23.2. (Premiere am 21.4.1979)
Verstaubte szenische Nostalgie…
Die Ungarische Staatsoper Budapest hat ihre Pforten bis voraussichtlich 2019 geschlossen. Der Grund liegt darin, dass die Drehbühne erneuert werden muss. Als Ausweichquartier fungiert nun das größere Erkel Theater, das zu diesem Zweck nun auch eine zweisprachige Übertitelung – Englisch und Ungarisch – eingeführt. Die Anlage wird von der ehemaligen dramatischen Koloratursopranistin Veronika Fekete, zu deren wichtigsten Rollen die Königin der Nacht, Erzsébet Szilágyi (Hunyadi László), Turandot, Abigaille, Amelia und Lady Macbeth zählten, bedient. Etwas verstaubt wirkt die Ausstattung zu dieser Così nach 38 Jahren schon. Gábor Forray begnügte sich damit zwei geschwungene Hollywoodtreppen auf die Bühne zu stellen, die zueinander gedreht werden können, sowie zwei ebenso halbkreisförmige filigrane Bänke.
Dann gibt es Paravents, hinter denen man sich verstecken kann und Schabrackenvorhänge, die immer wieder herabgelassen werden sowie berühmte Frauenporträts von Nofretete über Mona Lisa bis zu Amedeo Modigliani, die den ironischen Titel der Oper unterstreichen sollen. Die Kostüme von Judit Schäffer verweisen in die Zeit des Biedermeier. Die beiden Kavaliere rufen nach ihrer Abreise dann die Hippiekultur der 6oer Jahre in Erinnerung und erscheinen dementsprechend mit Jeans und geblümten Jacken bekleidet, die Frisuren im Afrolook und mit Bart und intellektuellen Brillen. Regisseur Miklós Szinetár, ein Altmeister der Personenführung, hat nichts dem Zufall überlassen. Da erfolgt so viel Interaktion zwischen den einzelnen Paaren mit Liebe zum Detail, dass man die antiquierte Ausstattung bald nicht mehr zur Kenntnis nimmt. Was aber weniger gelungen ist, war die Einbindung zweier Tänzer und einer Tänzerin, die wie Figuren der Commedia dell arte, die Szene beleben sollen. Csaba Sebestyén kreierte die Choreographie, die man getrost weglassen könnte. Die Sängerdarsteller bildeten stimmlich ein wohl ausgewogenes und aufeinander gut abgestimmtes Team und punkteten auch darstellerisch durch engagiertes Spiel im Mimik und Gestik.
Trotzdem gab es eine gewisse Abstufung. Bei den Damen war Klára Kolonits als Fiordiligi mit untadelig geführtem Sopran knapp vor der Dorabella von Mezzosopran Viktória Mester. Etwas weniger gefiel mir die Despina von Orsolya Sáfár, deren eher dünner aber dennoch schön anzuhörender Sopran nur durch ihr hervorragendes Spiel mit der sichtlichen Freude an kleineren Übertreibungen aufgewogen werden konnte. Bei den Herren war die Sache umgekehrt. Hier führte für meinen Geschmack eindeutig Zoltán Nagy als Guglielmo, dicht gefolgt von Bass Péter Kálmán als sonorer philosophierender Don Alfonso. Für Tenor Zoltán Megyesi war die Rolle des Ferrando hörbar zu hoch notiert und er musste daher des Öfteren stark forcieren. Seine Stimme passt auch eher zu einem Charakter- als einem Mozarttenor. Zu erwähnen wäre noch der Chor der Ungarischen Staatsoper unter seinem neuen Leiter Gábor Csiki, der wieder einmal bewies, dass er wohl zu den weltbesten gezählt werden muss.
Dirigent Péter Halász gelang es am Pult des Orchesters der Ungarischen Staatsoper einen geradezu beschwingten kammermusikalischen Ton zu treffen, der das Sängerensemble auf Händen trug und so zu einigen respektablen gesanglichen Höchstleistungen animierte.
Was die Budapester Oper von so manchen großen Opernhäusern der Welt auf angenehme Weise unterscheidet ist, dass es hier noch eine Ensemblekultur gibt, wo die großen Stimmen die kleineren mittragen und zu einer guten bis sehr guten Leistung animieren können, was in unserer schnelllebigen Zeit leider heute nur mehr selten anzutreffen ist. Ein langanhaltender und verdienter Applaus wusste diese Gesamtleistung aller Mitwirkenden entsprechend zu würdigen.