Salzburg: „Macbeth“, Giuseppe Verdi

„Tutto è finito“ – Alles ist zu Ende, und das von Anfang an. Während Macbeth erst alles verlieren muss, um dies zu erkennen, ist dem Außenstehenden bereits zu Beginn klar, dass sein durch und durch verdorbenes Handeln nur zu größerem Verderben führen kann. Doch woher kommt dieses aus Wahnsinn entstehende und zu Wahnsinn führende Machtbestreben, das vor skrupellosen Morden nicht zurückschreckt und auf Lügen aufgebaut ist? Warum schafft, und ruiniert, Macbeth seine eigene Identität, indem er blind auf kuriose Prophezeiungen vertraut, warum scheint vor allem Lady Macbeth so von der Verheißung größerer Macht besessen zu sein, dass sie ihren Mann trotz erster Zweifel zu weiteren Taten anstachelt? Für Regisseur Krzysztof Warlikowski ist die Antwort auf diese Fragen vor allem in der Kinderlosigkeit des Paares zu finden. Zwei Jahre nach ihrer Premiere wird seine Inszenierung bei den Salzburger Festspielen wiederaufgenommen und überzeugt auch diesmal mit unheimlichen Momenten, höchst ausdrucksstarker Besetzung und explosivem Orchester unter Philippe Jordan.

Die Macht des selbstgesetzten Schicksals

Ein zu großer, leerer Raum, darin eine schier endlose Wartebank. Und auf dieser Macbeth, der trotz erfolgreich verlaufender Karriere und jüngster Erfolge rastlos und verloren zu sein scheint. Er ist ein unsicherer, orientierungsloser Mann, der den Verlauf der Dinge nicht abwarten, sondern gesagt bekommen möchte, mit der Sicherheit, dass er seinem Erfolg zustrebt. So wartet er stattdessen auf eine Unterredung mit den Hexen, die hier als blinde Frauen und Kinder erscheinen, als Seherinnen, die zwar die äußere Welt vor ihnen nicht erkennen können, dafür aber Einblick in die tieferen Vorgänge des Schicksals haben. An ihre Prophezeiungen klammert sich Macbeth auf seiner getriebenen Suche nach Bestimmung und Identität, die ihm so von vermeintlich höherer Gewalt vorgegeben wird, wobei er jedoch nicht erkennt, wie sehr er sich damit seine Identität selbst schafft – nicht aus seinem Innersten heraus, sondern durch blindes Vertrauen auf ein Orakel, das seiner Orientierungslosigkeit und seinem Machtstreben gleichermaßen entgegenkommt. Dabei hält er an jenen Aspekten der Zukunft fest, die ihm gefallen, und unterliegt damit dem Trug einer Rechtfertigung für seine folgenden Taten, ohne zu verstehen, dass die Schuld bei ihm und seinen durch Prophezeiungen fehlgeleiteten Einbildungen liegt, niemals aber auf andere Mächte abgewälzt werden kann. Zugleich will er ihm nicht gefällige Ankündigungen nicht annehmen, ihn beunruhigt die Vorhersage, dass nicht seine Kinder Könige werden, sondern die eines anderen, seines Freundes Banco.

© SF/ Ruth Walz

Die Tatsache seiner Kinderlosigkeit, die weder bei Shakespeare noch bei Verdi direkt angesprochen wird, jedoch aufgrund dieser nicht nur orakelhaften, sondern durchaus realistischen Schau in die Zukunft unterschwellig stets mitschwingt, gerät bei Krzysztof Warlikowski zum zentralen Problem. In für ihn und Małgorzata Szczęśniak (Bühne und Kostüme) typischem Stil spielt der Regisseur bereits zu Beginn mit bedeutungsvoller Parallelisierung der Szenen, die das Kernmotiv der Inszenierung eröffnet. Während Macbeths Wahn im Vertrauen auf blinde Seherinnen beginnt, erfährt Lady Macbeth bei einer gynäkologischen Untersuchung, keine Kinder bekommen zu können. Noch stärker als für ihren Mann wirkt diese verkündete bleibende Kinderlosigkeit als Anstoß zu amoralischem, selbstermächtigendem Handeln, das ihnen Zukunft bescheren soll, jedoch zu Tod und Verderben führen wird. Die medizinische Tatsache wird zur umgekehrten Verkündigung: Lady Macbeth wird kein Kind empfangen, keinen Sohn wird sie gebären, statt Leben und Erlösung wird sie Tod schenken. Zur gleichen Zeit spricht Macbeth in tragischer, folgenreicher Sinnverkehrung: Mir geschehe, wie ihr es mir gesagt habt – koste es, was es wolle.

Tod und Wahnsinn statt neuem Leben

Die Problematik der Kinderlosigkeit stellt nicht nur für das Fortbestehen des von ihnen selbst erwünschten Macbeth’schen Königsgeschlechts, sondern auch für die Paarbeziehung von Lord und Lady eine Herausforderung dar. Der gemeinsam geplante Mord an König Duncan soll ihnen somit zwar vordergründig die Krone bescheren, doch entsteht durch diese Verschwörung zwischen den beiden auch eine Schicksalsgemeinschaft, die von der unbedingten Treue zueinander und gemeinsam aufrechterhaltener Lüge nach außen lebt. Es ist wohl überflüssig, zu erwähnen, dass dieses Vorhaben von Anfang an dem Untergang geweiht ist, weder einen Zukunft bringenden Weg der Machterlangung noch eine geeignete Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Ehe darstellt. Doch zuerst scheint es zu gelingen: Macbeth wird, trotz erster Anzeichen des Skrupels und Wahnsinns, gekrönt – Warlikowski zeigt dies, während Duncans Sarg noch hinausgetragen wird, ein gelungener Umgang mit der starken Verdichtung des Geschehens in Verdis Opernbearbeitung –, das Königspaar erfreut sich an dem gemeinsam erreichten Ziel. Doch so notwendig die Ermordung Bancos auch erscheint, führt sie zu immer größeren (berechtigten) Zweifeln, die Macbeths Psyche mehr und mehr korrumpieren, nicht zuletzt, weil dessen Sohn, wie bereits Duncans Sohn Malcolm, der Kern alles Macbeth’schen Übels, dem Mordanschlag entkommt. Die Eiseskälte der Lady zeigt sich beim Bankett, in Salzburg als glamouröses Fest inszeniert, auf dem jene als glänzender Star den Gästen zulacht, ausgelassen singend das Brindisi einleitet und den Schein der perfekten Königsherrschaft aufrechtzuerhalten bemüht ist. Doch ihr Mann verfällt zunehmend dem Wahnsinn, er halluziniert und sieht überall das Gesicht des Kindes, das in seinem labilen Inneren zum zentralen Feindbild geworden ist, als konkretes wie als Vertreter von Nachkommenschaft in genere. Ein Luftballon nimmt für ihn die Gestalt von Bancos Sohn an, in seiner Panik wird sein psychischer Zustand auch für die Gäste immer deutlicher, bis ihm zuletzt das Festmahl als auf Blumenkohl präpariertes Baby erscheint und er vollends die Fassung verliert.

Die Unausweichlichkeit von Schicksal und Moral

Im weiteren Verlauf, der zur Verfallsgeschichte sowohl der Psyche als auch der Beziehung von Lord und Lady Macbeth wird, verschwimmt die Grenze zwischen tatsächlichem Geschehen und Wahnvorstellungen. In diesen erlangen die gefürchteten, da nicht eigenen Kinder übergroße Macht, die Macbeth auf den völligen Zusammenbruch zueilen lässt. Die blind sehenden Hexen sind nun allein Kinder mit unheimlichen Masken, auch die Königserscheinungen haben Kindesgestalt und Hekate fügt Macbeth als spielerisches Schicksal durch in eine Voodoo-Puppe gestochene Nadeln Schmerzen zu. Auch die verzweifelte Ermordung von Macduffs Familie führt nur zu von zahlreichen Kindern, die allesamt Bancos Gesicht tragen, geprägten Wahnbildern. Das, was das Paar vereinen und zu großer Macht führen sollte, treibt sie nun immer weiter auseinander und von jeglicher Macht, über das Königreich wie über die eigene Psyche, fort.

© SF/ Ruth Walz

Die Entfremdung, von sich selbst, voneinander, aber auch von der Wirklichkeit, nimmt ihren tragischen Verlauf. Auch die einst soziopathisch wirkende Lady Macbeth erliegt ihren panischen Schuldgefühlen, die sie schlafwandeln und ihre Hände als ewig von Blut befleckt wahrnehmen lassen, bis sie das eingebildete durch ihr eigenes Blut ersetzt, indem sie sich die Pulsadern aufschneidet. Bei Warlikowski stirbt sie jedoch nicht sofort, sondern wird gemeinsam mit ihrem Mann, der mittlerweile mit fern von der Welt schwebendem Geist im Rollstuhl sitzt, zur Hinrichtung durch Macduff gestellt. Diese findet vor den Augen der Öffentlichkeit statt, symbolisiert sowohl durch den Chor als auch die Live-Aufnahmen der Macbeths, und erinnert an jene des rumänischen Diktators Ceaușescu, findet aber in der weit zurückreichenden Geschichte der öffentlichen Hinrichtung von Königen zahlreiche Anklänge. Alles kam, wie es kommen musste, das Schicksal hat mit Macbeth genauso gespielt wie er mit dem Schicksal, denn der eigenen Identität kann man nicht entfliehen, besonders dann nicht, wenn sie auf Mord, selbst gewählten Einbildungen und ungelösten Traumata basiert. In diesem tragischen Ende bleibt der bittere Trost, dass Lord und Lady Macbeth zumindest im Sterben erneut zusammengefunden haben.

Macbeth zwischen Ödipus und Herodes

Diese höchst bewegende, durchaus beängstigende, ästhetisch in die Gestalt der 30er- oder 40er-Jahre des 20. Jahrhunderts verlegte Interpretation von „Macbeth“ fokussiert nicht auf die politischen Vorgänge des Shakespeare’schen Dramas, jeglicher Kontext des Kampfes um die schottische Königskrone fehlt. Stattdessen stehen die grundlegenden Dynamiken im Vordergrund, die um das Verhältnis von psychologischen wie zwischenmenschlichen Aspekten, Fragen der eigenen Identität im Angesicht ersehnter Macht, die die Tötung der Macht anderer impliziert, und dem Einfluss rational nicht fassbarer Kräfte, ob diese nun prophetischen Hexen, dem Schicksal oder eigenen Wahnvorstellungen entspringen, kreisen. Warlikowski beweist dabei, wie man es von ihm gewohnt ist, ein beeindruckendes Gespür sowohl für das weite, bei ihm schier unerschöpflich wirkende Assoziationsfeld als auch für die herauszukristallisierenden psychologischen, im wahrsten Sinne des Wortes eigentlichen Vorgänge. Dabei kommen neben der an sich schlichten, doch durch bewegliche Elemente, gezielt gelenkte Perspektiven und Details in Beleuchtung, Gegenständen wie dramaturgischer Gestaltung aussagekräftigen Bühne von Szczęśniak Videos und projizierte Übertragungen des Bühnengeschehens (Denis Guéguin und Kamil Polak) zum Einsatz. Besonders jene Ereignisse, die nicht Bestandteil der sichtbaren Handlung, für jene aber von höchster Bedeutung sind und vor allem die beiden Söhne betreffen, werden durch animierte Videos präsent gemacht. In ihnen werden Malcolm und Fleanzio nach der Ermordung ihrer Väter auf der Flucht gezeigt, ersterer im Zug, letzterer durch einen Wald laufend, wohl eine Erinnerung an den Wald von Birnam, der für Macbeth Künder seines Todes sein soll. Während es sich bei dieser letzten Einspielung um ein verzichtbares Element handelt, dessen Stil eher an ein Videospiel erinnert und einen Bruch zur Gesamtästhetik darstellt, ist die Einbindung von Filmszenen von höchster Bedeutung. Bereits zu Beginn, während Lady Macbeth von ihrer Unfruchtbarkeit erfährt und Macbeth der Prophezeiung erliegt, werden Szenen aus Pier Paolo Pasolinis „Edipo Re“ gezeigt, in denen ein Kind – wohl Ödipus selbst – an der Brust genährt wird. Später sieht Macbeth diese Szenen auf seinem Fernseher. Die Anspielung ist eindeutig: Wie Ödipus ist auch Macbeth im Schicksal gefangen, allerdings mit wesentlichem Unterschied, denn Ödipus will dem seinen entgehen und muss erst spät die Unmöglichkeit davon erkennen, Macbeth hingegen sucht sein Schicksal bewusst, um es für sich zu übernehmen und ihm gemäß zu lenken. Besonders eindrücklich und vielschichtig in ihrer Bedeutung ist eine weitere Filmszene aus „Il vangelo secondo Matteo“, erneut von Pasolini, die den von Herodes beauftragten Kindermord zeigt. Parallel dazu sterben auf der Bühne zahlreiche Kinder, womöglich durch Auftrag Macbeths, denn wie Herodes fürchtet auch er den verheißenen König, ein Kind, das nicht sein eigenes ist, und befiehlt deshalb die Tötung aller, die seiner Macht gefährlich werden können. Darüber hinaus zeigt der Filmausschnitt Maria, womit der zu Beginn bereits anklingende Gedanke an die Verkündigung des Herrn aufgegriffen und die kaum größer mögliche Diskrepanz zwischen dieser und Lady Macbeth aufgeworfen wird. Dieses inszenatorische Mittel, das bei Warlikowski selten fehlt, verleiht der Aufführung zusätzliche Tiefe und stellt die Handlung in den größeren literarisch-kulturellen Kontext, was, neben dem bewegenden Effekt der Szenen selbst, bereichernd wirkt. Doch auch die Innenschau gelingt Warlikowski äußerst eindrücklich: In zahlreichen Momenten werden essentielle Teile der Handlung durch live aufgenommene und über die Bühne projizierte Schwarz-Weiß-Videos hervorgehoben. Dies verdeutlicht zum einen die Öffentlichkeit der Hinrichtung der Macbeths, damit auch die weitreichenden Folgen ihres Handelns, zum anderen gelingt dadurch ein bedrückender Einblick in die psychologischen Vorgänge, wenn etwa Macbeths beim Festbankett von Panik und Wahnsinn erfasstes Gesicht in Großaufnahme zu sehen ist.

Eine eiserne Lady in feurigem Orchesterklang

Tatsächlich wirken können solche Mittel und die grundsätzliche Dramaturgie jedoch nur, wenn es entsprechende Sänger gibt, die die starken Emotionen, Gedanken und wahnsinnigen Anzeichen auch zum Ausdruck bringen können. Dafür ließen sich wohl kaum bessere, faszinierendere finden als Vladislav Sulimsky und Asmik Grigorian als Lord und Lady Macbeth. Sulimsky zeigt einen tief verunsicherten, sowohl in seinem Schicksal als auch seiner korrumpierten Psyche gefangenen Mann, der anfällig ist für düstere Vorhersagen wie illusorische Machtfantasien. Bewegend spielt er den Verfall des selbst produzierten Königs, dessen euphorischer Glanz nur für kurze Zeit weilt. Diese intensive Ausdruckskraft scheint vor allem zu Beginn jedoch zu leichten gesanglichen Problemen zu führen, man hat den Eindruck, Sulimsky gestaltet mit so starker Emotion, dass Klang und Lautstärke etwas darunter leiden.

© SF/ Ruth Walz

Mit der Zeit gelangt er jedoch zu größerer Intensität und singt Macbeth mit weichem, verletzlichem, dabei durchaus edlem Ton. In manchen Momenten gelingen ihm beängstigende, grobe Ausbrüche, die die im Verfall bestehende Differenziertheit des Charakters zum Ausdruck bringt. Asmik Grigorian verkörpert eine Lady Macbeth, mit der man sich definitiv nicht anlegen möchte. Mit gewohnt einnehmender Präsenz, dramatischem Klang und großer Sicherheit, besonders aber ihrer allumfassenden darstellerischen Kraft, die auch ohne Ton faszinieren würde, zeigt sie Wahnsinn und Stärke dieser Figur, später auch deren panische Einbildungen und verzweifeltes Aufgeben. Dabei ist die undeutliche Artikulation schade, umso mehr, als Verdi selbst großen Wert auf das gedichtete Wort legte. Zudem schleicht sich trotz ihres berauschenden Klangs der Gedanke ein, etwas wäre nicht ganz stimmig, vielleicht ein wenig zu kühl und geschliffen. Womöglich liegt es an Grigorians klarem, stählern schimmerndem Klang bei einer Figur, für die der Komponist selbst eher „eine raue, erstickte, dumpfe Stimme“ haben wollte. Tareq Nazmi als Banco beeindruckt mit sehr fundiertem, intensivem Bass, der Wärme und Stärke zugleich vernehmen lässt. Bei dieser stimmlichen Präsenz und Ausdruckskraft bedauert man den frühen Tod seiner Figur. Charles Castronovo als Macduff präsentiert sich mit eindrucksvoller Gestaltung, sein Tenor klingt stets glanzvoll und leuchtend. Auch der Wiener Staatsopernchor überzeugt mit energischem, teilweise unheimlich-sphärischem, am Ende strahlendem, jubelndem Klang.

Die auf der Bühne zu vernehmende Energie findet in jener im Graben eine mehr als würdige Entsprechung, denn Philippe Jordan leitet die Wiener Philharmoniker mit spannungsvoller, dynamischer und expressiver Kraft, die stets auch die nötige Präzision bewahrt. Im besten Sinne kontrolliert schafft er es, die Musik als eigenständige, tragende, auch erzählende Größe wirken, zugleich aber immer feinfühlig auf den Gesang Rücksicht nehmen zu lassen. So entsteht in aufmerksamer Abstimmung eine Synergie, die genügend Freiheit lässt für Gestaltung wie Entfaltung. Besonders die für Verdi typischen Begleitungen des Orchesters erklingen schwungvoll und sehr präzise, an manchen Stellen geraten sie den Wienern vielleicht etwas zu wienerisch. Insgesamt entsteht ein stimmungsvoller, energiegeladener Gesamtklang, in dem eben dieser Energie immer wieder auch freier Lauf gelassen wird, sei es in ausdrucksstarken Akzenten, dezent nach vorne drängenden Schlussakkorden oder dynamischen Ausbrüchen, die in der Akustik der Felsenreitschule zwar etwas hart, vielleicht gerade deshalb aber sehr eindrücklich und die Dramatik des Stückes unterstreichend erklingen.

Eine kunstvolle Perspektiverweiterung

Durch dieses Zusammentreffen aus stimmlich wie darstellerisch höchst expressiven und bewegenden Sängern, einem verlässlich tragenden, energischen Orchesterklang und einem Regiekonzept, das mit feiner Aufmerksamkeit den psychologischen Vorgängen nachspürt und diese vertieft, entsteht eine äußerst packende, emotional wie gedanklich anregende Aufführung. Das im Werk angelegte Thema der Kinderlosigkeit und einer daraus resultierenden Angst vor den Kindern anderer, sowie die fundamentale Bedeutungsebene eines panischen Bedürfnisses, die eigene Zukunft bestimmen zu wollen und sie gerade dadurch zu verunmöglichen, eröffnet eine Tiefenschau in die immer weiter korrumpierte Psyche von Lord und Lady Macbeth. Dadurch gewinnt das Drama nicht nur an Intensität, sondern auch an Differenzierung und Perspektiven. Dies ist vor allem dem breiten Assoziationsfeld zu danken, das Warlikowski durch Anspielungen, gezielte Fokussierungen und das Thema weiter ausleuchtende Zitate eröffnet. Bei einer solchen in allen Facetten, inhaltlich wie musikalisch, starken Produktion ist auf eine weitere Wiederaufnahme zu hoffen, ob an diesem oder einem anderen Ort.

Elena Deinhammer 21. August 2025

Dank an unsere Freunde und Kooperationspartner vom OPERNMAGAZIN


Macbeth
Giuseppe Verdi
Salzburger Festspiele 2025

Rezension der Wiederaufnahme-Premiere 9. August 2025

Regie: Krzysztof Warlikowski
Dirigat: Philippe Jordan
Wiener Philharmoniker