Live von der Royal Swedish Opera, Stockholm kommt ein Audio-Mitschnitt von Strauss` Oper Elektra. Aufgenommen wurde eine Aufführung vom 4. Mai 1996. Bemerkenswert ist, dass einige sonst übliche Striche hier wieder aufgemacht sind. Indes bleiben immer noch genügend Kürzungen übrig. Eine Oper von cirka 1,45 Stunden hätte derartige Eingriffe nicht nötig.
Am Pult steht der auch in Deutschland bekannte Siegfried Köhler. Zusammen mit dem versiert aufspielenden Royal Swedish Opera Orchestra gelingt ihm eine fulminante Wiedergabe von Strauss` anspruchsvoller Partitur. Sein spannungsgeladenes Dirigat atmet große Dramatik und funkensprühende Intensität. Das geht ganz schön unter die Haut. Andererseits gelingen ihm aber auch die mehr lyrischen, gefühlvollen Passagen sehr elegant. Seine Auffassung von Strauss` Werk ist eine sehr differenzierte und nuancenreiche. Darüber hinaus wartet er mit einer großen Farbpalette auf.
Wenn es scheint, dass sich das Orchester in dieser Live-Einspielung allzu stark in den Vordergrund drängt und die Sänger oft zudeckt, liegt das wohl in der Verantwortung der Tonmeister des Labels Sterling. Ein weiterer Grund besteht darin, dass die Aufnahme-Mikrofone offensichtlich allzu weit von der Bühne entfernt platziert wurden. Man wähnt sich im hinteren Teil des Stockholmer Opernhauses. Dass die Sänger unter diesen Voraussetzungen oftmals gnadenlos in den gewaltigen Klangmassen untergehen, ist kein Wunder.
Was schade ist, denn die gesanglichen Leistungen sind absolut phantastisch. Die Royal Swedish Opera verfügt über hervorragende Sänger. Sämtliche Gesangssolisten singen in der vorliegenden Aufnahme vorbildlich im Körper, was nicht alle Tage vorkommt! Laila Andersson-Palme ist eine ideale Vertreterin der Titelrolle. Ihre Elektra atmet enorme Dramatik und feurige Glut. Die extremen Höhen machen ihr nicht die geringsten Schwierigkeiten. Rachegelüste und die Liebe zu ihrem Bruder werden von ihr gleichermaßen überzeugend ausgelotet. Gut gefällt Gunilla Söderström, die die Klytaimnestra nicht herkömmlich angeht, sondern mit edlem, volltönendem Mezzo-Klang eine immer noch königliche Herrin von Mykene singt. Einen in allen Lagen perfekt und ausgeglichen geführten jugendlich-dramatischen Sopran bringt Anita Soldh in die Partie der Chrysothemis ein. Lennart Stregard ist ein markant singender Aegisth. Mit hellem, sonorem Bariton gibt Gunnar Lundberg einen erstklassigen Orest. Der profund und tiefgründig klingende Anders Lorentzson macht aus der Rolle des Pflegers des Orest viel. In den kleinen Partien der Vertrauten und der Schleppträgerin gefallen Carina Morling und Eva Pilat. Solide Leistungen erbringen Sonny Wallentin (junger Diener) und Bengt Lindberger (alter Diener). Das hochkarätige Ensemble der Mägde besteht aus Jadwiga Koba, Inger Blom, Anna Larsson, Carolina Bengtsdotter Ljung, Agneta Lundgren und Hilde Leidland. Eine treffliche Leistung erbringt der Royal Swedish Opera Chorus.
Ludwig Steinbach, 7. März 2023
CD: „Elektra“
Sterling
Best.Nr.: CDA 1867
Royal Swedish Opera, Stockholm
Musikalische Leitung: Siegfried Köhler
Royal Swedish Opera Orchestra
2 CDs