Frankfurt: hr-Sinfonieorchester & Michał Nesterowicz

featuring Vadim Gluzman (Violine)

Felix Mendelssohn Bartholdy
Ruy Blas

Felix Mendelssohn Bartholdy
Violinkonzert

Jean Sibelius
Finlandia

Modest Mussorgskij/Maurice Ravel
Bilder einer Ausstellung

Ein schönert musikalischer Bilderbogen

Ein herrliches Konzertprogramm war der gelungene Auftakt der gleichnamigen Konzertreihe für das Jahr 2019. Somit verwöhnte der Hessische Rundfunk im großen Sendesaal seine Zuhörer mit großartigen Werken, in dessen erster Konzerthälfte zwei Kompositionen von Felix Mendelssohn Bartholdy standen.

Am Beginn stand seine 1839 uraufgeführte Ouvertüre Ruy Blas, basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück von Victor Hugo. Bereits in den Bläserakkorden zeigte das HR-Sinfonieorchester seine große Klasse: warm im Ton und homogen im Gesamtklang. Dazu filigran, sauber artikulierende Streicher. Gast-Dirigent Michal Nesterowicz, Preisträger verschiedener Wettbewerbe und Künstlerischer Leiter des Orquesta Sinfónica de Tenerife, hörte sich gut in die Klangwelt Mendelssohns hinein. Davon profitierte dann auch erheblich das sehr beliebte Violinkonzert mit dem Solisten Vadim Gluzman.

Der von Isaac Stern geförderte israelische Geiger bestach durch einen herrlich warmen Geigenton auf seiner Stradivari. In seinem Spiel konzentrierte er sich vor allem auf Virtuosität und starken Vorwärtsdrang in der Wahl seiner Tempi. Dadurch blieben jedoch innige Momente, vor allem im Andante des zweiten Satzes deutlich auf der Strecke. Hier, wie auch im ersten Satz kam das kantable Ausphrasieren der Melodiebögen viel zu kurz. Das HR-Sinfonieorchester erwies sich als einfühlsamer Partner und setzte vor allem im dritten Satz klare Impulse. Hier präsentierte Gluzman seine virtuose Fertigkeit. Da perlten die Läufe in z.T. zugespitzten Tempi. Anerkennender Applaus dankte dem Solisten. Gluzman revanchierte sich mit einer Zugabe.

Der zweite Teil des Konzertabends stand dann ganz im Zeichen zwei der beliebtesten Orchesterwerke der Spätromantik. Zunächst erklang von Jean Sibelius dessen erfolgreichste Komposition Finlandia. Die 1900 uraufgeführte Komposition gilt den Finnen auch heute noch als „geheime Nationalhymne“. Die natürliche Feierlichkeit verfehlt selten seine Wirkung. So bot auch das mitreißende, musikantische Dirigat von Michal Nesterowicz viel Anlass zur Freude. Klar und zupackend war seine Interpretation, dabei immer wieder den Orchesterklang gut aufgefächert. Herrlich intonierten auch hier wieder die Blechbläser, perfekt im Zusammenspiel der wuchtigen Eröffnungsakkorde, sekundiert von sehr vollstimmigen Streichern, die im kantablen Mittelteil sehr für sich einnahmen. Die Holzbläser erfreuten durch lyrische Geschmeidigkeit und die Pauke durch rhythmische Prägnanz. Allein die Beckeneinsätze gerieten etwas zu passiv.

Am Ende dann die „Bilder einer Ausstellung“ in der Instrumentierung von Maurice Ravel, in Töne gesetzt von Modest Mussorgskij. 1874 komponierte Mussorgsky diese Programmmusik für Klavier. Angeregt wurde er durch eine Ausstellung seines 1873 gestorbenen Freundes, dem Maler Viktor Hartmann. Komponisten wie Dirigenten (z.B. Kurt Masur, Leif Segerstam) waren von der Qualität derart beeindruckt, dass sie die Komposition instrumentierten. Es waren schließlich die überragenden Instrumentationskünste von Maurice Ravel, die die „Bilder einer Ausstellung“ zum viel gespielten Welterfolg machten.

Kaum ein Orchesterstück bietet einem Orchester derart reiche Möglichkeit, das gesamte Instrumentarium solistisch und im Tutti zu bestaunen. Das HR-Sinfonieorchester war hier auf der Höhe seiner musikalischen Kunst und zog damit seine Zuhörer in den Bann. Dirigent Nesterowicz verstand sich hier als zentraler Impulsgeber, der hörbar auf Kontraste und Kontur setzte, wie z.B. im grotesken „Gnomus“ oder im „Bydlo“, der durch ruppigen Streicherklang und markige Akzente bildhaft vor dem Zuhörer vorbei wackelte.

Ebenso überzeugend wurden auch die Ruhepunkte gesetzt, wie z. B. im „Alten Schloss“. Hier erklang das sonor intonierende Solo-Saxophon weit in den Raum hinein, endlos verklingend in einem langen Diminuendo. Beeindruckend!

Sarkastisch und schmerzlich zugleich die Solo-Trompete in „Samuel Goldenberg und Schmuyle“. Ein wahrer Hexentanz mit knalliger Pauke dann in der „Hütte der Baba Yaga“. Bombastisch dann das Finale: hier mobilisierte Nesterowicz beim HR-Sinfonieorchester alle Kräfte, um mit einem hinreißend geöffneten „großem Tor von Kiew“ diesen schönen Konzertabend glorios abzuschließen.

Zurecht große Begeisterung im Publikum.

Dirk Schauss 25.1.2019

(c) Hessischer Rundfunk