Frankfurt: City Of Birmingham Symphony Orchestra & Mirga Gražinyte-Tyla

Kit Armstrong (Klavier)

Maurice Ravel
Le Tombeau de Couperin

Robert Schumann
Klavierkonzert a-moll op. 54

Johannes Brahms
Sinfonie No. 2 D-Dur

Ganz im Zeichen der Frauen sollte das aktuelle Gastspiel des City Of Birmingham Symohony Orchestra (CSBO) unter der Leitung seiner litauischen Chefdirigentin Mirga Gražinyte-Tyla stehen. Die quirlige Dirigentin hatte als Solistin die chinesische Pianistin Yuja Yang vorgesehen. Aus Krankheitsgründen musste sie absagen. Für sie sprang Kit Armstrong ein. Eine sehr gute Wahl, wie der Abend zeigen sollte.

Zu Beginn spielte das CSBO eine Klavierkomposition von Maurice Ravel in der Orchesterfassung aus dem Jahr 1920. In seiner Komposition „Le Tombeau de Couperin“ (Das Grabmal des Couperins) verarbeitete Ravel höfische Tanzweisen des Barock-Komponisten François Couperin. Die einzelnen Sätze der Orchestersuite widmete Ravel Menschen, die ihm nahe standen, wie z.B. einem Kriegskameraden oder dem Musikwissenschaftler Joseph de Marliave.

Viel Gelegenheit für das CSBO also gleich zu Beginn ein duftiges Farbspektrum auszumusizieren. Das Wechselspiel der wogenden Streicher mit den kantabel intonierenden Holzbläsern geriet trefflich. Wunderbar das Oboensolo im innig vorgetragenem Menuett. Sehr keck und frech musizierte das CBSO in dem mitreißenden Rigaudon, ein französischer Volkstanz. Mit viel Temperament und Esprit wurde dieser vorgetragen. Mirga Gražinyte-Tyla war eine sehr wache Interpretin dieser besonderen Musik, die es ausgezeichnet verstand, ihr Orchester zu motivieren.

Danach erklang Robert Schumann viel gespieltes a-moll Klavierkonzert. Das im Jahr 1845 uraufgeführte Werk geht auf einen fünfjährigen Schaffensprozess zurück und gilt zurecht als eines der Klavier Gipfelwerke in der Epoche der Romantik. Als Solist war der international sehr erfolgreiche Pianist Kit Armstrong zu erleben. Armstrong kann auf eine sehr beachtliche Karriere blicken. International war er bei vielen Orchestern bereits zu Gast und hat sich zudem auch in der Kammermusik einen Namen gemacht. Der große Alfred Brendel ist sein Förderer und Mentor. Bereits der energische Eingangsakkord des Orchesters gab den Interpretationsweg vor: Natürlichkeit! Armstrong hatte jede Note erkennbar tief verinnerlicht und begeisterte mit feinsinniger dynamischer Gestaltung. Immer wieder ließen kleine Rubati aufhorchen. Vor allem in der großen Kadenz des ersten Satzes und abschließenden Coda zeigte Armstrong dann sein großes technisches Können. In dem lyrischen Hauptthema des ersten Satzes und dem nachfolgenden Animato spielte Armstrong behutsam, ja geradezu anrührend.

Nach dem monumentalem ersten Satz wirkt der zweite Satz „Intermezzo“, wie eine musikalische Oase zum durchatmen. Das Klavier tritt hier eher in den Hintergrund. So war es dann vor allem das Dialogische zwischen Orchester und Solisten, was die Wirkung des Satzes besonders machte.

Herrlich dann das beschließende Allegro vivace des dritten Satzes, welches in seiner Lebensbejahung klar betont wurde. Armstrong agierte in diesem Satz variationsreich in seiner Dynamik, staunenswert virtuos und farbenreich. Immer war die musikalische Struktur erkennbar nachzuvollziehen. Das Zusammenspiel der beiden Künstler war eine Freude. Mirga Gražinyte-Tyla animierte ihr Orchester zu druckvollem Spiel, schuf zugleich aber auch stets notwendige Ruhepunkte, um neue Spannungsmomente entstehen zu lassen. Armstrong und Gražinyte-Tyla agierten dabei gut als harmonisches Team, so dass eine schlüssige, überzeugende Interpretation das Publikum begeisterte. Und Kit Armstrong ließ sich nicht lange bitten und bedankte sich mit einer Zugabe bei den entzückten Zuhörer. Er wählte dazu ein Wiegenlied von François Couperin, welches mit seinen vielen Verzierungen und endlosen Abfolgen von Trillern ein besonderer Abschluss der ersten Konzerthälfte war. Viel Begeisterung!

Nach der Pause dann stand mit der D-Dur Symphonie No. 2 von Johannes Brahms eines seiner beliebtesten Werke auf dem Programm. Die 1877 uraufgeführte Symphonie war von Anfang an ein großer Erfolg beim Publikum. Ihr Überschwang und das Lichtvolle waren von jeher stets Quell der Begeisterung. Die große Natürlichkeit und das Pastorale sind von besonderer Wirkung.

Das CSBO wurde auch hier wieder von seiner Chefin Mirga Gražinyte-Tyla unter mächtigem Dampf gehalten. Unermüdlich trieb sie das Orchester an und achtete dabei höchst wachsam darauf, der Symphonie eine vielschichtig dynamische Gestalt angedeihen zu lassen. Getragen begann die Einleitung des ersten Satzes, um dann durch sprunghafte Accelerandi überzeugend aufgebrochen zu werden. Dazu gab es manchen besonders markanten, ja scharfen Bläsereinwurf. Im einleitenden ersten Satz intonierten schlank und sehr sauber die Hörner, bis dann die Streicher in leichten Wellenbewegungen das Hauptthema intonierten. Die Celli und Kontrabässe des CBSO sorgten dazu für ein warmes, profundes Fundament. Wunderbar arbeitete sie die Kantilenen heraus, vor allem im elegischen zweiten Satz. Immer wieder eine Freude die hoch präzisen Holzbläser, die vor allem im dritten Satz begeisterten. Aber auch die Kollegen im Blech, vor allem Trompeten und Tuba musizierten mit viel Spiellaune und in der Schlusscoda mit spielerischer, überschäumender Verve, so dass das fanfarenartige Finale zu besonders großartiger Wirkung kam. Rhythmische Prägnanz gab es von der Pauke, die im ersten Satz für pochende Höhepunkte sorgte. Eine in ihren gestalterischen Verläufen sehr eigene, jederzeit unwiderstehliche, ja unvergessliche Interpretation. Auch bei dieser Symphonie reagierte das Publikum sehr begeistert. Mirga Gražinyte-Tyla bedankte sich in einer kurzen Ansprache herzlich beim Publikum und nutzte die Gelegenheit auf das anstehende Jubiläum des Orchesters aufmerksam zu machen: “Kommen Sie alle nach Birmingham!“

Viel Freude also bei den Besuchern im gut besuchten Konzertsaal.

Dirk Schauß 15.4.2019

Bilder (c) Alte Oper