Wiener Staatsballett am 23.3.2016
Der lässige Macho mit atemberaubenden Sprüngen
Mit „Le Corsaire“ hat Ballettdirektor Manuel Legris eine stilvolle und brillante Produktion geschaffen – genau das Richtige für das Wiener Publikum, ein Handlungsballett mit Spannung, wunderschönen Kostümen und Bühnenbild (Luisa Spinatelli). Die Choreographie ist nach Marius Petipa, wobei offensichtlich ist, dass Legris seine Tänzer und deren Stärken bestens kennt und die Partien sehr dankbar gestaltet.
In der 3.Vorstellung kommt nun endlich Denys Cherevychko zum Zug – er zierte schon wochenlang die Plakate, nun begeistert er mit seinem neuen Rollendebüt das Wiener Publikum. Nicht umsonst meinte Legris in einem Interview, dass jede Besetzung eine Première verdient hätte – Cherevychkos grandiose Leistung bestätigt dies voll und ganz. Die Choreographie kommt ihm dabei sehr zugute, da er all seine Stärken mit einer Lockerheit ausspielen kann – oft erntet er Szenenapplaus für seine atemberaubenden, sauberen Sprünge und die geschmeidigen, flinken Pirouetten. Schon in seiner 1. Variation zeigt er, dass er in Höchstform ist, und vermag sein Können im 2. Akt beim Pas de deux nochmals zu steigern – kein Zweifel, Cherevychko setzt neue Massstäbe in der internationalen Ballettwelt! Als lässiger Macho, der sich sehr wohl gegen die anderen Männer durchsetzen, aber auch eine schöne Frau lieben kann und für diese alles tun würde, überzeugt er ebenfalls auf ganzer Linie.
Kiyoka Hashimoto als Médora stellt in erster Linie eine saubere Technik in den Vordergrund; während sie bislang nur in der Schlafzimmerszene des 2. Aktes darstellerisch als liebende Frau aufblüht, bleiben die restlichen Szenen noch sehr zurückhaltend. Allerdings wird sie den technischen Ansprüchen sehr souverän gerecht, und im Anschluss an die Vorstellung wurde sie für ihr Rollendebüt zur 1. Solistin befördert.
Besonders lieblich ist die Gulnare, erstmals von Nina Tonoli getanzt; ein junges Nachwuchstalent mit einer gepflegten Technik, und einer erfrischenden, sympathischen Ausstrahlung. Temperamentvoll und präzise brillieren Masayu Kimoto als Birbanto und Alice Firenze als seine kongeniale Partnerin Zulméa. Als kraftvoller, geschmeidiger Lanquedem überzeugt Francesco Costa (ebenfalls Rollendebüt). Und dass bis in die kleinen Rollen hochkarätig besetzt wird, zeigt sich vor allem an der bezaubernden Natascha Mair, welche gemeinsam mit Eszter Ledan und Anita Manolova (beide Rollendebüt) den Odalisken-Pas de trois tanzt und durch Eleganz und Präzision ein besonders schönes Solo zum Besten gibt.
Jaimy van Overeem ist erstmals als Seyd Pascha zu erleben, mit sehr nobler Haltung wertet er die Statistenrolle auf, dass es nachvollziehbar ist, warum Gulnare am Schluss freiwillig bei ihm bleibt.
Generell sind die Herren in dieser „Corsaire“-Geschichte als das „starke Geschlecht“ dargestellt und die Damen eher als zarte, bezaubernde Wesen, auch in der Version von Legris ist dies nicht anders, so punkten die Herren vor allem durch zahlreiche Sprünge, während die Damen vor allem flink und elegant tanzen. Das Corps de Ballet glänzt einmal mehr durch Harmonie und Spielfreude.
Sehr originell ist der Schiffsuntergang im Epilog – ein grosses Lob an die Bühnentechnik! – und überhaupt sind Bühnenbild, Kostüme und Beleuchtung ein Augenschmaus, wirken aber niemals überladen.
Das Orchester der Wiener Staatsoper spielt die Musik (Adolphe Adam, Cesare Pugni, Léo Délibes und weitere) unter der Leitung von Valery Ovsianikov schwungvoll und facettenreich.
Folgevorstellungen: 28., 31.3. und 2.4.2016
Katharina Gebauer 24.3.16
Bilder (c) StOp