CD: „Violinkonzerte von Max Bruch und Florence Price“, Randall Goosby

Mit der Veröffentlichung der CD „Florence Price: Violinkonzerte Nr. 1 & 2“ präsentiert der Geiger Randall Goosby ein eindrucksvolles Beispiel für sein farbenfrohes und virtuoses Spiel. Begleitet vom renommierten Philadelphia Orchestra unter der Leitung von Yannick Nézet-Séguin, liefert Goosby eine gelungene Interpretation, die seine Empfindungsstärke und seine geschmackvolle Phrasierung gekonnt zur Geltung bringt.

Goosbys Spiel zeichnet sich durch seine technische Raffinesse und seine Fähigkeit aus, tiefe Emotionen in seinen Interpretationen zu vermitteln. Seine Tongenauigkeit und direkte Ausdruckskraft ermöglichen es ihm, die Nuancen der Musik in ihrer ganzen Pracht zu musizieren, ohne jemals in übertriebene Darstellungen abzudriften. Elegant und mit feinem Gespür für die musikalische Gestaltung entfaltet er die melodischen Linien mit Leichtigkeit.

Goosbys Aufführung von Max Bruchs Violinkonzert Nr. 1 in g-Moll, Op. 26 ist eine eher traditionelle Interpretation, die den Charakter des Stücks bewahrt, aber gleichzeitig mit Frische und Lebendigkeit neu belebt. Seine flüssige und lyrische Darbietung wird von einer präzisen rhythmischen Präsenz begleitet, die jedoch niemals die Subtilität der Musik beeinträchtigt.

Goosbys Klanggestaltung ist süß und zugleich subtil, wodurch er eine reiche Palette von Emotionen erzeugt, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Der Auftakt des Konzerts ist von inbrünstiger Intensität geprägt, während das Adagio mit klarer Schönheit und melodischem Ausdruck erstrahlt. Besonders hervorzuheben ist seine Darstellung des Finales, in dem er die rhythmische Energie und den tänzerischen Schwung mit beeindruckender Präzision einfängt. Die harmonische Interaktion zwischen Goosbys Spiel und der geschmeidigen, energischen Begleitung des Philadelphia Orchestras unter Yannick Nézet-Séguins Leitung schafft eine perfekte Balance, die dem Werk einen erfrischenden Glanz verleiht.

Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt dieser Aufnahme ist das Engagement von Dirigent Yannick Nézet-Séguin für die Wiederentdeckung der Afroamerikanerin Florence Price. Der Dirigent setzt sich nachdrücklich für die Aufführung und Aufnahme von Prices Musik ein, und diese CD ist ein weiteres Zeugnis dieser Bemühungen. Die Auswahl von Prices Violinkonzerten Nr. 1 und 2, sowie die Einbeziehung von „Adoration“ in einer Streicherbearbeitung, demonstrieren Nézet-Séguins Wertschätzung für Prices Werk und seine Absicht, ihre Musik einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Florence Prices Violinkonzert Nr. 1 präsentiert sich als eine komplexe Partitur, die Goosby und das Philadelphia Orchestra mit Respekt angehen. Obwohl die Struktur des Werks zuweilen als aufgebläht und unhandlich beschrieben wird, gelingt es Goosby dennoch, die musikalischen Elemente mit seiner gewohnten Hingabe zu interpretieren. Interessant sind dabei einige Anspielungen auf Tschaikowskys Violinkonzert, von welchem Price nachhaltig beeindruckt war.

Höhepunkt der CD ist Prices Violinkonzert Nr. 2, das sie kurz vor ihrem Tod im Jahr 1953 fertigstellte. Dieses Werk zeigt eine bemerkenswerte Weiterentwicklung in Prices Kompositionsstil. Während immer noch Einflüsse von Tschaikowsky spürbar sind, präsentiert sich die Musik in einer kompakteren Form, die eine homogene Struktur aufweist. Goosbys virtuoses Spiel und sein tiefes Verständnis für die musikalische Sprache von Price lassen den Solopart des Konzerts strahlen, wodurch das Werk in seiner vollen Pracht erstrahlt.

Insgesamt bietet diese bei Decca erschienene CD eine fesselnde Darbietung der Violinkonzerte von Florence Price durch das engagierte Spiel von Randall Goosby und die einfühlsame Leitung von Yannick Nézet-Séguin. Die Kombination aus technischer Bravour, emotionaler Tiefe und klanglicher Raffinesse macht diese Aufnahme zu einer besonderen Hommage an eine bedeutende Komponistin und einen aufstrebenden Geiger.

Dirk Schauß, im August 2023


Max Bruch
Violinkonzert Nr. 1 g-moll, Op. 26

Florence B. Price
Adoration – Fassung für Streicher
Violinkonzerte 1 und 2

Randall Goosby, Violine
Philadelphia Orchestra
Yannick Nézet-Séguin, Dirigent

Decca, 4854232