DVD: „Der fliegende Holländer“, Richard Wagner

Bei dem Label Dynamic ist ein Live-Mitschnitt von Wagners Oper Der fliegende Holländer auf DVD erschienen. Gefilmt wurde eine Aufführung am bulgarischen See Pancharevo in der Nähe von Sofia. Gerade zu dem am Meer spielenden fliegenden Holländer passt das Element Wasser gut. Das kann man so machen. Das ergibt eine Atmosphäre ganz eigener Art, die leider von Zeit zu Zeit durch einige im Hintergrund vorbeifahrende Privatruderboote gestört wird. Für die Inszenierung zeichnet Plamen Kartaloff verantwortlich. Von ihm stammt auch das Bühnenbild, bei dem er sich von den Werken der englischen Bildhauerin Barbara Hepworth inspirieren ließ. Einige ihrer Werke hat er geschickt in das Bühnenbild integriert. Um diese zu erkennen, mag im Einzelfall ein Blick ins Internet helfen. Das Bühnenbild wird von einer riesigen Treppe und dem schwarzen Holländerschiff geprägt. Der traditionelle Grundton und die abstrakten Elemente der Produktion gehen dabei eine akzeptable Verbindung ein. Eine treffliche Idee seitens der Regie ist es, das Ganze als Traum Sentas zu erzählen. Dieser Einfall ist zwar nicht mehr neu, aber immer wieder effektiv. Die Personenregie ist recht flüssig und ausgefeilt. Leider bewegt sich Kartaloffs Erzählweise zu sehr in konventionellen Gefilden, was die Sache nicht sehr interessant erscheinen lässt. Eine moderne Inszenierung wäre mir lieber gewesen. Aber wer eine derartige Regie mag, wird mit dieser Inszenierung sicher zufrieden sein. Mir sagt sie nicht zu.

Unnötig sind einige Striche. Insbesondere die Kürzung des fulminanten Geisterchors im dritten Aufzug mutet schmerzlich an. Am Pult wartet Rossen Gergov zusammen mit dem gut disponierten Orchester der Sofia Oper und Ballett mit einer kompakten Wiedergabe von Wagners Partitur auf. Die von dem Dirigenten angeschlagenen Tempi sind relativ langsam, was aber einer vorzüglichen Transparenz Vorschub leistet. Die einzelnen Orchesterstimmen sind gut zu hören. Etwas störend wirken sich die von Gergov häufig gemachten Zäsuren aus, wodurch die Musik immer wieder etwas in Stocken gerät. Ansonsten ist sein Dirigat durchaus spannungsgeladen und intensiv.

Bei den zum größten Teil von der Oper Sofia stammenden Sängern macht sich die insgesamt vortreffliche Beherrschung der deutschen Sprache positiv bemerkbar. Lediglich bei dem kräftig und markant singenden, von der Regie stark gezeichneten Erik von Kostadin Andreev merkt man ein wenig, dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist. Insgesamt hat der aus Deutschland stammende Sänger Kurt Rydl in seiner Funktion als Deutsch-Coach vorzügliche Arbeit geleistet. Er singt auch den Daland. Aufgrund seiner vibratoreichen und stark tremolierenden Tongebung ist seine Leistung indes nicht gerade ansprechend. Mit einer ausgeprägten Bühnenpräsenz und einem markanten Bariton stattet Markus Marquardt den Holländer aus. Schon darstellerisch sehr intensiv wirkt Radostina Nikolaevas Senta. Sie verfügt wahrlich über eine ausgeprägte schauspielerische Ader. Gesanglich überzeugt sie ebenfalls mit ungemein kraftvollem, üppigem und geradezu hochdramatischem Sopran. Mit guter Körperstütze singt Daniel Ostretsov den Steuermann. Fulminantes, bestens italienisch fokussiertes Mezzo-Material bringt Alexandrina Stoyanova-Andreeva in die Partie der Mary ein. Nicht gerade in Bestform präsentiert sich der von Violeta Dimitrova einstudierte Chor der Oper  Sofia und Ballett.

Ludwig Steinbach, 23. Januar 2024


DVD: Der fliegende Holländer
Richard Wagner

Sofia Oper und Ballett
Inszenierung: Plamen Kartaloff

Best.Nr.: 37991
1 DVD