Premiere am 9. Dezember 2018
Muntere Rarität
Wie der Hildesheimer GMD Florian Ziemen in einem Interview erwähnte, sieht er das TfN im Vergleich zu den größeren Häusern der Region unbedingt als eine Ergänzung. Wir müssen Stücke bringen, die nicht gerade in der Nähe laufen, also auch seltene Stücke und solche, die per se interessant sind. So hat er sich in dieser Saison für „Die Pantöffelchen“ von Pjotr I. Tschaikowsky entschieden, die in Deutschland erstmals 1932 in Mannheim und danach in Köln gespielt wurden. Ursprünglich als vierte Oper mit dem Titel „Wakula der Schmied“ in St.Petersburg 1876 uraufgeführt, war sie zunächst ein Erfolg, gefiel aber dem Komponisten selbst nicht, so dass er sie 1885 mit neuem Schaffensdrang umarbeitete und in „Tscherewitschki“ („Die Pantöffelchen“) umbenannte. Für das auf dem ukrainischen Volksmärchen „Die Nacht vor Weihnachten“ von Nikolai W. Gogol basierende Libretto von Jakow Polonsky wählte man am TfN eine anonyme deutsche Übersetzung von ca.1898 mit deutschen Übertiteln.
Peter Kubik/Neele Kramer
Die märchenhafte Geschichte spielt in einem kleinen ukrainischen Dorf, in dem der Schmied Wakula die Tochter Oxana des alten Kosaken Tschub liebt; diese weiß nicht so recht, was sie will, und stellt schließlich Wakula in Aussicht, ihn zu heiraten unter der Bedingung, dass er ihr solche Pantöffelchen bringt, wie die Zarin sie trägt. Darum ranken sich nun die dörflichen Geschichten von Wakulas Mutter Solocha, die von vielen für eine Hexe gehalten wird, und um den Teufel, der sie heftig umwirbt, wie auch Tschub, der Dorfschulze Pan Golowa und der Schulmeister Panass. Nur mit einer List gelingt es Wakula, den Teufel als Helfershelfer für sein eigentlich unlösbares Problem einzuspannen, die Pantöffelchen noch in derselben Nacht am Hof in St.Petersburg zu gewinnen. Nach der Rückkehr der Beiden ins Dorf, wo Solocha und Oxana um Wakula trauern und sich schreckliche Vorwürfe machen, ihn so schlecht behandelt zu haben, löst sich alles in eitel Freud und Wonne auf. Auch der Pantöffelchen hätte es nicht mehr bedurft, da Oxana inzwischen erkannt hatte, dass auch sie Wakula liebt.
Ktja Bördner/Peter Kubik
Die Regie dieser Rarität war der jungen Anna Katharina Bernreitner anvertraut, die die Sänger lebendig führte, was in der herrlichen Schneeballschlacht der Dörfler gipfelte. Die Regisseurin setzte für die Ausstattung zu Recht auf Hannah Rosa Oellinger und Manfred Rainer, mit denen sie seit 2015 regelmäßig zusammen arbeitet. Das schlichte und einfache Bühnenbild überzeugte völlig: Die Idee, die Häuser des Dorfes wie eine russische Puppe auseinandernehmen und aufstellen, sowie entscheidende Eingänge wie ein Potemkinsches Haus aus dem Boden aufziehen zu lassen, war einfach super. Wunderbar war auch die weiße Welt der Hofschranzen und Gäste in St.Petersburg. Es ist immer wieder überraschend, wie effektvoll man mit einfachsten Mitteln arbeiten kann. Die passend phantasievollen Kostüme rundeten den äußerst positiven Eindruck ab. Für die flotte, vielfältige Choreographie der Tänze zeichnete Natascha Flindt verantwortlich.
Neele Kramer/Katja Bördner
Die musikalische Leitung des Abends lag in den versierten Händen Florian Ziemen s, der das differenziert und schwelgerisch aufspielende Orchester zu Höchstleistungen animierte. Da kam die russische Seele ebenso zum Tragen wie Anklänge an schlichte Volkslieder und flotte Tänze. Bei den beiden Gästen des Abends gab für Wolfgang Schwaninger als Wakula vorher die Ansage einer Indisposition, so dass man nur sein munteres Spiel und die Ausdauer bewundern konnte, mit der er sich durch die Partie quälte. (Warum hat man nicht die Alternativbesetzung genommen, die im Programmheft stand?) Für die Oxana hätte man sich stimmlich eine jüngere Protagonistin gewünscht mit etwas mehr Schmelz; Katja Bördner erfüllte die hohen Ansprüche der Rolle mit sauberem, leicht schneidendem Sopran und intensiver Darstellung. Ein besonders gelungener musikalischer Höhepunkt war das schöne Duett mit Neele Kramer, die einmal mehr ihren durch alle Lagen ausgeglichenen, warm strömenden Mezzo als Solocha präsentierte. Sie und Peter Kubik mit klarem, flexiblem Bariton als Teufel agierten als „Buffo-Paar“, das dem bunten Treiben immer wieder Zunder gab.
Wolfgang Schwaninger/Katja Bördner/Opernchor
Von den drei Verehrern Solochas gefiel der runde Bass von Uwe Tobias Hieronimi als Tschub am Besten; Julian Rohde als klarsstimmiger Schulmeister Panass und Levente György als poltriger Dorfschulze Golowa ergänzten das lebendige Trio mit den treffenden Pelzen und Tierkopf-Bedeckungen. Letzterer machte auch als Durchlaucht im 3.Akt gute Figur (wie ebenso Jesper Mikkelsen als Zeremonienmeister). Chor und Mitglieder des Extrachors des TfN sangen die teils volksliedhaften, teils schmissigen Chöre mit sichtbarem Engagement, bestens einstudiert von Achim Falkenhausen.
Das begeisterte Publikum feierte alle Künstler bei der Premiere mit lang anhaltendem Applaus.
Fotos © Falk von Traubenberg
Marion Eckels 10. Dezember 2018
Weitere Vorstellungen:
Hildesheim: 11./23./29.12. und wieder ab Januar 2019
Nienburg: 13.12.; Wolfenbüttel: 16.12.