und stürmte mit dem herrlich mitgehenden Orchester nach vorne. Die vielen Dissonanzen in den markanten Orchestertutti-Akkorden wurden deutlich herausgestellt. Dabei fächerte er die Dynamik weit auf, so dass es zu z.T. zu frappierenden Spannungseffekten kam. Im folgenden Trauermarsch betonte er die fahle, bleierne Grundstimmung. Gleichzeitig nahm er sich hinreichend Zeit, Steigerungen aus einer großen Ruhe zu entwickeln und dabei Transparenz zu wahren.

Wie leichtfüssig wirkte dann der dritte Satz, das Scherzo, das geradezu tänzerisch anmutete und den glorios aufspielenden Hörnern reichlich Gelegenheit bot, zu brillieren. Furios dann das hereinstürmende Finale, in welchem Streicher, Holzbläser, Hörner und Pauken um die Wette spielten. Die beschließende Coda mit den wiederum jubilierenden Hörner war in ihrem Überschwang unwiderstehlich.

Lorenzo Viotti hatte das Frankfurter Opern- und Museumsorchester bestens vorbereitet. An allen Pulten wurden Bestleistungen in der musikalischen Ausführung realisiert, so dass das Publikum völlig zurecht in Verzückung geriet. Diese Beethoven Interpretation wirkte klar in den Akzenten, sehr gut durch gehört, dabei immer wieder das Kantable suchend, ohne dabei dissonante harmonische Schärfen beiseite zu lassen.

Das Publikum würdigte dieses besondere Konzert mit deutlicher Anerkennung.

Dirk Schauß 17.9.2019

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