Bei den Ballettcompagnien des Rhein-Ruhrgebietes wird Prokofjews „Romeo und Julia“ regelmäßig gespielt. Erst 2012 und 2014 war der Klassiker in Krefeld/Mönchengladbach und am Essener Aalto-Theater zu sehen und stets ein Kassenerfolg. Gelsenkirchens Ballettchefin Bridget Breiner setzt mit ihrer Produktion eigene Akzente.
So gibt es bei ihr eine Chorus-Tänzerin (Francesca Berruto), die Textcollagen in modernen Ausdruckstanz umsetzt. Zwar enthalten die Kostüme von Ausstatter Jürgen Kirner auch historisierende Elemente, doch auf heimelige Stadtansichten von Verona verzichtet er ganz. Stattdessen hat er mehrere verschiebbare Holzkonstruktionen entworfen: Eine große Außenbegrenzung und eine zerlegbare Spirale, mit der schnell verschiedene Raumsitutionen geschaffen werden können.
Bridget Breiner erzählt die bekannte Geschichte verständlich und übersichtlich. Die gerade einmal 14 Tänzerinnen und Tänzer werden effektvoll eingesetzt: Die Kampfszenen entwickeln große Sogwirkung, die Charaktere werden klar entwickelt. Die Masken auf dem Ball der Capulets erinnern an Totenschädel, sodass das Fest zum Totentanz wird.
Der Romeo von Carlos Contreras ist am Anfang ein fröhlicher Sunnyboy und wird später zum zärtlich Liebenden. Die Julia von Bridgett Zehr ist zuerst ein verspielt-verträumtes Mädchen, das sich dann aber zur tragischen Figur steigert. Eine elegante Lady Capulet ist Tessa Vanheusden, während Rita Duclos die Zofe mit großer Munterkeit verkörpert. Insgesamt hat Bridget Breiner die Figuren sehr gut und typgerecht besetzt und choreografiert.
Am Pult der Neuen Philharmonie Westfalen steht an diesem Abend die junge Dirigentin Yura Yang. Sie akzentuiert die herben Blechklänge der Märsche und Festmusiken ebenso gekonnt wie den lyrischen Zauber der Liebesszenen.
Ballettfreunde haben die Möglichkeit diese Produktion noch einmal am 20. Mai 2018 zu erleben. Aufgrund des großen Erfolgs beim Publikum darf man annehmen, das Bridget Breiner, die 2019 ans Badische Staatstheater Karlsruhe wechselt, „Romeo und Julia“ auch an ihrer neuen Wirkungsstätte zeigen wird.
Rudolf Hermes 12.4.2018
Bilder siehe Premierenbesprechung