Auch in diesem Jahr haben wir unsere Kritiker wieder gebeten, eine persönliche Bilanz zur zurückliegenden Saison zu ziehen. Wieder gilt: Ein „Opernhaus des Jahres“ können wir nicht küren. Unsere Kritiker kommen zwar viel herum. Aber den Anspruch, einen repräsentativen Überblick über die Musiktheater im deutschsprachigen Raum zu haben, wird keine Einzelperson erheben können. Die meisten unserer Kritiker haben regionale Schwerpunkte, innerhalb derer sie sich oft sämtliche Produktionen eines Opernhauses ansehen. Daher sind sie in der Lage, eine seriöse, aber natürlich höchst subjektive Saisonbilanz für eine Region oder ein bestimmtes Haus zu ziehen.
Nach dem Aalto-Theater Essen blicken wir heute auf das Staatstheater Hannover.

Ungewöhnliche Produktion:
Warum es Pagliacci zu unveränderten Eintrittspreisen allein ohne einen weiteren Einakter wie Cavalleria oder eine andere Kurzoper gab, war nicht einzusehen, auch wenn die musikalische Verwirklichung durchaus zu überzeugen wusste.
Bestes Dirigat:
Stephan Zilias leitete in Martinůs Griechischer Passion und in Der Rosenkavalier jeweils mit präziser, anregender Zeichengebung und hielt souverän den großen Apparat zusammen. Außerdem fand er die richtige Mischung von wirbeliger Turbulenz und intensiven Ruhephasen.
Beste Sängerin (Ensemble, Hauptpartie):
Barno Ismatullaeva wartete als Nedda in Leoncavallos Pagliacci mit intonationsreinen Spitzentönen und in bestem Legato ausgesungenen Passagen auf.
Bester Sänger (Ensemble, Hauptpartie):
In Martinůs Die griechische Passion war der Priester Grigoris Shavleg Armasi, dessen mächtiger Bass auch in den auffallenden Höhen bestens trug.
Beste Gesangsleistungen (Gast und Ensemble, Hauptrollen):
Alle drei weiblichen Hauptpartien im Rosenkavalier sind ohne Abstufung zu nennen: Kiandra Howart (Marschallin), Anne Marie Stanley (Octavian) und Meredith Wohlgemuth (Sophie): Selten hört man das Schluss-Terzett so höhensicher, intonationsrein und so gut aufeinander abgestimmt.
Beste Choreografie:
Die temporeiche, wirbelige Choreografie von Danny Costello in Chicago begeisterte.
Die Bilanz zogen Marion und Gerhard Eckels.